Das Prinzip Selbstverantwortung
Energie ins Jammern bindet. Energie, die ihm zum Sieg fehlen könnte. Das ist der Becker-Faktor: die Fähigkeit, sich voll auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren und keine Energie zu vergeuden. Etwas aus vollem Herzen tun. Auch in klarer Sicht der Dinge, die nicht in Ordnung sind.
Oder Jürgen Klinsmann, der bei dem »Freundschafts«-Spiel gegen Uruguay (Okt. 1993) nach einigen Faustschlägen eines |72| Gegners hinter dem Rücken des Schiedsrichters zu Boden ging. Nach dem Spiel der Reporter empört: »Was sagen Sie dazu?« Klinsmann, entspannt und nüchtern: »Das passiert mir auf dieser Position immer wieder. Es wäre unsinnig, mich darüber aufzuregen. Ich finde das auch nicht gut, aber es gehört heute einfach zum Spiel dazu.« Um nicht missverstanden zu werden: Dies ist kein Freibrief für Unfairness. Wir müssen alles tun, um so etwas zu verhindern. Wenn es aber aus den verschiedensten Gründen so ist, wie es ist, dann können wir es wählen oder abwählen, ob es uns gefällt oder nicht. Es ist einfach unintelligent, darüber zu klagen, dass es »eigentlich« anders besser wäre.
Damit soll nicht der Gottespakt mit den bestehenden Verhältnissen geschlossen, unhaltbare Zustände beschönigt werden. Es geht nicht darum, passiv zu bleiben, eine graue Realität rosarot anzumalen oder sie mit einem mechanischen »Think positive!« ins lächelnde Achselzucken umzulügen (obwohl man dem Positiven damit unrecht tut: »positiv« kommt vom lateinischen »positum« = das Ganze, also auch das Negative sehen und abwägen). Aber es |73| gibt den Punkt, an dem Sie – mindestens zeitweise – die Macht dessen, was ist, anerkennen müssen. Das gilt nicht nur für B. B., nicht nur für die »Grand Slams« Ihres Arbeitslebens.
Einige von Ihnen werden sagen: »Ich kann es mir nicht leisten, diesen Job zu verlieren.« Aber:
Arbeit macht Spaß oder krank.
Wenn Sie Ihren Job nicht lieben, können Sie es sich nicht leisten, ihn zu behalten.
Die Kraft der Liebe
Der »Amateur«, vom lateinischen »amare« = lieben hergeleitet, ist jener, der liebt, was er tut. Durch die zunehmende Verwöhnung durch äußere Belohnungen und Ersatzdrogen hat sich ein abfälliger Halbschatten auf diesen Begriff gelegt. Ist nun der Amateur hoffnungslos naiv, oder ist er, überblickt er seine persönliche Glücksbilanz, nicht doch der wahre Profi? Ein im Bereich Fördertechnik arbeitender Mitarbeiter der Kali und Salz AG bringt es auf den Punkt: »Ich würde meine Arbeit auch machen, wenn ich nicht meine Familie ernähren müsste. Es macht mir einfach Spaß.«
Liebe ist, was Liebe tut. Liebe ist Handeln, ist Aktivität. Liebe ist kein Gefühl, das uns überwältigt, sondern eine Entscheidung, die uns verpflichtet. (Ich meine hier nicht die situative Bewusstseinstrübung des Verliebtseins.) Die Liebe zu einer Sache oder einem Menschen wird häufig als etwas Spontanes gedacht, das »geschieht«, manchmal sogar gegen den Willen. So möglich das in einer Beziehung sein mag – Lieben fordert all das, was Voraussetzung für jedes befriedigende menschliche Tun ist: Disziplin, Geduld und Ausdauer. Wäre Liebe ein Gefühl, wären die vielen lieblosen Handlungen von Menschen, die behaupten, sie liebten, unerklärbar.
Die Liebe ist mithin nicht zu entbinden vom Willen. Wenn Sie wirklich lieben, so deshalb, weil Sie lieben
wollen
. Es geht also auch immer um bewusst eingesetzte, gewollte Energie.
|74| Selbstverpflichtung
Viele Menschen sprechen in diesen Zusammenhängen von Pflicht. Das ist respektabel. Meint aber etwas anderes. In der Pflicht gibt es keine Liebe. Im Begriff der Pflicht ist jener Aspekt der Gefangenschaft, der Unfreiheit, des Sich-Beugens vor der moralischen Norm, die den einzelnen langfristig innerlich zerstört. Es ist immer ein Körnchen Hass darin auf dasjenige oder denjenigen, die uns – scheinbar – hindern, unser Leben selbstbestimmt zu leben. Zwar hat niemand so viel Macht über uns, aber oft möchten wir ihm die Verantwortung dafür zuschieben und lassen uns nicht selten insgeheim auszahlen. Jeden Tag ein bisschen. Im Unternehmen zählen wir dann zu den Betriebsstatisten. Solange wir uns gezwungen sehen, etwas zu tun, weil es unsere Pflicht ist, lieben wir es nicht.
Konsequent gedacht gibt es gar keine Pflicht. Eine etwas vollmundige Behauptung, ich weiß. Aber jede von außen kommende Pflicht steht Ihnen zur Wahl. Wenn Sie dann »in der Pflicht sind«, haben Sie sie selbst gewählt. Sie ist dann immer Selbst-Verpflichtung,
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