Das Peter-Prinzip
kann ein
unfähiger Mitarbeiter manchmal eine Ernennung auf Zeit erhal‐
ten. Er wird vorübergehend leitender Direktor einer anderen Abteilung oder Vorsitzender eines Komitees. Diese zeitlich
begrenzte Tätigkeit unterscheidet sich grundlegend von der
regulären Arbeit des Angestellten.
Sehen wir uns den Vorgang genauer an. Der Angestellte
braucht nicht mehr länger zu versuchen, seine eigene Arbeit zu
bewältigen (was er ohnehin nicht kann, da er seine Stufe der Unfähigkeit erreicht hat). Außerdem kann er sich in seiner neuen Position mit guter Begründung vor jeder Verantwortung
drücken.
«Diese Entscheidung kann ich leider nicht treffen. Wir
müssen sie dem neuen Direktor überlassen, wann auch immer
er ernannt wird.»
Ein geschickter Verwalter auf Zeit kann damit auf Jahre hinaus fortfahren. Er übernimmt einen vorübergehenden Posten nach
dem anderen und genießt echte Befriedigung aufgrund seiner
Ersatzhandlungen.
Technik Nr. 6: Konvergente Spezialisierung
Wer feststellt, dass er unfähig ist, sämtliche Verpflichtungen,
die ihm aus seiner Stellung erwachsen, zu erfüllen, ignoriert einfach die meisten und konzentriert seine Aufmerksamkeit
und Energie auf eine bestimmte kleine Aufgabe. Wenn der
Konvergenz‐Spezialist für sie kompetent ist, bleibt er dabei. An‐
dernfalls wird er sich noch enger spezialisieren.
F. Naylor, Direktor der Kunstgalerie der Stadt Excelsior,
kümmerte sich nicht um Neuerwerbungen, Ausstellungen, Fi‐
nanzierungsprobleme oder die Erhaltung des Gebäudes. Er
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verbrachte seine gesamte Zeit damit, entweder in der Rahmen‐
werkstatt der Galerie zu arbeiten oder Forschungsmaterial für seine ‹Geschichte des Bilderrahmens› zu sammeln. Nach meiner letzten Information ist Naylor zu der Erkenntnis gekommen,
dass er niemals das gesamte Gebiet der Rahmenkunde beherr‐
schen wird. Deshalb hat er sich entschlossen, sich auf das Studium der verschiedenen Leimarten zu beschränken, die für
Bilderrahmen benutzt wurden oder benutzt werden könnten.
Ein Historiker wurde zur führenden Autorität hinsichtlich
der ersten dreißig Minuten der Reformation.
Viele Mediziner haben sich dadurch einen Ruf erworben,
dass sie sich dem Studium von Leiden widmeten, von denen es
nur drei oder vier bekannte Fälle gibt. Andere sind zu Spezialisten geworden, indem sie sich nur mit einem winzigen
Teilgebiet des Organismus beschäftigten.
Ein Akademiker, der unfähig ist, Sinn und Wert literarischer
Arbeiten zu erfassen, verfasst vielleicht eine Untersuchung mit
dem Titel: «Eine vergleichende Studie über die Verwendung
des Kommas in den Werken Otto Scribblers».
Substitution wird empfohlen
Die Beispiele, die ich erwähnte, zeigen ebenso wie andere, die
Sie vielleicht selbst beobachtet haben, dass vom Standpunkt des
Arbeitnehmers aus Ersatzhandlungen bei weitem die befriedi‐
gendste Art ist, sich mit dem Ende der Karriere abzufinden.
Wirkungsvolle Ersatzhandlungen werden normalerweise die
Entwicklung des Endplatzierungssyndroms verhindern. Sie
erlauben dem Angestellten, für den Rest seiner Berufsjahre
gesund und glücklich auf seiner Stufe der Inkompetenz zu
arbeiten.
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14. Schöpferische Unfähigkeit
Tue nie soviel, wie du glaubst, tun zu können.
Baruch
Erscheint Ihnen meine Darlegung des Peter‐Prinzips als eine
Philosophie der Verzweiflung? Erschreckt Sie der Gedanke,
dass die Endplatzierung mit ihren unangenehmen physischen
und psychologischen Folgen das Ende ihrer Karriere bedeutet?
Angesichts solcher Fragen möchte ich dem Leser ein Messer
geben, mit dem er den gordischen Knoten dieser Philosophie durchschneiden kann.
Es ist besser, eine Kerze anzuzünden,
als das Elektrizitätswerk zu verfluchen
Sie werden jetzt vielleicht sagen, dass man eine Beförderung
natürlich einfach ablehnen kann und dann glücklich eine Tä‐
tigkeit beibehält, für die man kompetent ist.
Ein interessantes Beispiel
Die direkte Ablehnung einer Beförderung bezeichnet man als
Peters Abwehr. Sie scheint sehr einfach, doch habe ich lediglich ein Beispiel für ihre erfolgreiche Anwendung gefunden.
T. Sawyer, ein Anstreicher der Beamish‐Baugesellschaft, ar‐
beitete so fleißig, tüchtig und zuverlässig, dass ihm mehrfach der Posten des Vorarbeiters angeboten worden war.
Sawyer schätzte seinen Chef und hätte gern seinen Wunsch
erfüllt. Doch er war glücklicher als einfacher Anstreicher. Er hatte keine Sorgen und konnte jeden Tag
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