Das Pharma-Kartell
Augen blitzen spöttische Fünkchen auf. Ihr ist völlig klar, wie ich über Frau Wahlstrom denke. Und sie ist ihr absolutes Gegenteil – diese bescheidene Eleganz, die so schwer zu erreichen ist. Ein leichtes helles Kostüm, nur ein orangefarbenes Tuch um den Hals und einen Ring mit ebenso einem orangefarbenen Stein, sonst nichts.
Ich ziehe mich mit einem nichts sagenden Satz aus der Verlegenheit und setze mich auf die andere Seite zu van Basten. Vor einer weiteren Unterhaltung mit Madame Bergen bewahrt mich der Ober, der Bestellungen entgegennimmt.
Van Basten ist schon beim zweiten Gin, Poletti und Wahlstrom trinken Whisky, die Frauen haben Araminz bestellt. Ich nehme auch lieber Araminz. Ein Inspektor, so ein interessanter noch dazu, müsste sich eigentlich als Mann zeigen und Whisky trinken, aber sollen sie denken, was sie wollen.
Was in der Bucht vorgeht, kriege ich nicht mit. Die unten unter den Schirmen sitzen, lärmen und schreien, auf dem Meer knattern Motorboote. Sie kurven irgendwie herum, zerschneiden die Wellen in Wolken von Spritzern, und das erscheint mir nicht so weltbewegend, dass es sonderliche Begeisterung erwecken könnte.
Poletti erklärt mir die Situation. Das Surfing hat noch nicht angefangen. Dies ist das Ende des Motorbootrennens. Heute sei das Meer schwierig, die Wellen liefen quer, aber das Surfing würde großartig sein.
„Die Zuschauer sind ja mächtig aufgeregt“, bemerke ich.
Er lächelt. „Nicht ohne Grund, Herr Bouché. Viele von ihnen haben im Totalisator gewettet.“
Dass man auf Motorboote wie auf Pferde setzen kann, habe ich nicht gewusst, behalte es aber für mich.
Madame Wahlstrom beteiligt sich auch.“ Er schaut sie an. „Ich habe mir erlaubt, ihr einen Rat zu geben. Zufällig kenne ich die Eigenschaften der Motoren.“
Es hätte mich sehr gewundert, wenn Madame Wahlstrom nicht gewettet hätte und ihm die Eigenschaften der Motoren nicht bekannt wären.
Unten stehen Lautsprecher, aus denen Musik und von Zeit zu Zeit abgehackte Sprache quillt. Poletti horcht hin.
„Enna ist zurückgefallen“, sagt er zu Frau Wahlstrom. „Diese Wette hat schon keine Aussichten mehr. Aber Kamater liegt gut im Rennen, nur eine Sekunde hinter Mobby Taff!“
Es beginnt ein Dialog, in dem jeder zeigt, was er kann: Frau Wahlstrom Exzentrizität, er seine Kenntnisse in den Wassersportarten.
Van Basten schweigt, ich schweige auch und beschäftige mich mit meinem Araminz. Ich warte darauf, dass er mir seine übliche Frage stellt, aber er lässt sich Zeit. Stattdessen kneift er nach einer Weile spöttisch die Augen zu und meint leise: „Sie tun mir leid, Inspektor.“
Mitleid kann ich nicht ausstehen. Schon gar nicht, wenn es so ausgedrückt wird.
„Weshalb, wenn Sie gestatten?“
„Das Sie hier sind, kann ja nur heißen, dass es mit Ihrem Doktor nicht vorangeht.“
Natürlich hat er recht. Mir bleibt nur übrig, mit den Schultern zu zucken. Und es hat keinen Sinn, mich zu verstellen. Besser geradezu.
„Daran sind Sie auch mit schuld, Monsieur van Basten.“
Inzwischen geht auf dem Meer etwas vor. Eins der Motorboote beginnt ungleichmäßig zu knattern, fängt an zu husten und bleibt stehen. Der ganze Strand unter den Schirmen schreit. Die Stimme aus dem Lautsprecher geht in dem Geschrei Hunderter Stimmen unter.
Poletti wendet sich Frau Wahlstrom zu.
„Meinen Glückwunsch, Madame. Mit Enna haben wir verloren, aber mit Kamater haben Sie gewonnen. Mobby hat einen Motorschaden, und das ist das Ende.“
Takt kann man ihm nicht absprechen: „…haben wir verloren“, „…haben Sie gewonnen.“ Mir wäre das beispielsweise nicht eingefallen.
Madame Wahlstrom zeigt so stürmische Freude, dass man ihr von den Nebentischen missbilligende Blicke zuwirft.
Inzwischen hat Anja Krüger aufs Meer gezeigt.
„Sehen Sie? Was ist das, Tommaso?“
Poletti nutzt die Gelegenheit sofort mit seinem verwünschten Fernglas, die anderen kneifen die Augen zu, setzen Sonnenbrillen auf und starren auf die sonnenfunkelnde Bucht. Durch die dunkle Brille sieht das Meer auf einmal olivgrün aus.
Das Unglücksboot wird zur Seite geschleppt, und zwei Kutter fahren in die Bucht hinaus. Der Lärm ringsum schwillt an und verstummt sofort, weil über die Lautsprecher irgendwelche Kommandos ertönen.
Die Kutter schaukeln leicht in der Ferne. In Wahrheit sind die Wellen dort auch hoch, und wenn sie in die Bucht kommen, wachsen sie noch höher. Irgendwo auf halbem Weg reißen die trübgrünen Kämme ab
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