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Das Prinzip Selbstverantwortung

Titel: Das Prinzip Selbstverantwortung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard K. Sprenger
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der Mitarbeiter sagt: »Ich tue es!«?
    Eines vorweg:
    Vermeiden Sie Belohnung und Bestrafung.
    Im Belohnen und Bestrafen ist immer ein Achtungsgefälle eingebaut. Kinder werden belohnt und bestraft. Wir belohnen einen uns Unterlegenen, einen Minderwertigen für seine »Hilfe«. Nicht etwa für seinen eigenständigen Beitrag, den er dem Ganzen leistet, sondern weil sein Betrag »mir« gilt. Wenn ich, der Chef, Zielpunkt seiner Bemühungen bin, wenn seine Energie gleichsam in meiner Leistung »aufgeht«. Wie aber soll er dafür in die Verantwortung gehen? Durch ein Element des Belohnens/Bestrafens verwehren wir unseren Mitarbeitern jenes Gefühl der Verantwortung, das allein aus dem Gefühl des eigenständigen Mitwirkens entsteht. Um es klar zu sagen: Wenn Belohnen und Bestrafen eine Rolle spielen, können Sie sich von der Selbstverantwortung verabschieden.
    In einem System gegenseitigen Respekts wird getan, was getan werden muss. Unter Partnern leistet jeder seinen eigenständigen Beitrag. Jeder ist verantwortlich für seinen Beitrag. Er arbeitet nicht »für mich«, sondern für das Ganze. Motivation und Commitment erwachsen aus der Harmonie zweier Menschen, die etwas
zusammen
leisten. Die Kooperationspartner sind. Partnerschaft ist, was Partner schafft.
    |203| Sie können Mitarbeiter nicht zwingen, Verantwortung zu übernehmen. Niemand kann jemandem Verantwortung übergeben, wenn dieser sie nicht will. Sie können nur
Bedingungen der Möglichkeit
schaffen. Fragen Sie sich: Unter welchen Bedingungen sind Sie selbst bereit, Verantwortung zu übernehmen? Die Antwort kennen Sie: in einer Atmosphäre des Vertrauens, des Dialogs, der Vereinbarung, in gegenseitiger Unterstützung und wechselseitigem Respekt.
    Wie aber verändern ohne Belohnen und Bestrafen?
    Lassen Sie den folgenden Satz für einige Augenblicke in sich wirken und prüfen Sie, ob er Ihnen etwas Wichtiges sagen kann:
    Kritik funktioniert nicht.
    Wenn es denn so ist: Warum funktioniert Kritik nicht? Die meisten von Ihnen werden spüren: So »konstruktiv« sich Kritik auch immer gebärden mag, Kritik tut immer weh. Kritik verletzt. Sie selbst hatten ja beste Absichten. Und nach wie vor halten Sie Ihr Verhalten für sinnvoll und den Umständen angemessen. Und da kommt ein anderer daher und sagt: Das ist nicht in Ordnung! Mit welchem Recht?
    Kritik tut zunächst deshalb weh, weil Sie möglicherweise vergessen haben, dass alle Urteile selbstbezüglich sind. Dass es nur subjektgebundene Konstruktionen von Wirklichkeit gibt. Sie glauben, das negative Urteil des anderen sagt etwas »Schlechtes« über Sie, dabei spiegelt es vor allem die Wahrnehmungs- und Bewertungsmuster dessen, der so urteilt. Dieser kann strenggenommen nur darüber Aussagen machen, wie er Sie
erlebt
. Nicht wie Sie
sind
. Wenn er sein Erleben offen macht, es Ihnen zur Verfügung stellt, nennt man das neudeutsch »Feedback«. Feedback sagt: »So erlebe ich dich.« Es sagt nicht: »Du sollst dich ändern.« Feedback ist keine Aufforderung, sich nach den Vorstellungen des Feedback-Gebers zu richten.
Feedback lässt die Wahl
. Feedback kommt aus dem Kontext des Dienens. Es stellt dem anderen Informationen zur Verfügung, über die der andere vielleicht bislang nicht verfügte. Es verkleinert den so genannten »blinden Fleck« im Selbstbild, weil das Selbstbild durch ein |204| Fremdbild ergänzt wird. Feedback eröffnet damit Lernmöglichkeiten.
    Wann aber wird Feedback zur Kritik? Dann, wenn der andere sich anmaßt, die
Wahrheit
über Sie zu sagen. Dann sagt er nicht mehr: »So erlebe ich dich«, sondern: »So
bist
du«. Dann verlässt er den Standpunkt subjektgebundener Perspektive. Er behauptet für sich ein Deutungsmonopol: »Ich habe hier das Recht, dich zu kritisieren.« Und er behauptet für sich einen bevorzugten Zugriff zu wahren Urteilen: »Ich weiß, was gut und richtig ist.« Die innere Einstellung des Kritikers ist die des Verfolgers, der sich im Wissen um absolute, subjektungebundene Maßstäbe wähnt. In Unternehmen wird daher das Feedback gleichsam »strukturell« zur Kritik, wenn es sich an hierarchische Macht koppelt.
    Kritische Vergeblichkeiten
    Aber noch ist nicht plausibel, wieso Kritik nicht funktioniert. Vier Gründe möchte ich anbieten:
    1. Feedback lässt dem anderen die Wahl, zu entscheiden, was er tut bzw. lässt. Wenn Sie aber jemandem sagen, dass er sich so verändern soll, wie Sie ihn haben wollen, machen Sie ihn zum Verlierer, erwarten Sie Unterwerfung. Kritik

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