Das Prinzip Uli Hoeneß
erschrecken.
Bis heute gerne und viel belächelt werden die Neueinkäufe des Jahres 1989. Hoeneß behauptete damals, man hätte den englischen Topstürmer Lineker bekommen können, aber der sei »nicht gut genug« gewesen. Stattdessen holte er Radmilo Mihajlovic und Alan McInally. Als sie ein furioses Debüt für den FC Bayern gaben und alle drei Tore zum 3:2-Sieg gegen den 1. FC Nürnberg schossen, schwärmte der Boulevard vom neuen Bayern-Angriffswunder »Mic & Mac«. Es war aber nur ein kurzes Strohfeuer. Der von den Fans als »McInully« verspottete Schotte brachte es auf immerhin zehn Tore und damit auf sechs mehr als Mihajlovic, bei dessen Darbietungen sogar Hoeneß von einer »Katastrophe« sprach.
Als der Bayern-Manager mit Blick auf solche fragwürdigen »internationalen Stars« gefragt wurde, ob er sein Augenmerk nicht lieber wieder verstärkt den Talenten aus der Region zuwenden müsse – schließlich sei man mit Spielern wie Augenthaler, Pflügler und Kögl ja auch sehr gut gefahren – erwiderte er, dass der regionale Aspekt als solcher für ihn überhaupt nicht zähle. »Das ist völlig überholt. Für mich zählt da nur gut oder schlecht. Wir würden auch einen Türken holen oder einen Neger.« 1991 kamen die ersten zwei dunkelhäutigen Spieler, die beiden als richtige Granaten angekündigten Brasilianer Mazinho und Bernardo. Der Mittelfeldspieler Bernardo brachte es auf ganze vier Einsätze und fiel nur außerhalb des Platzes als passabler Gitarrenspieler auf. Dem Stürmer Mazinho gelangen in der Katastrophensaison 1991/92 immerhin acht Tore, in der nächsten schoss er aber nur noch drei, und danach keines mehr. Ein Grund war möglicherweise, dass dieser Mazinho nicht jener Mazinho war, der später bei der WM 1994 in den USA im Mittelfeld des brasilianischen Siegerteams aufspielte; manch schadenfroher Bayern-Hasser ist bis heute überzeugt, Hoeneß habe sich den falschen Mazinho andrehen lassen.
Nach dem Einstieg des Duos Beckenbauer/Rummenigge ins Transfergeschäft jubelte Hoeneß über den damit verbundenen Schub, auch einmal etwas Großes zu wagen. »Solche Transfers wie McInally und Mihajlovic haben doch nur deshalb stattgefunden, weil ich nicht den Mut und die Power aufgebracht habe, einen Bebeto zu kaufen. Den hätten wir für sechs Millionen haben können, aber wir haben uns für das kleinere Risiko entschieden und für den gleichen Preis gleich zwei geholt. In der Hoffnung: Vielleicht kommt einer von den beiden durch. Wenn die beiden damals da gewesen wären, hätten wir nicht herumprobiert, sondern gesagt: Wir machen.«
Also machte man jetzt. Aber machte man es in den nächsten Jahren deswegen gleich besser, nur weil man mehr Millionen ausgab? Weder Marcel Witeczek (9 Tore / 97 Spiele) noch Alexander Zickler (54/232) wurden richtige Torjäger, Jean-Pierre Papin (3/27), Emil Kostadinov (7/27) und Ruggiero Rizzitelli (11/45) ebenfalls nicht. Der von den nackten Zahlen her erfolgreichste in der Riege der glücklosen Stürmer war noch der Kolumbianer Adolfo Valencia (11/26), der mit seiner Trefferquote (0,42) sogar einen Klassestürmer wie Claudio Pizarro (0,41) übertraf. Dennoch erwies sich Valencia eher als Lachnummer denn als eine wesentliche Verstärkung. »Ich war ganz nervös«, so Hoeneß nach der Erstbesichtigung der Qualitäten des neuen Stürmers, »wie der Kerl im Training zuerst die Bälle über das Tor geballert hat. Und da bin ich hin und hab’ ihm gesagt: So geht das nicht, der Ball ist rund …« Trotz seiner elf Treffer blieb Valencia vor allem wegen seiner zahlreichen Fehlschüsse im Gedächtnis. Bleibende Berühmtheit erlangte er durch Franz Beckenbauer, der die von Hoeneß gemachten Trainingsbeobachtungen komödiantisch auf den Begriff brachte: Der Kolumbianer sei kein Torjäger, sondern ein »Entlauber«, der sich beim Übungsschießen auf die Büsche und Bäume hinter dem Tor konzentriere. »Das war unser letztes Experiment mit einem Exoten«, atmete Hoeneß tief durch, als er den unorthodoxen Gärtner wieder los war. Neben dem falsch eingestellten Visier machte er für Valencias Scheitern vor allem dessen »Nicht-Integration« verantwortlich. Keinen Satz Deutsch habe er gelernt, monierte er. »Auch fehlte ihm die absolute Bereitschaft, für den FC Bayern das letzte Hemd zu geben.«
Aus seinen schlechten Erfahrungen mit »Direktimporten« aus Südamerika zog Hoeneß die Konsequenz, seine Einkaufspolitik in Sachen Nichteuropäer zu ändern. Die Bayern holten nur
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