Das Pete Buch 05 - Wer schleicht denn da herum

Konservenkönig und seine Gattin besaßen genügend Kleider, um sich von Kopf bis Fuß umziehen zu können. Pete und Sam lehnten ab, ihretwegen Umstände zu machen. Sie waren schon daran gewöhnt, bis auf die Haut naß zu werden. Sie legten sich einfach in die pralle Sonne, ließen zunächst ihre Rücken und dann ihre Bäuche trocknen. Nach einer knappen Stunde waren sie wieder in Form, wenn ihre Kleider auch etwas zerknittert aussahen.
    Schlimmer stand die Sache mit Mammy Linda. Zwar bot ihr Mrs. Dudley von ihren Kleidern an, aber natürlich wären drei davon nötig gewesen, um ein einziges für das Riesenweib daraus zu machen. Schließlich half sie sich mit einem weiten Morgenrock, den ihr die Köchin zur Verfügung stellte; und da dieser Morgenrock mit knallroten Rosen bestickt war, ging Mammy darin so stolz einher, als sei sie die Königin von Saba.
    Johnny aber, der Süße, hatte von der ganzen Sache nichts mitbekommen, weil er diesmal tatsächlich schlief. Er war nach der Geschichte mit den Eidechsen und dem Coltschuß zu Bett gebracht worden und aus Versehen eingeschlafen. Schließlich saßen sie wieder in Mr. Dudleys Arbeitszimmer friedlich vereint. Mrs. Dudley hatte neuen
    Tee bereiten lassen, und Miss Linda machte sich mit gutem Appetit über die vierte Schale Gebäck her. Der Konservenkönig kramte in seinen Schreibtischfächern herum. Plötzlich fuhr er sehr nervös und schreckensbleich zurück. Er wandte sein verstörtes Gesicht der kleinen Tisch-runde zu, die hinter ihm saß.
    „Tittling!" rief Mrs. Dudley erschrocken. „Was ist dir?"
    „Das Rezept!" stieß der Konservenkönig heiser hervor. Es hatte ihm die Sprache verschlagen.
    „Welches Rezept?" erkundigte sich Mammy Linda kampflustig. Diese Millionärsleute begannen ihr langsam zu gefallen, und wenn sie jemanden in ihr Herz geschlossen, war sie bereit, für ihn durchs Feuer zu gehen!
    „Für die Bohnensuppe!" hauchte Mr. Dudley schwach.
    „Welche Bohnensuppe?" Mammy verstand nicht. „Ich essen doch nur Plätzchen!"
    „Hängt das mit den verschwundenen Papieren zusammen?" fragte Pete sachlich.
    „Wahrscheinlich!" gab Mr. Dudley zu. Er ging nach der Anrichte, um sich zunächst einmal einen stärkenden Whisky einzuverleiben. „Ich muß es mit den Berechnungen auf dem Schreibtisch haben liegen lassen, und es verschwand dann sicher mit diesen Papieren —"
    „Ist denn dieses Rezept so wichtig?"
    „Es ist die Grundlage meines Reichtums!" seufzte der Konservenkönig.
    Mammy Linda nickte ihm heftig zu. „Du sagen Pete alles! Er sein ganz schlimme Vogel, aber er werden dir schaffen herbei diese Rezept!"

    „Ja — dieses Rezept hat mich reich gemacht! Ich kann doch offen zu euch reden, Jungens, denn ihr seid doch jetzt meine Freunde! Nur dieses Rezept hat meiner Bohnensuppe mit Speck ihren unübertrefflichen Geschmack gegeben. — Jetzt weiß ich auch, daß Mr. Pittergrill nicht hinter meinen Berechnungen, sondern hinter diesem Rezept her war!" Dudley stöhnte. „Wenn der Kerl jetzt seine Bohnensuppe, die gegen meine natürlich nur ein Dreck ist, nach meinem Rezept herstellt — es wäre nicht auszudenken!"
    „Um was für Berechnungen handelt es sich denn?" fragte Pete.
    Dudley blickte ihn prüfend an. „Ich habe da", erklärte er dann, „eine neue Bohnensorte erworben, die sich für meine Suppe ganz besonders gut eignet. Meine Nahrungsmittelchemiker fanden heraus, daß diese Sorte auf einem ganz besonderen Boden ganz besonders gut gedeiht — und diesen Boden gibt es nur in der Umgebung von Somerset! Wenn ich mich zur Zeit hier aufhalte, dann geschieht dies hauptsächlich deshalb, weil ich mit einigen Ranchern und Farmern hier herum verhandeln will, damit sie diese Bohnensorte für mich anbauen."
    „Ich verstehe!" unterbrach ihn Pete. „Sie brauchen nichts weiter zu erzählen, Mr. Dudley! Und nun will ich Ihnen etwas sagen: Dies ist gewissermaßen eine Sache für den ,Bund der Gerechten!' Nicht etwa, daß ich der Ansicht bin, Sie müßten noch reicher werden, als Sie schon sind! Aber wo kämen wir hin, wenn jeder anderen Rezepte stehlen würde, sobald er Lust dazu verspürt? Im übrigen ist es ein Segen für unsere Gegend, wenn Sie Ihre neue Bohnensorte ausgerechnet bei uns anbauen lassen wollen. Es gibt ein paar Rancher hier herum, die einen zusätzlichen Verdienst sehr gut gebrauchen können, weil es ihnen nicht besonders gut geht. Sie werden wieder von uns hören, Mr. Dudley! Der ,Bund der Gerechten' schafft Ihnen die