Das Pete Buch 27 - Falsch gewettet
hören!" unterbrach ihn Watson energisch. „Ich weiß im voraus, was Sie sagen wollen: die Obergescheiten, die das Gras wachsen hören, behaupten, daß die Drohungen Jack Rippers ein Dummerjungenstreich wären. Aber ich kann mich darauf nicht verlassen. Ich muß annehmen, daß die Sache ernst gemeint ist, und wie üblich bis zum Letzten mein Pflicht erfüllen."
„Nun beruhigen Sie sich doch", beschwichtigte ihn der Metzger gelassen. „Ich meine ja was ganz anderes. Das Gerücht besagt nämlich, daß Sancho Villa bereits am Niagara eingetroffen ist und mit dem Spannen des Seils begonnen hat."
Old John sackte in sich zusammen. Er hätte gern weitergesprochen, aber seine Kiefer machten nur mahlende Bewegungen.
„Dann kann ich ja wieder gehen", meinte Dulles, als keine Antwort kam. — „Wie geht's denn Jimmy? Noch im Bett?"
„Ja — ja", quetschte Watson mühsam hervor. „Der arme Boy ist ganz durcheinander. Hat Angst um mich. Seit gestern abend liegt er."
„Was sagt denn der Doc?"
„Den habe ich noch nicht gerufen. So lose sitzen bei mir die Dollars nicht."
„Aber am 18. bekommen Sie doch 1000 Stück davon!
Außerdem sind Sie dann ein berühmter Mann, und der Ruhm bringt auch Geld ein. John Watson, der Bezwinger des Niagara! Der Mann, dem es gleichgültig ist, ob seine Gebeine im Abgrung zerschmettert werden! Zeitungen, Film — vielleicht schreiben Sie auch einen Tatsachenbericht über Ihre Erlebnisse: „In den Klauen des Todes" oder so ähnlich. — So was zieht immer!"
Dulles ging, und Old John schenkte sich auf den Schreck hin zunächst einen Whisky ein. Auf seiner Stirn perlten kalte Schweißtropfen. „In den Klauen des Todes!" — „Im Abgrung zerschmettert werden!" Dieser schuftige Dulles! Wenn ihn die Leute doch nur in Frieden ließen! Er mußte an Jack Ripper denken, an nichts anderes als an Jack Ripper.—
Unterdessen saßen Mr. Corner und seine Frau bei ihrem kärglichen Mittagbrot; es war eine halbe Stunde nach Mr. Grays Abfahrt von der Salem-Ranch. Da bremste auf der Straße plötzlich ein Auto, und dann klopfte es an die Tür.
Mr. Corner eilte ans Fenster und stieß einen heiseren Laut aus.
„Das ist Grays Wagen! Er will pfänden!" Der Sargmacher sprang mit einem Satz in den Kleiderschrank.
„Sag, ich sei nicht zu Hause! Er soll nächste Woche wiederkommen!"
„Ich sage ihm ganz was anderes", versetzte Mrs. Corner ruhig, die sich nie einschüchtern ließ.
Sie holte den gefüllten Wassereimer aus der Ecke, öffnete die Tür und — schwapp!
Ein wilder Aufschrei.
„Sind Sie des Teufels? Ich zeige Sie an! So eine Niedertracht!"
Der Steuereinnehmer schüttelte sich wie ein nasser Pudel; das Wasser spritzte nach allen Seiten.
„Oh", sagte Mrs. Corner erstaunt, „Sie sind's, Mr. Gray?"
„Ja, natürlich! Verdammt noch mal, wer denn sonst? Ich wollte Ihrem Mann nur schnell mitteilen, daß ich ihm für weitere vier Wochen die Steuern gestundet habe. Und als Dank — so eine Behandlung!"
Mr. Corner kämpfte in seinem Schrank, mit der Ohnmacht. Um Himmelswillen! Jetzt machte Gray die Stundung rückgängig! Seine Frau aber zeigte sich auch dieser Lage gewachsen.
„Ich bitte zehntausendmal um Entschuldigung, Mr. Gray! Wie konnte ich denn annehmen, S i e wären es! Ich bin doch so verängstigt. Nein, nein, diese Zeiten! Jeder wehrt sich seiner Haut, so gut er kann; und ich arme, schwache Frau —"
Sie hatte den Schürzenzipfel vor die Augen gezogen und simulierte einen derart naturechten Schluchzer, daß tiefes Mitleid in Mr. Grays gefühlvolles Herz einkehrte.
„Aber an wen dachten Sie denn, Mrs. Corner? Ich begreife das alles nicht."
„Ach, Mr. Gray! Mein Mann ist nicht zu Hause, und —"
Bumm! Ein markerschütternder Schlag. Die Dielen bebten. Mr. Corner hatte sich im Kleiderschrank unvorsichtig bewegt, und das Möbelstück, das sowieso schon auf wurmstichigen Füßen stand, war nach vorn umgekippt.
Mr. Gray machte einen Sprung zurück, stürzte seinerseits und baute eine umgekehrte Rolle. Mrs. Corner aber stieß einen schrillen Ruf aus:
„Jack Ripper! Oh weh, oh weh! Ich glaubte ja eben auch schon, Sie seien Jack Ripper, Mr. Gray!"
Jack Ripper! Der Schrei hallte die ganze Straße entlang und fand ein hundertfälltiges Echo.
„Jack Ripper!" kreischten die Nachbarinnen, die vollzählig in den Fenstern lagen, um die Pfändung bei Corners ja nicht zu verpassen. — Und „Jack Ripper?" keuchte Mr. Gray, indem er schwerfällig seine Knochen zusammenlas. Mrs. Corner
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