Das Phantom von Schreckenstein
ihren Anzügen sahen sie irgendwie eine Nummer kleiner aus.
Jean fuhr weiter, um den Wagen zu parken; am nahen Waldrand wurden die Boys sichtbar, in ihren Kilts und – zu Fuß.
Unter großem Gegacker brandete ihnen der gesamte Hühnerhof entgegen.
„Schau die Röckchen!“ rief Sabine entzückt. „Der Rothaarige da! Ist er nicht wonnig?“ ereiferte sich Elke, und Eva fand Bill einfach süß, genau wie Witzbold Klaus es vorgemacht hatte.
„Welcome at Rosenfels Castle!“ rief Fräulein Doktor Horn den verdutzten Boys zu. „I am the boss here, and I hope you will enjoy this afternoon.“ Und den Mädchen empfahl sie: „Sprecht möglichst viel Englisch, damit ihr etwas lernt. „See you later!“ fügte sie noch hinzu. Mauersäge ging ihr wieder einmal vor.
Die Boys stießen ihre Naturlaute aus, und alle folgten den Erwachsenen ins Schloß. Einige Mädchen glaubten nicht recht zu sehen.
„Was tust du denn da?“ Mitten unter den Boys hatte Strehlau von Doris einen Rempler bekommen.
„Ich bin Betreuer“, antwortete der Musterschüler. „Allein hätten unsere Gäste nicht hergefunden.“
Beatrix hatte Stephan entdeckt. Sie wollte etwas Freundliches zu ihm sagen, doch Martina kam ihr zuvor: „Wird man euch Kletten denn nie los?“
Mücke faßte Andrew am Handgelenk und ging mit ihm Slalom auf der Treppe. Er sollte lernen, wo sie nicht knarzt.
Sophie beobachtete die beiden. „He, was ist denn mit euch passiert?“
„Der schottische Whisky“, alberte Mücke und wankte mit Andrew in die nächste Slalomkurve.
Auch Mückes Schwester Ingrid kamen die drei Begleit—Ritter nicht ganz geheuer vor. „Daß ihr mit dem Omnibus gekommen seid?“ wunderte sie sich.
Mücke lächelte mild. „Der Omnibus verkehrt stündlich!“ verkündete er wie ein Auskunftsbeamter.
Sie waren nämlich nicht mit dem öffentlichen Verkehrsmittel gekommen, hatten vielmehr die Fahrräder wohlweislich im Wald versteckt und mit ihrem Auftritt dort gewartet, bis der Bus kam und von der Haltestelle Rosenfels wieder weiterfuhr. Sie wollten frei sein und jederzeit verschwinden können. Die Täuschung war gelungen. Andernfalls hätten die Mädchen möglicherweise nach den Rädern gesucht.
Auf dem Weg zum Eßsaal erklärten die Ritter den Boys Schloß Rosenfels, als wären sie Fremdenführer. Sie machten auf die Zimmer der großen Mädchen, der kleinen, sowie der Lehrerinnen aufmerksam. Auf den Duschraum, die Klassenräume und Lichtschalter. Ihre strategischen Erläuterungen gingen im englischen Gegacker über die neuen Bekanntschaften unter, ohne daß auch nur eine deswegen Verdacht geschöpft hätte.
Von Zeit zu Zeit bestätigten die Boys mit Grinsen oder einem knappen okay, daß sie verstanden, und fühlten sich, als sei das bereits ein Streich.
„Sind ja wilde Typen!“ sagte Beatrix zu Stephan.
Sofort gab er auf englisch die Jahreszahl der Erbauung des Schlosses bekannt und vertröstete sie auf später.
Nicht alle Mädchen ließen sich von der überschäumenden Freude hinreißen. Immer wieder steckten die drei Kratzbürsten die Köpfe zusammen, trennten sich jedoch gleich wieder, damit es nicht auffiel.
Vor der Tür des Eßsaals kam es zu einem Stau.
„Now we come to the dining—room!“ erklärte Strehlau gerade, da trat ihm Doris in den Weg.
„Halt! Hier kommst du nicht rein.“
„Why?“ fragte der Musterschüler. Vor Verwunderung hatte er vergessen, auf seine Muttersprache zurückzuschalten.
Esther packte Mücke am Arm. „Ihr seid nicht eingeladen.“
Martina wollte ganz sichergehen. Ihren Tartan—Shawl in den Händen sprang sie Stephan von hinten an und zog das Wolltuch zur Schlinge. „Los! Fort mit euch!“ keifte sie.
Die drei Ritter zögerten. Sie wollten keinen Ärger machen. Ihre Aufgabe, die Boys für den bevorstehenden Streich einzuweisen, war erfüllt. Der Ritterrat hatte eigens nur drei Fremdenführer mitgeschickt, damit es harmlos aussehe.
Während die Boys in den Saal drängten, versuchte Mücke sich loszureißen. „Mach keinen Quatsch!“ warnte er. „Wir sind nur mitgekommen, damit unsere Gäste wieder heimfinden.“
„Dann wartet draußen!“ fuhr seine Schwester ihn an. „Oder geht zur Horn.“
„Die Idee ist enormous!“ rief Stephan. Er freute sich schon auf den Vogelblick der Leiterin, wenn sie hereinkommen und sagen würden: „Die Mädchen schicken uns zu Ihnen.“
Er hatte eine Hand zwischen Hals und Shawl geschoben und war in seiner Atmung nicht mehr beengt. Da aber Martina
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