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Das Pesttuch

Das Pesttuch

Titel: Das Pesttuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: brooks
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den Bradfords und infolge ihrer Tätigkeit heute Morgen nicht in der Kirche gewesen. Sie trug noch immer die große weiße Schürze wie in der K ü che von Bradford Hall, und ihr Mondgesicht war vor Anstrengung knallrot. Im Schnee lag ein Bündel Habseligkeiten.
    »Anna, sie haben mich vor die Tür gesetzt! Ach t zehn Jahre, und dann einfach hinausbeordert!« O b wohl Maggie Familie in Bakewell hatte, wusste ich nicht, ob sie zu ihren Leuten gehen oder ob diese sie aufnehmen würden. Trotzdem wunderte ich mich, dass sie bei mir Zuflucht gesucht hatte, denn mein Haus war zusammen mit dem der Hadfields und der Sydells als Pestkate verschrien. Ich winkte sie herein, aber sie schüttelte den Kopf. »Danke, Anna. Ist auch nicht despektierlich gemeint, aber ich habe Angst, deine Kate zu betreten. Ich weiß, du hast Verstän d nis. Ich bin gekommen, um dich zu bitten, dass du mir hilfst, meine paar Habseligkeiten aus dem He r renhaus zu holen. Denn man hat uns allen erklärt, dass nach ihrer Abreise das Herrenhaus versperrt und bewacht wird. Keiner von uns darf es mehr betreten. Stell dir vor, es war doch all die Jahre auch u nser Zuhause, und jetzt wirft man uns ohne ein Dach über dem Kopf hinaus!« Die ganze Zeit über hatte sie nervös an einem Schürzenzipfel herumg e dreht. Jetzt hob sie ihn an die Wange und wischte sich die Tr ä nen ab.
    »Komm, Maggie, dafür haben wir jetzt keine Zeit«, sagte ich. »Deine Sachen sind hier in Siche r heit. Ich suche einen Handkarren, und dann holen wir sofort noch den Rest.« Und so machten wir uns auf den Weg. Maggie war schon über vierzig und sehr untersetzt, da sie ihre eigene gute Küche gern geno s sen hatte. Mühsam rang sie nach Luft, während wir uns durch die Schneewehen den Hügel zum Herre n haus hinaufkämpften.
    »Stell dir mal vor, Anna«, keuchte sie, »da stand ich gerade und bestrich den Braten fürs Sonntagse s sen, als sie alle von der Kirche hereinstürmten. Ganz schön früh, denke ich mir, und dann: Oho, das setzt was, wenn der Herr Oberst aufs Essen wartet und nichts auf dem Tisch steht. Also beeile ich mich und scheuche Brand, meinen Küchenjungen, herum. Da kommt doch der Herr Oberst persönlich herein. Und eines muss ich dir ja nicht sagen: Der hat gewiss bis auf den heutigen Tag noch nie ‘nen Fuß in die Küche gesetzt. Und dann heißt’s, Schluss für alle, einfach so. Kein Dankeschön, oder Wie wird’s euch denn gehen. Einfach nur: Essen auf den Tisch und dann raus.«
    Obwohl wir noch ein ganzes Stück von Bradford Hall entfernt waren, konnten wir uns gut ausmalen, welcher Aufruhr dort herrschte. Das war kein heiml i cher Rückzug. Das Herrenhaus brummte wie ein aufgestörter Bienenstock. Pferde stampften in der Einfahrt, während Zofen und Lakaien, unter schw e ren Truhen gebückt, hinein - und herausstolperten. Wir betraten das Haus durch die Küche. Über uns konnten wir eilige Schritte vernehmen, dazwischen die hohen herrischen Stimmen der Bradford-Damen. Da ich keinen besonderen Wert darauf legte, v on i h nen bemerkt zu werden, schlich ich hinter Maggie über die rückwärtige Treppe zum Speicher hinauf, den sie mit den übrigen weiblichen Bediensteten tei l te. Das kleine Zimmer lag unter einem steil abfalle n den Dach und hatte ein rechteckiges Fenste r chen, durch das kaltweißes Schneelicht hereinströ m te. In diesen winzigen Raum hatte man drei Betten g e zwängt. Auf dem einen kauerte mit weit aufgeriss e nen Augen ein blasses Mädchen namens Jenny. Schwer atmend versuchte sie, ihren zweiten Kittel und ihre wenigen Habseligkeiten zu einem Bündel zu schnüren. In ihrer Hast hatte sie Mühe, einen Knoten zu machen.
    »Himmel, Köchin, sie sagt, wir sollen noch diese Stunde fort, gibt uns aber keine Zeit, uns um unsere eigenen Sachen zu kümmern. Ich bin nur noch auf den Beinen, um ihre Sachen zu holen und wegz u bringen, und kaum hab ich ‘ne Schärpe eingepackt, heißt’s, nein, nimm sie raus, besser die hier. Die nehmen keinen von uns mit, nicht mal Mistress Bradfords Zofe Jane, und die war ja, wie man weiß, schon bei ihr, als sie noch ein kleines Mädchen war. Jane hat geheult und sie angefleht, aber sie hat nur den Kopf geschüttelt. Sie und wir alle hätten uns zu viel im Dorf herumgetrieben und vielleicht schon die Pest in uns. Also wollen sie uns einfach hier auf der Straße sterben lassen. Weiß ja keiner von uns, wohin er sonst gehen soll!«
    »Niemand wird sterben, und schon gar nicht auf der Straße«, sagte ich so ruhig

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