Das Pharma-Kartell
unterbringen. In den Krankenzimmern liegen drei, vier schwere Fälle, die morgen operiert werden sollen. Es sind Männer. Wie ich erfahre, liegt auf der anderen Seite des Operationstrakts genauso eine Station, der Zwilling von dieser, für Frauen. Aber dennoch: Wo werden sie hereinkommen? Das ist schwer vorauszusehen. Vielleicht kommt mit den Aufzügen, die am Ende des Ganges sind, jemand herauf, der wie ein harmloser Arzt aussieht? Oder eine Schwester? Oder ein unbekannter Krankenpfleger bringt ein Rollbett mit einem Schwerkranken? Ich darf sie nicht unterschätzen, sie werden für ihre edlen Absichten sehr erfinderisch sein. Einen direkten Angriff werden sie nicht wagen. Sie werden den Mann, der bis gestern ihr Komplize war, von allen irdischen Sorgen befreien, doch ohne das Risiko eines offenen Zusammenstoßes mit der Polizei einzugehen.
Das ist aber nun schon Samat’ Sache. Er wird dafür sorgen, dass die Fuchsfalle gut funktioniert; für mich ist es höchste Zeit hinunterzugehen.
Ich erkläre Schwester Amina, wie sie uns empfangen soll, und merke, dass diese gelassene Frau anfängt, nervös zu werden. Mich hingegen überkommt eine ungewöhnliche Ruhe. Ein paar Minuten lang denke ich sogar an O’Sullivan nicht wie an einen Toten, sondern wie an einen wirklich Schwerverletzten, der ohne Bewusstsein ist.
Unten komme ich gerade zur rechten Zeit an. Ich trete ins Freie, und vor dem Eingang hält eine Ambulanz, die rote Rundumleuchte auf dem Dach dreht sich noch. Zwei Krankenpfleger holen geschwind die Tragbahre mit dem Verletzten heraus, der bis über die Nase mit einer Wolldecke zugedeckt ist. Vom Platz neben dem Fahrer steigt der Mann aus, den Samat mir beschrieben hat. Er sieht wie ein Arzt aus, selbst das Stethoskop hängt auf charakteristische Weise aus der Kitteltasche. Der Krankenpfleger am Eingang öffnet sofort die Tür vor ihm. Und alles ist so echt – das Bein des Verletzten schaut so kraftlos unter der Decke hervor -, dass ich mich einen Moment lang frage, ob das die richtigen Leute sind oder dies ein anderer Fall aus der Stadt ist.
Es sind die richtigen Leute – ich fange einen Blick des Arztes auf. Und mit der unbeteiligten Miene eines Menschen, der seiner eigenen Beschäftigung nachgeht, wende ich mich zum Aufzug am Ende des Ganges.
Schwester Amina ist schon da. Die Tragbahre wird zu ihr gebracht und verschwindet in der offenen Tür. Der Arzt tritt ins Fachabteilung zu Doktor Dawud.
Der erste Akt der Operation „Faux cadavre“ ist erfolgreich abgeschlossen. Jetzt werde ich mich umsehen, ob etwas Verdächtiges in der Nähe ist, und hinaufsteigen, um am zweiten Akt teilzunehmen, an dem ganz wenige handelnde Personen beteiligt sind: Schwester Amina, ich und der Tote.
Die Anspannung der Tagesereignisse macht sich im Taxi bemerkbar. Ich habe mich auf den Sitz fallen lassen, halte mich mit einer Hand am Armaturenbrett fest, damit es mich nicht in den Kurven umwirft, und der Schlaf überschwemmt mich in Wellen. Ich habe keine Kraft, mich ihm zu widersetzen, muss aber um jeden Preis noch eine Weile durchhalten. Es ist schrecklich heiß in dieser stickigen Bar, und ich mag keinen Gin, doch van Basten sitzt mir gegenüber und gießt mir ein, und ich warte darauf, dass er mir etwas sehr Wichtiges sagt…
Ich schrecke hoch. An der Gabelung am Fuße des Hügels hebt eine Frau die Hand, um das Taxi anzuhalten. Der Fahrer beachtet sie nicht und will schon vorbeifahren.
„Sie können sie mitnehmen!“, sage ich.
Die Frau steigt durch die hintere Tür ein und nennt irgendeine Adresse. Ich wechsle ein paar Worte mit dem Fahrer. Natürlich bringt er zuerst mich nach Hause. Dabei fällt ein kleiner Metallzylinder in meine Jackentasche. Er ist nicht größer als ein gewöhnlicher Knopf, aber darin steckt Sophies ganze Arbeit von diesem Nachmittag. Denn die Frau ist Sophie und hat auftragsgemäß auf mich gewartet, und Ergebnis der Arbeit ist eine Filmrolle.
Wir halten vor der Pension, sagen Gute Nacht, und ich steige aus, bin aber am Ende meiner Kräfte. Jeden Augenblick kann ich hier umfallen und einschlafen.
Jemand macht die Tür auf, sicherlich Jonah, und ich stolpere über die Allee. Ich gehe wie ein Automat, und mein einziger Gedanke ist, ob ich es bis auf mein Zimmer schaffen werde.
Das Objekt
Ich habe hoffnungslos verschlafen. Dieser Gedanke geistert irgendwo bei mir herum, und als er mir ins Bewusstsein dringt, bin ich schon wach. Ich mache die Augen auf und versuche noch nicht
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