Das Peter-Prinzip
um halb fünf seinen Job an den Nagel hängen.
Er wusste, dass er als Vorarbeiter seine Abende und Wochen‐
enden damit verbringen müsste, über die Arbeiten, die am
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nächsten Tag oder in der folgenden Woche zu erledigen wären,
nachzugrübeln. Deshalb lehnte er eine Beförderung standhaft
ab.
Sawyer, das muss man hier anmerken, ist unverheiratet, hat
keine nahen Verwandten und nur ein paar Freunde. Deshalb
kann er tun und lassen, was er will.
Für viele von uns ist das nicht so leicht
Für die meisten ist Peters Abwehr undurchführbar. Das zeigt
beispielsweise der Fall des B. Loman, eines ganz gewöhnlichen
Bürgers und Familienvaters, der eine Beförderung ablehnte.
Seine Frau überhäufte ihn sofort mit Vorwürfen: «Denk an
die Zukunft deiner Kinder! Was werden die Nachbarn dazu
sagen, wenn sie es erfahren? Wenn du mich wirklich lieben würdest, würdest du auch versuchen, vorwärts zu kommen!»
Und so ging das immer weiter.
Um nun auch wirklich herauszufinden, was die Nachbarn
dazu sagen würden, vertraute Mrs. Loman die Ursache ihres
Kummers einigen vertrauenswürdigen Freundinnen an. Die
Neuigkeit verbreitete sich denn auch prompt in der ganzen
Gegend. Lomans jüngster Sohn wollte die Ehre seines Vaters retten, prügelte sich mit einem Klassenkameraden und schlug ihm dabei zwei Zähne aus. Der nachfolgende Prozess und die Zahnarztrechnungen kosteten Loman 1100 Dollar.
Lomans Schwiegermutter schürte Mrs. Lomans Empörung so
lange, bis diese ihren Mann verließ und die Scheidung durch-setzte. In seiner Einsamkeit, seiner Enttäuschung und Verzweif‐
lung beging Loman Selbstmord.
Nein, die Ablehnung einer Beförderung ist kein leichter Weg
zu Glück und Gesundheit. Bereits zu Beginn meiner For‐
schungsarbeiten stellte ich fest, dass sich für die meisten Leute
Peters Abwehr nicht auszahlt.
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Eine erhellende Beobachtung
Als ich die hierarchische Struktur und die Aufstiegsmöglich‐
keiten der Arbeiter und Angestellten bei der Ideal‐Trivet‐Gesellschaft studierte, fielen mir die sehr hübschen und gepflegten
Parkanlagen rings um das Verwaltungsgebäude auf. Die samt‐
artigen Rasenflächen und leuchtenden Blumenbeete verrieten
einen hohen Grad gärtnerischer Begabung. Ich stellte fest, dass
R Greene, der Gärtner, ein glücklicher, sympathischer Mann
war, der seine Blumen wirklich liebte und sein Werkzeug
pfleglich behandelte. Er tat genau das, was ihm am meisten Spaß machte — nämlich Gartenpflege.
Er war dazu in jeder Beziehung befähigt — mit einer Aus‐
nahme. Er verlor oder verlegte fast regelmäßig die Bestell‐ und
Lieferscheine für das Material, das er von seiner Abteilung erhalten hatte. Dennoch kam er mit seinem Arbeitsmaterial gut
zurecht.
Das Fehlen der Lieferscheine versetzte die Buchhaltung
immer wieder in helle Aufregung, und Greene war schon
mehrmals von dem Abteilungsleiter zur Rede gestellt worden.
Seine Antworten waren vage.
«Vielleicht habe ich die Papiere zusammen mit den Büschen
eingegraben.»
«Vielleicht haben die Mäuse im Geräteschuppen die Papiere
gefressen.»
Wegen seiner Unfähigkeit im Umgang mit Papieren kam
Greene nicht in die engere Wahl, als ein neuer Leiter für die Hausverwaltung gesucht wurde.
Ich habe mich mehrmals mit Greene unterhalten. Er war
höflich und entgegenkommend, behauptete aber immer wieder,
dass er die Unterlagen zufällig verlor. Dann sprach ich mit seiner Frau. Sie erzählte mir, dass er über die Arbeiten in seinem eigenen Garten streng Buch führte und die Kosten aller Obst‐ und Gemüsesorten, die er im Gewächshaus oder im
Freien aufzog, genau zu kalkulieren imstande war.
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Ein Parallelfall?
Ich befragte A. Messer, Meister in einer Eisengießerei. Sein kleines Büro schien in völliger Unordnung zu sein. Trotzdem zeigte meine Arbeitszeit‐Studie, dass die Stöße alter Rechnungs‐ und Auftragsbücher, die Kästen voller Arbeitszettel, die
mit unsortierten Akten voll gestopften Regale und die vielen, seit langem überholten Pläne an den Wänden mit Messers eigentlicher und sehr effektiver Arbeit im Grunde nichts zu tun hatten.
Ich weiß nicht, ob er seine Unordentlichkeit bewusst oder
unbewusst benutzte, um seine Kompetenz zu tarnen und so
eine Beförderung zum Werksleiter zu hintertreiben.
Unfug mit Methode?
J. Spellman war ein fähiger Lehrer. Sein berufliches Ansehen
war groß, dennoch wurde ihm nie die Beförderung zum stellvertretenden Rektor
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