Das Pete Buch 22 - Wer blufft wen
dich lehren, wie man sich nicht benimmt."
Joe Jemmery massierte sich den Hals. So langsam lernte er wieder klar denken. Vor ihm stand Sheriff Tunker.
„Na, Joe", lächelte er, „wieder okay?"
„Okay, Mr. Tunker. Hatte leider nicht mit dem Überfall gerechnet. Wenn man mal in so einem Griff drin-steckt, kommt man schwer wieder heraus."
„So einen Griff wendet man überhaupt nicht an", brummte der Sheriff, „es sei denn, man schwebt in Lebensgefahr. Na, ich werde mir den Burschen noch vorknöpfen."
„Uhuhuhuuu!" Der Watsonschlaks heulte wie ein Feuerhorn. „Uhuhuhuuu! Ich habe ja nichts Schlimmes tun wollen. Es war — es war — es — es — ich dachte doch nur — äääh — wo ist denn mein Onkel?"
„So, du hast nichts Schlimmes tun wollen? Ich sperre dich trotzdem vierundzwanzig Stunden ein. Bei Wasser und Brot . . . zum Nachdenken!" Der Sheriff packte Jimmy am Kragen.
„Oh, Mr. Tunker", mischte sich Joe jetzt ein, „lassen Sie ihn doch laufen. Er wird seine Strafe sowieso bekommen. Der ,Bund' wird schon dafür sorgen."
„Hm —", überlegte Mr. Tunker, „das ist kein schlechter Gedanke. Eine anständige Tracht Prügel von seinesgleichen wäre vielleicht angebracht."
„Huhuhuhuuu! Mein Onkel, wo steckt nur mein Onkel!" Jimmy greinte immer noch und sagte dabei immer dasselbe.
„Hör endlich auf, Bengel", knurrte Mr. Tunker, „was
ist denn mit deinem Onkel los? Möchte selbst wissen, wo mein Stellvertreter steckt."
„Er ist nach Tucson gefahren", verkündete .Listige Schlange' jetzt, „er ist wegen der Eieruhren nach Tucson."
Mr. Tunker ließ vor lauter Staunen den Schlaks los. Er sah Joe ungläubig an. „Was sagst du da? John Watson hat Somerset ohne mein Wissen verlassen? Wie kann er nach Tucson fahren? Und was faselst du von Eieruhren?"
„Yea, es ist wegen der Eieruhren. Die ganze Welt spricht nur noch von diesen blöden Dingern. Es stand nämlich gestern in der Zeitung."
„Komm mit in mein Office, Joe", sagte Tunker, „die Sache mußt du mir genau erzählen." Er drehte sich mit einem Ruck um und marschierte auf sein Haus zu. Joe hatte Mühe mitzukommen.
Jimmy Watson aber hatte mal wieder mehr Glück als Verstand gehabt. Er drückte sich rasch hinter einen Schuppen in Deckung. Dort verschnaufte er von den Strapazen, wischte sich vor allem die Tränen aus den Augen und massierte die leicht geschwollene Wange. Donnerwetter, hatte Sheriff Tunker einen Schlag am Leibe! Bald aber war Jimmy wieder fit. Sein Denkapparat begann erneut zu arbeiten.
„Onkel John ist nach Tucson gefahren", murmelte er vor sich hin, „wegen der Eieruhren nach Tucson gefahren. Mich hat er aber nicht mitgenommen. Ich werde daher Rache üben. Ich muß auch nach Tucson. Vielleicht mache ich in der großen Stadt mein Glück. Dann sollen alle vor mir zittern!"
Der Schlaks fühlte sich plötzlich ausgesprochen wohl. Der Gedanke an Tucson beflügelte seine Fantasie und vor allen Dingen seinen Mut.
„Auf, auf Jimmylein", sprach er pathetisch zu sich, „wandere gen Tucson. Du wirst schon dein Glück machen!"
Der Schlaks machte sich sofort auf den Weg. Er marschierte über die Red River-Brücke, bog nach rechts ab und hielt sich dann geradeaus. Er hatte somit einen Bogen um das Town gemacht. Die Leute brauchten ja nicht gleich zu wissen, was er vorhatte. —
Nach einer Viertelstunde aber schon bereute er seinen heldenmütigen Entschluß. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, und es war eine schreckliche Hitze. Der Staub, der von seinen Latschen aufgewirbelt wurde, beizte ihm die Nase. Dabei hatte er jetzt schon einen höllischen Durst. Aber dann dachte er wieder an das große Glück! War nicht vor Wochen dieser Charly Clever in Somerset gewesen? Der Boy war nicht älter als er und machte mit seinen Zeitungen und mit dem Schuhputzkasten tolle Geschäfte! Jawohl, er wollte es endlich den Bürgern von Somerset beweisen! Wenn er nur ein bißchen Glück hatte, würde er in spätestens einer Woche als Millionär nach Somerset zurückkehren!
So machte er sich selber Mut. Zwar war er schon müde wie ein Hund, und sein Gang glich dem einer lahmen Ente, aber dennoch hielt er die eingeschlagene Richtung bei.
Nach einer Stunde aber pfiff er auf dem letzten Loch. Er ließ sich stöhnend auf einen Stein nieder. Wenn er doch nur etwas Wasser mitgenommen hätte.
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