Das Pestkind: Roman (German Edition)
instinktiv ein Stück vor ihm zurück. Sie war es nicht gewohnt, dass er in die Küche kam.
Josef schlenderte, die Hände in den Taschen, langsam in den Raum und blickte sich neugierig um. Er versuchte, arglos zu wirken, obwohl es bereits in ihm brodelte.
Margit schien seine Erregung zu spüren. Mit zittrigen Händen legte sie den trockenen Teller auf einen bereits sauberen Stapel in ein Regal an der Wand.
»Was kann ich für dich tun?«, fragte sie und versuchte, ihrer Stimme einen beiläufigen Klang zu geben.
Er lehnte sich an die gegenüberliegende Wand, verschränkte die Arme und beobachtete Margit grinsend.
Sie griff nach dem nächsten Teller. Ihr Herz schlug ihr vor Aufregung bis zum Hals. Irgendetwas stimmte nicht.
»Du hattest heute Besuch vom Bürgermeister, nicht wahr?«
Klirrend fiel der Teller zu Boden.
»Hast du wirklich gedacht, ich würde nicht herausfinden, dass du mich belügst?«
Margits Gesicht verlor alle Farbe, und sie wich zurück.
Er grinste und betrachtete wie beiläufig seine Fingernägel.
»Du weißt, dass ich dich jetzt nicht gehen lassen kann, oder? Du bist eine Zeugin, die am Ende allen erzählt, was wirklich passiert ist.«
Margit schüttelte den Kopf.
»Nein, ich werde nichts sagen. Versprochen! Ich bin deine Verlobte, du liebst mich. Du kannst mir vertrauen.«
Er löste sich von der Wand und machte einige Schritte auf sie zu. Sie stand an der Tür zum Hof.
Josef lachte laut auf, und seine Augen bekamen einen eiskalten Glanz.
»Du hast doch nicht wirklich angenommen, dass ich dich liebe? Du bist ein dahergelaufenes Flittchen, das mir gerade recht kam. Du quietschst im Bett wie ein Eichhörnchen, aber deine Brüste sind groß und voll, und die Leute in der Gaststube mögen dich, deshalb wollte ich dich zur Wirtin machen.«
Margit umklammerte die Türklinke. Er kam näher.
»Bringen wir es lieber schnell hinter uns, meine Liebe.« Plötzlich hatte er ein Messer in der Hand.
Panisch öffnete sie die Tür und floh in den dunklen Hof.
Josef folgte ihr. Damit hatte er bereits gerechnet und das hintere Tor verriegelt. Wie ein Tier in der Falle rüttelte Margit an dem schweren Balken, der sich keinen Millimeter bewegen wollte.
Josef trat langsam auf sie zu.
»Komm schon. Du machst es doch nur schlimmer, als es ist. Du entkommst mir nicht, sieh das doch ein.«
Margit drehte sich um und rannte über den Hof in Richtung Stall davon. Doch auch hier konnte sie das Tor nicht öffnen. Verzweifelt schlug sie dagegen, und Tränen traten in ihre Augen, während seine Schritte sich näherten.
Es gibt kein Entkommen, dachte sie und überlegte fieberhaft, was sie jetzt tun sollte.
»Bitte«, begann sie zu betteln, »ich gehe fort und werde niemandem etwas sagen. Ich schwöre es bei allem, was mir heilig ist.« Sie hob zitternd ihre Hand.
»Das reicht mir nicht.« Josef ging seelenruhig auf sie zu. Langsam begann ihm das makabere Spiel sogar Freude zu bereiten. Er kostete ihre Angst aus. Eine Weile würde er sie noch zappeln lassen.
»Ich verspreche es. Du wirst mich hier nie wieder sehen.«
Sie trat von der Stalltür weg und blickte hinter sich. Die Küchentür stand noch offen, und ein schwacher Lichtstrahl fiel auf den Boden, der Rest des Hofes und auch der Zugang zu den Wirtschaftsgebäuden lagen im Dunkeln. Vielleicht konnte sie sich ja dort irgendwo verstecken. Sie ging rückwärts und hob beruhigend ihre Hände.
Josef Miltstetter folgte ihr grinsend.
»Eigentlich ist es ja ein Jammer. Bist hübsch anzusehen, aber hübsche Frauen gibt es genug, und bald werden sich die heiratsfähigen Mädchen der Stadt darum prügeln, die Wirtin vom Stockhammer Bräu zu werden, also ist es nicht allzu schade um dich.«
Margit stolperte über ihre eigenen Füße, verlor das Gleichgewicht und stürzte.
Josef Miltstetter hatte nun genug von seinem Spiel, machte einige schnelle Schritte auf sie zu und stand direkt über ihr. Doch genau in dem Moment, als er nach ihr greifen wollte, rollte sie sich zur Seite und kroch davon.
»Das hilft doch nichts«, rief er und hatte sie mit wenigen Schritten wieder eingeholt. Margit rappelte sich auf, aber fort kam sie nicht mehr. Er hielt sie am Arm fest und zog sie zu sich heran. Ihr Herz schlug wie wild, und sie spürte seinen Atem auf ihrer Haut, der nach Bier und Zigarrenrauch roch.
»Wäre nett zwischen uns geworden, Süße. Aber es hat nicht sein sollen.«
Er zückte das Messer. Doch so schnell gab sich Margit nicht geschlagen. Sie stieß ihm
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