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Das Phantom im Netz

Titel: Das Phantom im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Mitnick , William L. Simon
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Stimme.
    Ich bat sie, in der Manteltasche nach dem Geld zu sehen, das ich für unsere Hochzeit gespart hatte. Da entdeckte sie den Stapel Hundert-Dollar-Noten – es waren insgesamt 3000 Dollar –, der ordentlich auf dem Küchentisch ausgebreitet lag, neben einem Durchsuchungsbeschluss.
    Man hatte uns nicht ausgeraubt, sondern Polizisten aus Santa Cruz hatten unsere Wohnung durchsucht. Santa Cruz! Das musste etwas mit meinen nächtlichen Hackerausflügen in die Computer von Santa Cruz Operations zu tun haben.
    Als Bonnie mir sagte, dass mein Computer und meine Disketten weg waren, brach eine Welt für mich zusammen. Ich bat sie, schnell ein paar Kleider einzupacken und sich mit mir zu treffen. Mir war klar, dass ein ganzer Haufen Ärger auf mich wartete. Ich brauchte einen Anwalt zur Schadensbegrenzung. Und ich brauchte ihn schnell.
    Bonnie, meine Mutter und ich trafen uns in einem nahe gelegenen Park. Ich erzählte beiden, es sei keine große Sache, ich habe mich nur ein bisschen in dem System umgesehen, aber keine Dateien beschädigt oder den Quellcode von SCO heruntergeladen. Ich machte mir weniger Sorgen darum, was die Hüter des Gesetzes mit mir tun würden, als darum, was ich Mutter, Bonnie und Oma, den wichtigsten Menschen in meinem Leben, antat, den Schmerz und den Kummer, den ich ihnen bereitete.
    Mutter fuhr nach Hause, und Bonnie und ich fuhren zu einem Motel in der Nähe. Sie war wütend und verletzt. Sie hätte jedes Recht der Welt gehabt, sich auf der Stelle von mir zu trennen. Stattdessen erwies sich, was für ein toller Mensch sie war und dass sie zu mir stand. Sie fragte nicht: »Was hast du mir angetan?«, sondern vielmehr: »Was machen wir jetzt?«
    Am nächsten Morgen rief sie bei ihrer Arbeitsstelle an und bat um Urlaub wegen eines familiären Notfalls. Sie erfuhr von ihrem Boss, dass ein paar Polizeibeamte aufgetaucht waren und mit ihr sprechen wollten. Mein erster Gedanke war, dass man sie im Verdacht hatte, der Hacker zu sein. Schließlich hatte ich von ihrer Wohnung und ihrem Telefon aus gearbeitet. Aber dann fand ich es wahrscheinlicher, dass man meine Freundin verhaften wollte, um mich damit unter Druck zu setzen: »Gesteh, dass du es warst, oder deine Freundin wandert in den Knast!«
    In den folgenden Tagen telefonierte ich mit Anwälten, erklärte die Situation und machte Pläne. Bonnie erinnert sich: »Wir weinten viel, aber wir hielten zusammen.«
    Heute sagt sie, sie habe mich damals nicht verlassen, weil sie verrückt nach mir gewesen sei.
    Um wenigstens einen kleinen Teil der Anspannung abzubauen und uns abzulenken, verbrachten wir sehr viel Zeit zusammen im Bett. Ich hatte Gewissensbisse, weil ich Bonnie in diese Lage gebracht hatte und meiner Mutter und meiner Oma so viel Kummer machte. Ich denke, Bonnie und mir tat es einfach gut, auf diese Art und Weise Dampf abzulassen.
    Tante Chickie fuhr Bonnie und mich ins Büro des Sheriffs von Los Angeles in West Hollywood. Wir stellten uns, und Chickie hinterlegte sofort 5000 Dollar Kaution für jeden von uns. Aus irgendeinem Grund versäumte es die Polizei, unsere Fingerabdrücke zu nehmen oder uns zu fotografieren. Durch diesen groben Verfahrensfehler wurde für keinen von uns beiden eine Akte über die Verhaftung angelegt. Bis zum heutigen Tag gibt es keinen offiziellen Beweis dafür, dass ich jemals im Fall von Santa Cruz Operations verhaftet wurde. Hoffentlich verrät es jetzt keiner.
    Die folgenden Monate wurden teuer für mich. Für jede Vorladung bei Gericht in Santa Cruz musste ich jeweils vier Tickets für den Hin- und Rückflug buchen, da Bonnie einen eigenen Anwalt hatte, außerdem Hotel, Mietwagen und Essen für alle vier bezahlen. Beide Anwälte hatten auf einem Vorschuss bestanden. Das war’s dann mit meinem Ersparten für die Hochzeit: Die ganzen 3000 Dollar gingen für den Vorschuss für meinen Anwalt drauf. Mutter und Oma liehen mir Geld, damit ich für Bonnies Anwalt und alle anderen Ausgaben aufkommen konnte.
    Damit hatten wir kein Geld mehr für eine richtige Hochzeit, aber das war nicht das Schlimmste. Ich wünschte, mein Antrag wäre auch nur im Entferntesten romantisch gewesen. Stattdessen schlug ich Bonnie vor, zu heiraten, damit sie nicht gegen mich aussagen musste und sie mich im Gefängnis besuchen konnte. Denn es sah ganz so aus, als würde ich dort landen.
    Zur Verlobung schenkte ich Bonnie einen Diamantring, und wir wurden von einem Pfarrer in dessen Haus in Woodland Hills getraut. Meine Oma und meine

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