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Das Pesttuch

Das Pesttuch

Titel: Das Pesttuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: brooks
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abschirmte. Solange ich mich erinnern konnte, war dieser Garten e in Teil unseres Dorfes gewesen. Ich hatte immer angenommen, Mem habe ihn gepflanzt, aber als ich einmal so etwas Anys g e genüber erwähnt hatte, hatte sie mich wegen meiner Unwissenheit ausgelacht.
    »Dieser Garten war schon alt, noch ehe jemand an Mem Gowdie gedacht hat, das kann doch jeder Narr sehen.« Dabei hatte sie mit der Hand über den Ast einer Spalierpflaume gestrichen. Natürlich erkannte ich, dass der Baum mit seinem knorrig-knotigen Stamm uralt war. »Wir kennen nicht einmal den Namen jener weisen Frau, die als Erste diese Beete angelegt hat, wir wissen nur, dass der Garten hier schon lange vor der Zeit gedieh, ehe wir uns um se i ne Pflege kümmerten, und dass er dies noch lange nach unserem Ableben tun wird. Meine Tante und ich sind lediglich die jüngsten einer langen Reihe von Frauen, in deren Obhut er gegeben wurde.«
    Hinter den Steinmauern wuchsen geschützt Pfla n zen in Hülle und Fülle, von denen ich höchstens ein Zehntel dem Namen nach kannte. Viele Kräuter w a ren schon abgeerntet, sodass die regelmäßigen Fo r men der steingerahmten Beete sichtbar wurden, die nach einem Saatplan bepflanzt wurden, den nur Anys und ihre Tante verstanden. Anys kniete gerade zw i schen einem dichten Büschel glänzend grüner hoher Stängel, auf denen sich jeweils ganze Büschel mi t ternachtsblauer Blüten öffneten, und grub an den Wurzeln herum. Als ich den mit Stroh bestreuten Pfad entlangkam, stand sie auf und klopfte sich die Erde von den Händen.
    »Ist aber eine hübsche Pflanze«, meinte ich.
    »Hübsch – und wirksam«, erwiderte sie. »Man nennt sie Eisenhut, aber sie kann mehr als nur dieses Metall bannen. Wenn du ein kleines Stück Wurzel isst, bist du vor Einbruch der Nacht tot.«
    »Und warum hast du sie dann hier?« Anscheinend machte ich ein betroffenes Gesicht, denn sie fing an zu lachen.
    »Nicht um sie dir zum Abendessen aufzutischen! Die Knolle, zerrieben und mit Ölen vermischt, ergibt eine ausgezeichnete Salbe gegen schmerzende Gli e der, von denen es im Laufe des Winters viele im Dorf geben wird. Trotzdem kann ich mir nicht vo r stellen, dass du hierher gekommen bist, um meine blauen Blumen zu bewundern«, sagte sie. »Komm hinein und trink einen Schluck mit mir.«
    Wir betraten die Hütte, und Anys legte das Wu r zelbündel auf einen vollen Arbeitstisch. »Bitte, nimm Platz, Anna Frith«, sagte sie, »denn ich muss mich auch setzen. Im Stehen bekomme ich ein steifes G e nick.« Sie scheuchte einen grauen Kater von einem wackligen Stuhl und zog für sich einen Schemel he r an. Ich war dankbar, dass ich Anys alleine angetro f fen hatte. Wenn nur die alte Mem im Garten gearbe i tet hätte, hätte ich meinen Besuch schwerlich rech t fertigen können. Außerdem wäre ich schlecht beraten gewesen, das Thema, das mir im Kopf herumging, in Gegenwart ihrer Tante anzuschneiden. Trotzdem wusste ich kaum, wie ich ein derart delikates Thema beginnen sollte. Anys und ich waren nicht zusammen aufgewachsen, obwohl wir gleich alt waren. Sie hatte als Kind in einem näher am Dark Peak liegenden Dorf gelebt. Nach dem frühzeitigen Tod ihrer Mutter hatte man sie zu ihrer Tante geschickt. Ungefähr zehn war sie damals gewesen. Ich erinnere mich noch genau an den Tag ihrer Ankunft. Wie sie au f recht und groß in einem offenen Karren saß, während das ganze Dorf zusammenlief, um einen Blick auf sie zu werfen. Das weiß ich deshalb noch so lebhaft, weil sie keinem auswich, der sie anstarrte, und nicht zurückzuckte, wenn einer mit dem nackten Finger auf sie zeigte. Ich war damals ein scheues Kind und weiß noch, was ich dachte: Ich hätte mich unter dem Sackleinen versteckt und mir das Herz aus dem Le i be geheult.
    Sie reichte mir ein Gefäß mit einem stark rieche n den Gebräu, von dem auch sie sich eines eingoss. Kritisch musterte ich m einen Becherinhalt. Auf dem unappetitlich blassgrünen Getränk schwamm ein noch hellerer Schaum. »Brennnesselbier. Zur Blu t stärkung«, sagte Anys. »Das sollte jede Frau täglich trinken.«
    Als ich den Becher hob, wurde ich ganz verlegen, denn mir fiel wieder ein, wie ich mich als Kind g e meinsam mit den anderen über Anys lustig gemacht hatte, die regelmäßig am Wegrand oder mitten in e i nem Feld stehen blieb, frische Blätter zupfte und sie dann an Ort und Stelle aß. Beim Gedanken daran, wie wir höhnisch »Kuh! Kuh! Grasfresserin!« gejohlt ha t ten, schämte ich mich. Anys hatte nur

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