Das Pestzeichen
suchen, der dich heiratet.«
»Damit ich so ende wie deine Mutter?«, fragte Susanna und schämte sich im selben Augenblick dafür.
Arthur schien ihre Antwort nicht zu kränken, denn er überlegte ernsthaft. »Wie alt bist du?«, fragte er nachdenklich.
»Siebzehn Jahre. Im kommenden Herbst werde ich achtzehn.«
»Hmm«, grummelte er. »Der Schorsch, der der Sohn des alten Fritz ist, ist erst fünfzehn. Ihr passt nicht zusammen. Der Kloster Bernd ist schon zwanzig. Der ist zu alt, oder?«, fragte er und musterte Susanna von oben bis unten, sodass das Mädchen ein Lachen nicht mehr unterdrücken konnte.
»Du willst mich mit deinen Freunden verkuppeln?«, schimpfte sie freundlich.
»Das sind nicht meine Freunde, sondern die einzigen Burschen in der Umgebung, die noch nicht verheiratet sind«, erklärte Arthur energisch.
»Du bist auch noch zu haben«, neckte Susanna den Vetter, der bis zu den Ohren rot wurde. »Oder kennst du schon ein Mädchen?«
Arthur schaute Susanna erschrocken an.
»Mir kannst du es verraten«, flüsterte Susanna.
»Die Tochter des Schmieds gefällt mir recht gut«, beichtete Arthur seiner Base nach einigem Zaudern.
»Und?«, fragte sie neugierig.
»Was und?«
»Gefällst du ihr auch?«
Arthur zuckte wieder mit den Schultern. »Das weiß ich nicht. Aber wenn wir uns in der Kirche sehen, lächelt sie mir stets zu.«
»Das ist immerhin ein Anfang«, meinte Susanna und knuffte ihn freundschaftlich in die Seite. »Beim nächsten Kirchgang musst du sie mir zeigen«, bat sie und freute sich, als seine Augen leuchteten.
Susannas Blick wurde ernst. »Arthur, mach dir um mich keine Sorgen.«
Der Junge holte tief Luft. »Meinst du wirklich?«
Das Mädchen nickte. »Ich werde mit deinem Vater zurechtkommen. Und falls nicht, dann werde ich mir zu helfen wissen«, erklärte sie, hob den Rock und trat mit dem rechten Fuß in die Luft.
Arthur hatte verstanden und lachte.
Susanna war kaum eingeschlafen, als sie hörte, wie die Haustür aufgestoßen wurde. Der Oheim , dachte sie und spürte, wie ihr Herz raste. Als sie merkte, dass er auf sie zukam, stellte sie sich schlafend. Der Onkel schien sich zu ihr herabzubeugen, denn sie konnte seinen Bieratem riechen. In Gedanken betete sie, dass er wieder verschwinden möge. Als sie erneut Schritte hörte, blinzelte sie unter halb geschlossenen Lidern hervor und sah, wie er zur Stiege wankte. Mühsam stieg er die Stufen hinauf. Susanna atmete erleichtert aus.
–·–
Nach den regnerischen Monaten Mai und Juni genossen die Menschen die Wärme, die der Juli mit sich brachte. Susanna stand bis zu den Waden im Bachlauf und wusch Wäsche. Immer wieder schweifte ihr Blick zu ihrer jüngsten Base Hanna, die in einem Weidenkorb am Ufer lag. Als ein bunter Schmetterling um das Mädchen herumflatterte, jauchzte es vor Vergnügen und versuchte ihn zu greifen.
»Du bist solch ein Sonnenschein«, lachte Susanna und bückte sich, um die nasse Wäsche gegen einen dicken Stein zu schleudern. Dabei spritzte ihr das Wasser in die Augen, sodass sie die Lider zusammenkniff. Blind warf sie das Laken ans Ufer und wischte sich anschließend mit der Schürze über das Gesicht. Als sie wieder aufschaute, stand ihr Oheim vor ihr und musterte sie. Susanna glaubte Gier in seinem Blick zu erkennen und schaute prüfend an sich herunter. Da erkannte sie, dass ihr Oberteil durchnässt war, sodass sich ihre Brüste darunter abzeichneten. Hastig verschränkte sie die Arme vor der Brust.
»Unberührt und prall«, feixte er leise und rieb sich zwischen den Beinen. In dem Moment kam seine Frau übers Feld, und sein Gesichtsausdruck wurde feindselig. »Hässlich und verbraucht«, schnaubte er und wandte sich ab.
Als Agnes bei Susanna ankam, zischte sie: »Was wollte Albert von dir?«
»Nichts!«, erwiderte Susanna erschrocken.
»Ihr habt doch getuschelt«, unterstellte die Tante dem Mädchen, die Unwahrheit gesagt zu haben.
Susanna nahm ihre Hände von der Brust und griff nach dem Laken, das am Ufer lag. »Ich habe kein Wort mit ihm gewechselt«, erklärte sie und warf den Stoff gegen den Stein.
»Du lügst!«, keifte Agnes.
»Ich lüge nicht«, widersprach Susanna.
»Wage es nicht, dich an meinen Mann heranzumachen!«, drohte die Tante, nahm den Weidenkorb mit der kleinen Hanna auf und ging in Richtung Hof.
Susanna blickte ihr sprachlos hinterher. Ungläubig schüttelte sie den Kopf. »Denkt sie tatsächlich, dass ich ihr den Mann wegnehmen will?«, flüsterte sie
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