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Das Phantom im Opernhaus

Das Phantom im Opernhaus

Titel: Das Phantom im Opernhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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Grundriss des Opernhauses in- und auswendig kannte und zweitens mit den Sicherheitsmängeln der Bühnentechnik vertraut war. In diesem Fall kam es einem Wunder nahe, dass er nicht schon tot war. Oder aber …
    Paul sah nachdenklich auf, als er seinen Gedanken weiter spann: oder aber dieser Gegner trachtete ihm gar nicht nach dem Leben, sondern wollte ihm nur einen Denkzettel verpassen. Eine eindringliche Warnung an ihn, die Schnüffelei sein zu lassen!
    Paul spürte, wie ihm bei dieser Vorstellung angst und bange wurde. Doch – hatte er sich denn dermaßen auffällig verhalten, um eine so drastische Warnung zu provozieren? War er dieses Mal nicht sehr zurückhaltend vorgegangen und hatte seine Recherchen auf ein paar ganz harmlose Befragungen beschränkt?
    Wenn allein schon sein zaghaftes Stochern derart heftige Reaktionen hervorrief, musste er einen wunden Punkt erwischt haben. Dies wiederum konnte nur einen Schluss zulassen: dass es sich bei den beiden Getöteten keineswegs um Zufallsopfer handelte, sondern sie gezielt ausgewählt worden waren. Es musste eine Verbindung geben, einen inhaltlichen Zusammenhang. Mit anderen Worten: einen Grund für zwei Morde! Dem Täter schwante vielleicht, dass Paul über kurz oder lang eben diesen Schluss ziehen würde – daher die Einschüchterungsversuche!
    Angespornt durch diese Erkenntnis, durchsuchte Paul das Internet nach weiteren Spuren. Doch der durch eine gehörige Portion Adrenalin hervorgerufene Energieschub hielt nicht lange vor. Als er müde wurde, entschied er sich dafür, auf die lauter werdende Stimme der Vernunft zu hören. Er fuhr seinen Rechner herunter und legte sich schlafen.

15
    Die Vögel zwitscherten so kräftig und melodiös, wie er es lange nicht mehr gehört hatte. Die Morgensonne war sanft und dennoch recht warm. Als er das Dachfenster öffnete, atmete er die frische Morgenluft ein, in der noch die Feuchtigkeit der Nacht lag. Paul legte seine Arme auf die Fensterbank und lehnte sich hinaus. Zu seiner Rechten sah er die beiden Türme der Sebalduskirche, die in nur etwa 50 Meter Entfernung von seiner Wohnung grazil in den kobaltblauen Morgenhimmel aufragten und deren Sandsteinmauern im zarten Morgenlicht rötlich schimmerten. Er schaute nach vorn, hob den Blick und erfreute sich am erhabenen Anblick der Kaiserburg, deren Turmspitzen und Zinnen er von seinem Atelier aus gut sehen konnte. Schließlich unterzog er den Weinmarkt zu seinen Füßen einer wohlwollenden Inspektion und beobachtete einige emsige Gestalten, die schon zu dieser frühen Morgenstunde unterwegs waren: Frauen mit Bäckertüten unter den Armen, eilige Kellnerinnen auf dem Weg zur Frühstücksschicht im Café Sebald und seriös gekleidete Geschäftsleute, die in einem der umliegenden Büros tätig waren.
    Paul streckte sich, ließ seinen Kopf auf den Schultern kreisen und schnaufte wohlig. Der tiefe Schlaf der letzten Nacht war ihm gut bekommen, sodass er voller Elan in den neuen Tag starten konnte.
    Im Opernhaus gab es heute nicht viel zu tun, denn Klingers Aufträge waren allmählich abgearbeitet, und Haas hatte nach dem geplatzten Shooting mit Irena noch keinen neuen Anlauf nehmen wollen. Er konnte sich also gleich daran machen, seine gestrigen Gedanken aufzugreifen und weiter im Leben der beiden Getöteten zu forschen. Denn inzwischen trieb ihn weniger die Neugierde als vielmehr der Selbsterhaltungstrieb, sich detektivisch zu betätigen. Einen »Unfall« wie am Vortag wollte er keinesfalls ein zweites Mal erleben!
    Vor allem Klingers Psyche interessierte ihn. Während er sich den Charakter von Baumann durch die vielen Episoden, die er über ihn gehört hatte, noch einigermaßen plastisch vor Augen führen konnte und ihn als lasterhaften Lebemann einstufte, fiel ihm das bei dem toten Dramaturgen weitaus schwerer. Er brauchte dringend weiterführende Informationen und Details. Am meisten Aufschluss versprach er sich dabei von Evelyn Glossner, der Haus- und Hofpsychologin. Dadurch, dass sie bei den Städtischen Bühnen aus- und einging, weil offenbar ein Großteil ihrer Klientel aus dem Ensemble stammte, würde sie vielleicht noch den einen oder anderen wertvollen Hinweis geben können.
    Er hatte mehr Glück, als er sich erhoffen durfte, und stieß im Eingang zur Kantine beinahe mit ihr zusammen. »Nicht so stürmisch, junger Mann«, begrüßte ihn die pummelige Frau flachsend.
    Nach kurzem Zaudern ließ sich die Psychologin von Paul zu einer Tasse Kaffee einladen. Beide setzten sich in

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