Das Prinzip Uli Hoeneß
Verpflichtung von Marcell Jansen: Für 12 Mio. Euro kam der Abwehrspieler im Jahr 2007 aus Gladbach, für nur noch 8 Mio. wechselte er wenige Wochen später zum HSV.
Beim Kommen und Gehen der Bayern-Spieler versickerte manche Million im Nirgendwo. Sicherlich, der geschäftstüchtige Uli Hoeneß sorgte für ein dickes Festgeldkonto bei der Bayern-Hausbank – ein Transferplus allerdings hat er über die Jahre nicht erzielt, schon gar nicht bei den sportlichen Nieten. Rechnet man nach den bei »transfermarkt.de« veröffentlichten Daten alles grob zusammen, dann machten die Bayern seit der Saison 1989/90, als sie erstmals ganz dick auf dem Spielermarkt zuschlugen, im Schnitt pro Saison einen Verlust von rund 10 Mio. Euro. Einen Transferüberschuss erzielten sie nur in drei Spielzeiten, und nur ein einziges Mal, nämlich 1991/92, als man Stefan Reuter und Jürgen Kohler für insgesamt über 20 Mio. DM nach Turin zu Juventus verkaufte, machte man einen großen Millionengewinn.
Diese Zahlen wirken dramatisch, sind aber keineswegs zwingend ein Zeugnis für schlechtes Wirtschaften. Die Bayern sind nicht darauf angewiesen, so wie kleine Vereine – etwa die SpVgg Greuther Fürth – eine positive Transferbilanz zu erzielen, um ihren Etat zu retten. Sie können sich also Verluste durchaus leisten, da die Ausgaben durch andere Einnahmen gedeckt sind. Schließlich und nicht zuletzt: Sie haben Erfolg, zumindest national, und den gibt es eben nicht umsonst. Und abgesehen von all dem muss selbstverständlich darauf hingewiesen werden, dass langfristig weitaus erfolglosere Bundesligisten ebenso viele Millionen in den Sand setzten. Nur drei Beispiele für Top-Fehleinkäufe der Konkurrenz: Der 1999 von Borussia Dortmund für 12 Mio. DM verpflichtete Victor Ikpeba brachte es auf 30 Spiele und drei Tore; ähnlich war die Quote von Leverkusens 6,5-Millionen-Euro-Flop Jan Simak im Jahr 2004 (22/3); und selbst die für ihre guten Einkäufe gerühmten Bremer leisteten sich zur Saison 2007/08 mit Carlos Alberto einen Katastrophentransfer (8 Mio. Euro Ablöse, 2 Spiele, 0 Tore). Alle hatten mit ihren Versagern natürlich auch viel Geld verloren, am meisten Leverkusen, das Simak für lediglich noch 0,55 Mio. Euro zu Hannover 96 weiterreichen konnte. Die von Hoeneß als »Schuldenmeister« verhöhnten Dortmunder machten besonders furchterregende Verluste mit ihrem Rekord-Trio von 2001, den für insgesamt 100 Mio. DM verpflichteten Koller, Rosicky und Amoroso, die trotz zum Teil sehr ansprechender Leistungen im Weiterverkauf lediglich noch 20 Mio. DM (bzw. 10 Mio. Euro) einbrachten.
Alle langen sie also mal daneben, alle machen mal Transferverluste. Aber trotz solcher Relativierung kann man natürlich sagen: Die Transferpolitik hätte besser sein können, sportlich genauso wie im finanziellen Ergebnis. Während die Bayern meist Stars für hohe Ablösen verpflichteten, machte etwa Werder Bremen Nobodys häufig erst zu Stars – und verkaufte sie dann teuer weiter. Gerade der Vergleich mit Werder Bremen ist recht aufschlussreich: Beim direkten Handel mit dem Konkurrenten aus dem Norden verdiente stets Werder, während Bayern draufzahlte. Ein Beispiel ist etwa Claudio Pizarro: Der kam 1999 für 1,5 Mio. Euro aus Lima/Peru zu Werder; 2001 verkaufte ihn Manager Allofs offiziell für 8,2 Mio. Euro an die Bayern weiter, wobei allerdings laut »Spiegel« an dubiosen Hand- und sonstigen Geldern insgesamt fast 53 Mio. Euro – und damit »viel zu viel Geld für einen Profi, der nie zum Star wurde« – geflossen sein sollen: auf verzweigten Pfaden zwischen München, Bremen, dem Bayern-Ausrüster Adidas und einer Gesellschaft in der Steueroase Panama. Pizarro verließ die Bayern 2007 ablösefrei in Richtung Chelsea, von wo ihn die Bremer zunächst ausliehen und dann für 5 Mio. Euro erneut verpflichteten. Insgesamt ergibt sich eine regelrechte Schauerbilanz, die Hoeneß eigentlich die Zornesröte ins Gesicht treiben müsste. Nimmt man die sechs bekanntesten Spieler, die zwischen beiden Vereinen hin-und herwechselten – neben Pizarro waren das Andreas Herzog, Mario Basler, Valérien Ismael, Torsten Frings und Miroslav Klose –, so ergibt sich unter dem Strich (ohne Einberechnung nicht bestätigter Summen) für Werder Bremen ein Transfergewinn von über 25 Mio. Euro, für die Bayern hingegen ein Transferverlust von rund 36 Mio. Euro (die »Restverwertung« der noch aktiven Spieler Pizarro und Klose nicht einbezogen). Wer in diesen Fällen die
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