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Das Pestkind: Roman (German Edition)

Das Pestkind: Roman (German Edition)

Titel: Das Pestkind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Steyer
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Schweiß über die Wangen, nervös blickte er sich um.
    »Sie hat alles zerstört! Mein ganzes Leben! Krank hat sie mich gemacht, diese gottverdammte Dirne! Das soll sie mir büßen!« Helene sah Albert flehend an.
    »Friedrich, bitte«, versuchte Albert, ihn zu beruhigen. »Das hat doch keinen Sinn. Du kannst nicht wissen, ob sie es war. Es spielt keine Rolle mehr, bei wem du dich angesteckt hast, außerdem muss die Krankheit gar nicht so schlimm werden. Es gibt auch mildere Verläufe. Ich habe von Leuten gehört, die damit alt geworden sind.«
    »Das glaubst du ja wohl selbst nicht«, erwiderte der Kranke. Auch von der anderen Seite kamen jetzt Männer auf ihn zu. Es hatte sich schnell herumgesprochen, was in dem Wäldchen los war. Hektisch schaute sich Friedrich um. Wie ein eingekreistes Tier fühlte er sich in der Falle.
    Albert erkannte, was los war, und bedeutete den anderen zurückzuweichen, aber es war bereits zu spät. Friedrich kniff die Augen zusammen.
    »Gott wird mich verstehen. Er wird mich nicht fortschicken, da bin ich mir sicher, tötete ich doch nur eine Hure.«
    Das Messer blitzte auf. Mit einem Schnitt durchtrennte er Helenes Kehle. Blut spritzte. Marianne begann, laut zu kreischen. Ein Schuss erklang. Friedrich ließ das Messer sinken, sein Opfer fiel zu Boden. Verwundert blickte er auf seinen Oberkörper, sank in die Knie und brach tot zusammen.
    Marianne rannte sofort zu Helene, kniete sich neben sie und hob ihren Kopf in den Schoß. Sie war noch bei Bewusstsein, versuchte sogar, etwas zu sagen, doch nur noch glucksende Geräusche kamen aus ihrem mit Blut gefüllten Mund. Beruhigend strich Marianne ihr die Haare aus dem Gesicht.
    »Nicht reden, hörst du. Du musst jetzt nichts mehr sagen.« Helenes Kopf sank leblos zur Seite, und ihr Blick erstarrte. Marianne begann laut zu schreien.
    »Nein, bitte nicht! Nein, das darf einfach nicht sein! Bitte, nicht sie! Bitte, bitte nicht!«
    Um sie herum verschwamm alles. Wie ein Kreisel begann sich das Blätterdach über ihr zu drehen.
    Albert, Claude und die anderen Männer standen wie versteinert da. Vieles hatten sie erlebt und die schrecklichsten Dinge gesehen, doch jetzt fehlten selbst ihnen die Worte.

D unkelheit hüllte Margit ein, und ihr Kopf dröhnte. Stöhnend versuchte sie, sich aufzurappeln, doch ein stechender Schmerz in ihrem rechten Bein ließ sie sofort wieder in sich zusammensinken. Ihre Brust tat beim Atmen weh, und sie bekam keinen Laut heraus. An sprechen oder um Hilfe rufen war nicht zu denken. Ihr Mund war trocken, ihre Lippen waren aufgesprungen. Um sie herum war es kalt und feucht, und der Boden fühlte sich schmierig an.
    Was war nur geschehen? Wie war sie hierhergekommen? Sie wusste es nicht mehr. Verzweifelt begann sie zu weinen, doch ihr Schluchzen, das wusste sie, würde niemand hören.
    *
    Unruhig lief Josef Miltstetter im Büro des Büttels auf und ab. Die Fenster und Türen waren geschlossen, die Luft im Raum war stickig. Drückende Hitze lag seit Tagen über der Stadt, und Mücken fielen wie eine Plage über alles und jeden her. August Stanzinger saß an seinem Schreibtisch und versuchte, ruhig zu bleiben, doch langsam ging ihm Josef auf die Nerven. Inzwischen wünschte er sich nichts sehnlicher, als den selbsternannten Brauereiwirt endgültig loszuwerden, denn er hatte es satt, erpresst zu werden.
    Josef blieb vor dem Schreibtisch stehen, stützte seine Hände auf die Tischplatte und sah den Stadtbüttel mit ernstem Blick an.
    »Wir werden noch in Teufels Küche kommen. Der Bürgermeister hat uns gesehen. Was ist, wenn er doch redet? Dann sind wir dran. Ich werde das nicht aufgeben, was ich mir so hart erarbeitet habe. Die Brauerei gehört mir.«
    August blickte seufzend zur Zimmerdecke und legte seine Schreibfeder beiseite.
    »Der Bürgermeister wird einen Teufel tun und zugeben, dass er es im Hof mit einer Dirne getrieben hat, denn er hat Frau und Kind zu Hause und ist ein angesehener Mann in der Stadt. Niemals würde er seinen guten Ruf aufs Spiel setzen, um einen verrückten Knaben zu retten.«
    »Weil Ihr eben von dem Knaben sprecht. Was ist eigentlich mit ihm? Seit Wochen sitzt er im Gefängnis, und nichts geschieht. Ich will ihn endlich hängen sehen, immerhin ist er der rechtmäßige Erbe der Brauerei, und wenn er tot ist, dann ist auch der Bürgermeister kein Problem mehr.«
    Schweiß tropfte von seiner Stirn auf den Tisch. Der Stadtbüttel sah sein Gegenüber angewidert an, stand auf und trat ans

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