Das Pete Buch 12 - Der Goldkoenig von Somerset
hatte. Das Männlein rieb sich die Augen, sah mit Entsetzen und Befremden der spindeldürren Mrs. Rattlesnake mitten in ihr miserables Gebiß hinein, da sie vor Staunen den Mund sperrweit aufgerissen hatte.
MacMurry überlegte noch, wie er überhaupt in diese völlig fremde Wohnung geraten war. Er erhob sich und sah, wie Mrs. Rattlesnake zum zweitenmal vor Staunen fast erstarrte.
Sooo winzig hatte sie sich den Mann, der ihr Geschirr
vergoldete, um zu bekunden, daß er sie heiraten wolle, denn doch nicht vorgestellt! Aber je länger sie den kräftigen, jetzt auf einmal spitzbübisch grinsenden Knirps betrachtete, um so besser gefiel er ihr. In ihren Jahren konnte man nicht mehr wählerisch sein!
Und so bemerkte MacMurry überrascht, welche Wandlung plötzlich mit dieser dürren Alten vor sich ging. Unfähiges Gesicht erglühte jäh unter der Röte unsagbaren Glücks.
„Mein lieber Goldjunge", rief sie aus. „Bist zwar ein mir fremder Mann, aber immerhin ein Mann! By gosh, der Mann, der mir auf so wunderbare Weise zu verstehen gab, daß er . . . äh . . . daß er . . ."
Sie kam nicht weiter.
„Ach, es kam alles so plötzlich", stammelte sie und schwebte noch plötzlicher mit weitausgebreiteten Armen auf den kleinen MacMurry zu.
Dieser war aber auf so etwas nicht gefaßt. Geschickt, nicht grob, entzog er sich der Umarmung und versuchte Mrs. Rattlesnake ein wenig von sich abzudrücken.
„Beste Frau", sagte er rasch, „ich glaube, hier liegt ein Irrtum vor. Sie verwechseln mich gewiß mit jemand anderem ..."
„Ei, ei du Loser!" scherzte die Dame des Hauses und winkte spaßig mit dem Zeigefinger. „Nicht zu bescheiden! Ich brauch' doch nur deine inneren Handflächen zu sehen, dann weiß ich, wer im Golde geschürft und mir meinen Herd und meinen Kohlenkasten und sonst noch an das andere mit purem Gold überzogen hat. Ja ja, tu nicht so erstaunt, mein liebes, bestes Männchen, mein Gold-
jüngelchen. Sag's schon frei heraus, du willst mich heiraten! Fein, wirklich fein und auf so eine vornehme Art hast du mir's zu verstehen gegeben . . . doch doch . . . nun zier dich nicht. Ich weiß, ich seh' ja alles!"
MacMurry glaubte in diesen Minuten, eine richtige Irre, vor sich zu haben. Nur eins schien zu stimmen; es waren verschiedene Möbel tatsächlich mit Goldbronze frisch gestrichen, und als er nun seine Handflächen betrachtete, da stellte er erstaunt fest, daß auch diese . . .
Mrs. Rattlesnake war noch näher auf den kleinen Mann zugetreten.
MacMurry wich zum Schrank zurück. Gewiß hatte er vorhin in seinem narkotisierten Zustand irgendwohin gegriffen, wo dieser Goldstaub aufgetragen war.
Die Arme der heiratslustigen Lady breiteten sich schon wieder um ihn, der immer weiter zurückwich, wobei seine Hände in etwas Weiches gerieten. Es war der Rübenkrauteimer, den Mrs. Rattlesnake auf einem Stuhl neben dem Schrank stehen hatte.
„Wie seid ihr Männer doch feige!" erregte sich die nun auch etwas verwirrt gewordene Lady, aber dann war sie wieder ganz im seligen Wahn befangen, den der Glanz um sie herum bei ihr ausgelöst hatte. „Dickerchen, Liebling, sei mutig, nun gib doch endlich dem Frauchen, das du heiraten willst, der du all dein Gold schenken willst, einen Kuß!"
MacMurry verstand sonst jeden Spaß. Der hier aber behagte ihm nicht.
„Ich b i n nicht Ihr Dickerchen!" schrie er wütend auf. „Weichen Sie, Sie ulkige Person, Sie ausgetrocknete Rosine . . .!
Mit beiden Händen drängte er Mrs. Rattlesnake zurück, um den Weg in die Freiheit zu gewinnen. In der Aufregung hatte er nicht bemerkt, wohin vorher seine Hände geraten waren. Darum staunte er mächtig, als Mrs. Rattlesnake plötzlich das ganze Gesicht voller Rübenkraut hatte. Jetzt erst kam ihm zum Bewußtsein, daß er ja auch seine Hände mit dem klebrigen Zeug beschmiert hatte.
MacMurrys Wut über alles war so groß, daß er, ohne zu fragen, sich die Hände einfach an Mrs. Rattlesnakes Rock abputzte.
Diese aber schrie wie am Spieß:
„Pfui doch, Sie Flegel! Sie gemeiner Mensch! Dreimal pfui über Sie! Erst machen Sie mir versteckte Heiratsanträge mit reinem Gold . . . und dann . . ."
MacMurry hatte nun endgültig genug.
Mit einer blitzschnellen Bewegung gelangte er in Nähe des Tisches, griff sich die noch nicht ganz leere Curacao-Flasche und rannte los, verfolgt von den gellenden Pfui-Rufen der verschmähten Lady. Diese hütete sich jedoch, ihrem Goldprinz bis auf die Straße zu folgen. Ihre Enttäuschung, ihr
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