Das Portal der Dämonen - Connolly, J: Portal der Dämonen - The Gates
war Tom, der aussprach, was Samuel dachte.
»Sind sie … tot?«, fragte er.
Im selben Moment schwirrte die Fliege von dem Augapfel weg und wie bei einem dieser komischen Scherzartikel schoss eine lange Zunge aus Mr Abernathys Mund. Sie war rot und voller kleiner Stacheln, die scharf und klebrig aussahen. Sie schnappte die Fliege im Flug weg, dann ringelte sie sich wieder in Mr Abernathys Mund zusammen. Er kaute kurz auf der Fliege herum, dann schluckte er sie hinunter.
»Ich glaube, mir wird schlecht«, keuchte Maria.
»War das eine Zunge?«, fragte Tom. »Mann, war das ein Ding! Menschen haben doch gar keine so lange Zunge.«
Plötzlich hörten sie wildes Gebell von der Vorderseite des Hauses und da wussten sie, dass sie in der Patsche saßen.
Sobald Boswell Mrs Abernathy gesehen hatte, versuchte er sein Halsband abzustreifen. Es saß nie sehr straff, hauptsächlich weil Boswells Hals so dünn war, dass ihm ohnehin kein Halsband passte. Er zerrte an der Leine, bis er merkte, wie sich der Riemen allmählich über seinen Hinterkopf schob. Seine Ohren taten weh, aber er zerrte weiter. Er wusste, wenn die böse Frau kam und er immer noch am Tor angebunden war, dann würde sie erst ihm und dann Samuel wehtun. Aber niemand sollte Samuel ein Härchen krümmen, nicht solange Boswell es verhindern konnte.
Er hatte das Halsband schon halb über den Kopf gestreift, als die Schritte der bösen Frau schneller wurden.
Mrs Abernathy kam um die Ecke, sah den Hund und erkannte sogleich, dass es Samuel Johnsons Dackel war.
»Oh, du böser Junge!«, flüsterte sie. »Du böser, böser kleiner Junge.«
Sie fing an zu rennen.
Boswell riskierte einen Blick nach links und sah, dass die böse Frau immer näher kam. Ein letzter kräftiger Ruck an seinem Halsband und er war frei, aber fast hätte er dabei seine Ohren abgerissen. Er bellte und ließ dabei seinen Blick zwischen dem Weg, der in den Garten des großen Hauses führte, und der sich nähernden bösen Frau hin- und hergleiten. Er hoffte, dass Samuel und seine Freunde bald kämen, aber sie kamen nicht.
Schnell!, bellte er. Böse Frau! Schnell!
Aber noch immer keine Spur von ihnen. Er sah, wie sich die Gestalt der bösen Frau veränderte. Unter ihrem Mantel bewegte sich etwas. Der Stoff zerriss und lange rosafarbene Fühler platzten hervor, an deren Enden sich scharfe Greifzangen befanden, die durch die kalte Luft schnappten. Eine davon schoss auf ihn zu, klickte laut und eine stinkende Flüssigkeit troff an ihr herunter. Boswell schnappte danach und der Fühler zuckte zurück, aber nur für einen Augenblick. Dann fuhr er hoch wie eine Schlange, die im Begriff ist zuzubeißen. Boswell spürte die Gefahr, in der er schwebte.
Ihm blieb keine andere Wahl: Er klemmte, den Schwanz zwischen die Hinterpfoten und rannte, so schnell ihn seine kurzen Beine trugen. Er glaubte zu spüren, wie etwas sein Fell streifte, aber er drehte sich nicht um, nicht bevor er die Straßenecke erreicht hatte. Er versteckte sich hinter einem Auto und lugte zwischen den Reifen hervor.
Die böse Frau blieb einen Augenblick lang am Gartentor stehen, die langen rosafarbenen Tentakel rekelten sich vor dem abendlichen Himmel. Dann wandte sie sich um und ging in den Garten. Sekunden später vernahm Boswell ein entsetzliches Geräusch, so gellend und durchdringend, dass ihm die Ohren schmerzten. Ein Mensch konnte es nicht vernehmen, so hoch und schrill war es, aber Mrs Abernathy wollte damit auch gar keine Menschen herbeirufen.
Sie warnte ihre dämonischen Freunde.
Kapitel siebzehn
in dem Mrs Abernathy ihre Pläne ändert
T om spähte um die Hausecke und sah, wie Mrs Abernathy den Garten betrat und das Tor sorgfältig hinter sich verschloss. Ihre Tentakel schwebten in der ruhigen Abendluft, im Mondlicht glitzerte die Flüssigkeit vorne an den Zangen. Tom zählte insgesamt zwölf solcher Greifer. Direkt vor den Füßen von Mrs Abernathy lag Boswells Halsband. Mrs Abernathy ging drei Schritte weiter, dann blieb sie stehen. Sie legte den Kopf schräg, als lausche sie, aber sie trat nicht näher an das Haus heran.
Sie wartete und ließ dabei die Gartentür nicht aus den Augen.
Tom rannte zu Samuel und Maria zurück, die unter einem Fenster auf ihn warteten.
»Wir haben ein Problem«, begann er. »Im Garten ist eine Frau, die Tentakel am Körper hat.«
»Mrs Abernathy«, sagte Samuel. »Und was ist mit Boswell?«
»Keine Spur von ihm. Sein Halsband ist noch da, aber Boswell
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