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Das Phantom im Netz

Titel: Das Phantom im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Mitnick , William L. Simon
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Fahrradtouren. Wir setzten uns mit einer Flasche Wein an den Strand. Wir unternahmen Wanderungen rund um die Stadt Arcadia, wo es besonders schöne Wälder und Wasserfälle gibt. Man war mitten in der Natur und trotzdem noch im Einzugsgebiet von Los Angeles. Für einen bleichen Typen wie mich, der ansonsten Tag und Nacht vor einem Computerbildschirm saß, war das eine erfrischende Abwechslung.
    Es machte mir noch nicht einmal etwas aus, dass sie von Hausarbeit nicht sehr viel hielt und dass immer ein großer Haufen Schmutzwäsche im Schlafzimmer auf dem Boden lag. Ich bin kein solcher Ordnungsfanatiker wie meine Eltern, aber ich mag es, wenn alles ordentlich und aufgeräumt ist. Wir zwei waren uns in so vielen anderen Punkten ähnlich, dass ich über das Chaos in der Wohnung einfach hinwegsah.
    Da ich keine Arbeit hatte, schrieb ich mich für einen Kurs an der UCLA in Westwood ein, in der Nähe unserer Wohnung. Bonnie begleitete mich zur Anmeldung.
    Aber das war nur ein Täuschungsmanöver – das erste Mal in unserer Beziehung, dass ich sie in gewisser Weise betrog. An drei Abenden in der Woche ging ich offiziell zur Schule, traf mich aber tatsächlich mit Lenny DiCicco an seinem Arbeitsplatz, wo wir bis kurz vor Sonnenaufgang gemeinsam hackten. Es war eine ziemlich linke Tour.
    An den Abenden, die ich zu Hause verbrachte, saß ich vor meinem Computer in unserem Apartment und benutzte Bonnies Telefonanschluss zum Hacken, während sie allein dasaß und las, allein fernsah und dann allein schlafen ging. Ich könnte behaupten, dass das meine Art war, mit der Enttäuschung darüber umzugehen, dass man mir gleich zwei Jobs direkt vor der Nase weggeschnappt hatte, aber das wäre gelogen. Klar war es nicht einfach, diese heftige Enttäuschung zu verarbeiten. Aber das war nicht der Grund. Die Wahrheit ist, dass mich eine übermächtige Obsession fest im Griff hatte.
    Das alles muss für Bonnie sehr frustrierend gewesen sein, aber sie akzeptierte es, so wie ich ihre nicht ganz perfekte Haushaltsführung. Nachdem wir ein paar Monate zusammengelebt hatten, war klar, dass es uns beiden mit der Beziehung ernst war. Wir liebten uns, sprachen schließlich von Hochzeit und begannen, Geld dafür zu sparen. Alles, was am Monatsende von meinem Lohn übrig blieb (Fromin‘s Feinkostladen hatte mich engagiert, um ein neues Kassensystem einzuführen), tauschte ich in Hundert-Dollar-Noten um, die ich in der Innentasche einer Jacke in unserem Kleiderschrank versteckte.
    Ich war 23 Jahre alt, lebte in der Wohnung meiner Freundin und verbrachte praktisch jede wache Stunde am Computer. An meinem PC war ich David, der mit Goliath in Gestalt der Netzwerke der großen Telefongesellschaften in den USA kämpfte.
    Die Kontrollsysteme der Telefongesellschaften benutzten eine bastardierte Version von Unix, die ich kennenlernen wollte. Ein Unternehmen, Santa Cruz Operations (SCO), in Nordkalifornien entwickelte ein Unix-basiertes Betriebssystem für PC namens Xenix. Wenn ich an den Quellcode davon herankam, konnte ich die internen Abläufe des Betriebssystems auf meinem Computer genau untersuchen. Über Pacific Bell besorgte ich mir die geheime Einwahlnummer für das Computernetzwerk von SCO. Dann brachte ich eine Angestellte dazu, mir ihren Benutzernamen zu verraten und ihr Passwort nach meinen Vorgaben zu ändern, und schon hatte ich einen Zugang.
    Auf der Suche nach dem Quellcode nahm ich das System von SCO ganz genau unter die Lupe, und so bemerkte ich erst nach einer Weile, dass ein Administrator jeden meiner Schritte beobachtete. Ich schickte ihm eine Nachricht: »Warum beobachten Sie mich?«
    Zu meiner Überraschung antwortete er: »Weil das mein Job ist.«
    Ich wollte wissen, wie weit ich gehen konnte, und schrieb zurück, dass ich mein eigenes Benutzerkonto auf dem System haben wollte. Er legte ein Konto für mich an, und ich durfte mir sogar einen Benutzernamen aussuchen: »Hacker«. Mir war klar, dass er das Konto im Auge behalten würde, und so stöberte ich einfach ein bisschen herum, um ihn abzulenken. Schließlich lokalisierte ich den gesuchten Quellcode, aber letztendlich versuchte ich nicht einmal, ihn herunterzuladen. Das hätte mit meinem 2400-Baud-Modem einfach zu lange gedauert.
    Aber das war nicht das Ende der Geschichte.
    Anfang Juni kam Bonnie eines Tages von der Arbeit und fand eine verwüstete Wohnung vor: Man hatte uns ausgeraubt. Sie piepste mich an, und als ich zurückrief, hörte ich die Angst und die Aufregung in ihrer

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