Das Pharma-Kartell
auf die Hupe. Das hilft nicht viel, und wenn man uns ausweicht, dann nur, weil die kostspieligeren Wagen eine angeborene Angst vor Jeeps haben. Sophie ist das wohlbekannt, und sie nutzt es aus, um sich ungeachtet der empörten Schreie der Fahrer links und rechts in eine winzige Lücke zu drängen. Aber ein Parkplatz ist ein Parkplatz.
Sophie sieht sich um, dann schaut sie mich an.
„Weißt du“, sage ich, „ich werde sicherlich ziemlich lange wegbleiben. Du kannst ein Weilchen hierbleiben und dann gehen. Ganz, wie du willst.“
Ich nehme an, sie hat begriffen. Es ist nicht eben menschenfreundlich, dass ich sie in der Gluthitze in Wolken von Benzindunst und Staub schwitzen lasse, aber sie muss jetzt die Aufzeichnungen lesen und sich mit ihrem Auftrag befassen. Ich habe ihr alles gegeben, was sie braucht, einschließlich der Autonummern der Alpine. Sophie nickt, ich zwänge mich aus dem Jeep und verschwinde in der Menge. Ich will mich orientieren und sehen, wo ich Tommaso Poletti und die anderen finden kann.
Ringsum ist wirklich ein Basar – lärmend und lustig. Er gleicht unseren Märkten und doch auch wieder nicht. Das Geschrei der Verkäufer, das Gedränge, die Stände – das ist mir aus meiner Kinderzeit bekannt. Die Waren und die Menschen sind anders. Stimmengewirr, scharfe, unbekannte Gerüche, Sonne, Kinder, die sich überall durchschlängeln. Sie kauen Stückchen Zuckerrohr, und ihre Gesichter sind verschmiert von dem süßen Saft. Ich sehe Berge von Bananen, Feigen und großen, pelzigen Früchten, von denen ich nicht einmal weiß, wie sie heißen. Mächtige Stücke frischer, noch blutiger Fische mit vorquellenden Augen, die sich noch zu bewegen scheinen. Schilfmatten, auf denen Krüge und Tongefäße mit unwahrscheinlichen Ornamenten feilgeboten werden. Daneben dösen Kamele, die Beine in orientalischer Gelassenheit untergebogen.
Viel Zeit, mich durch die Menschenmenge zudrängen, habe ich nicht – ich muss Poletti und Anja Krüger finden. Soweit ich Poletti kenne, wird es ihm seine Eitelkeit nicht erlauben, Anja Krüger woandershin als ins feinste Lokal zu führen. Also muss ich sie im Casino suchen.
Meine Vermutung erweist sich als richtig. Die Leute von der Alpine sind da, auf der besseren der beiden Terrassen. Das Drum und Dran ist beinah untadelig – ein Portier, Tischchen mit schneeweißen Decken, Servierwägelchen mit Cooler für die Getränke, ein dunkelbrauner Ober mit Frack und Fliege, der mich begrüßt. Poletti hat einen Tisch mit Blick auf die Bucht reservieren lassen und ist, wie nicht anders zu erwarten, Mittelpunkt der Gesellschaft. Er ist ein Muster an Eleganz und chevaleresker Zuvorkommenheit. Im Moment zeigt er Madame Krüger, wie das Fernglas am besten zuhandhaben ist. Der Belehrungsprozess verläuft in ziemlich engem körperlichem Kontakt, und ich registriere dies, obwohl es meine Arbeit nicht betrifft, mit einem Quäntchen außerberuflichen Neids. Neben Anja Krüger sitzen eine Frau und ein Mann, die ich nicht kenne. Der Letzte in der Runde ist schließlich Rijder van Bastens. Jetzt sieht der Holländer weitaus normaler aus als nachts in der Bar. Er ist glatt rasiert und trägt einen hellen Sommeranzug, wie übrigens auch alle anderen Männer.
Der Ober findet einen Platz für mich und führt mich hin. Doch van Basten bemerkt mich, sagt etwas zu der Tischrunde und winkt mir zu, wobei er einen freien Stuhl zu sich heranzieht.
Man begrüßt mich freundlich, sogar freundlicher, als ich erwartet habe. Poletti übernimmt es sofort, mich den Unbekannten vorzustellen.
„Doktor…“ (Hier nuschelt er etwas, was von fern meinem Familiennamen ähnelt.) „Madame Wahlstrom, Ingenieur Wahlstrom.“
Der Mann ist wesentlich jünger als Poletti und van Basten. Wahrscheinlich ein Schwede oder Norweger – sehr hell, mit blauen Augen. Liebenswürdig erklärt er mir, dass er den Bau der Straße leitet. Seine Frau jedoch ist geradezu unsympathisch. Vielleicht kommt das bloß mir so vor, denn sonst scheint sie eine ganz angenehme Frau zu sein. Aber sie gehört zu jenem Typ junger Ehefrauen, die meinen, unbedingt und überall originell sein zu müssen, in Wahrheit aber sind sie für ihre Umgebung nur anstrengend. So ist es auch jetzt.
„Oh, der Herr Doktor! How interesting!“
Also haben sie schon von mir gesprochen. Nur gefällt mir nicht, dass auch Madame Krüger in die Ausrufe einstimmt, die das Erscheinen meiner ungewöhnlichen Persönlichkeit begrüßen. In den Winkeln ihrer grauen
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