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Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Bausenwein
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habe man doch bereits große Erfolge in der »Nachzucht« vorzuweisen, und nun wolle man das eben noch ausbauen.
    Tatsächlich erwies sich der bundesligaerfahrene Gerland (VfL Bochum, 1. FC Nürnberg) als Glücksgriff. Seine Fähigkeiten als Talentscout brachten ihm schon bald den Ruf eines »Diamantenauges« ein. Eine der größten Entdeckungen des Bayern-Nachwuchstrainers war Samuel Osei Kuffour. 1991 hatte Kuffour im zarten Alter von 14 Jahren mit Ghana die U17-Weltmeisterschaft gewonnen, worauf er vom AC Turin verpflichtet worden war. Im Herbst 1993 fand er den Weg nach München, trotz der Skepsis von Uli Hoeneß. Der Manager hatte dem Transfer erst zugestimmt, als Gerland seine Bereitschaft erklärte, die fällige Ablöse in Höhe von 50.000 DM notfalls aus eigener Tasche zu bezahlen. Kuffour stand bald außerhalb jeder Diskussion und wurde als Dauerbrenner in der Bayern-Abwehr (175 BL-Spiele bis 2005) zu einem nun auch von Hoeneß – manchmal sogar mit einem hymnischen »großartig« – gelobten Spieler. Dass solche Erfolgsstorys nicht beliebig wiederholbar sind, zeigte sich wenig später bei den beiden ghanaischen U17-Weltmeistern von 1995, Emanuel Bentil und Christian Saba. Beide gehörten zwar vorübergehend dem Profikader an, schafften den Durchbruch jedoch nie.
    Statt Afrikanern gelang »Eingeborenen« wie Christian Nerlinger, der bereits als Vierzehnjähriger beim FC Bayern kickte, oder Dietmar Hamann, der als Junior von Wacker München zu den Bayern gestoßen war, der Sprung in die Stammelf. Mit dem 59-maligen Nationalspieler Hamann, der 1997 zu Newcastle United wechselte, erzielten die Bayern später einen äußerst respektablen Transfergewinn von 14 Mio. DM. Die höchste Ablöse, die jemals für einen Bundesligaspieler gezahlt wurde, erbrachte im Jahr 2007 der ehemalige Bayern-Jugendkicker und spätere englische Nationalspieler Owen Hargreaves. Der Kanadier mit englischem Pass war als Fünfzehnjähriger von einem Talentspäher der Bayern bei den Calgary Foothills entdeckt und nach München gelockt worden. Bereits als Zwanzigjähriger hatte er 2001 einen großen Anteil am Champions-League-Gewinn der Münchner und war fortan aus dem Bayern-Mittelfeld kaum mehr wegzudenken. Hoeneß hatte sich lange gesträubt, den Leistungsträger zu seinem Wunschverein Manchester United ziehen zu lassen. Die von ManU gebotenen 25 Mio. Euro seien keine Überlegung wert, behauptete er, erst bei 102 Mio. Euro würde er ins Grübeln kommen. »Owen kriegt auf keinen Fall die Freigabe. Er muss lernen, Entscheidungen von Leuten, die ihm vorgesetzt sind, zu respektieren.« Owen bewies Hoeneß zum Trotz keinen Respekt.
    Scouts in aller Welt
    Jupp Heynckes lobte nach dem Champions-League-Sieg im Jahr 2001 die Einkaufspolitik der Bayern über alle Maßen: »Die Bayern sparen durch Informationsvorsprung Geld: Sie holen neben überdurchschnittlichen und erfahrenen Bundesligaprofis vielversprechende Talente, die ihren Marktwert binnen weniger Spiele um das X-fache steigern. Die Bayern sind nicht nur Fußballfachmänner, sondern auch Kopf- und Kaufleute.« Ganz anders sah es die »Berliner Zeitung«, die das Verhalten der Bayern auf dem Transfermarkt als »altbacken« und »berechenbar« beschrieb. »Zuerst kaufen die Münchner die Liga leer. Jeden Kicker der Konkurrenz, der eine ordentliche Saison spielt und dessen Verpflichtung risikoarm erscheint, ködern sie mit einem Vertrag. Dann schauen sie kurz beim eigenen Nachwuchs: Versteckt sich dort ein Talent? Nein? Dann schicken die Münchner ihre Scouts hinaus in die Welt. Aber deren Erfolg ist übersichtlich.« Tatsächlich konnten jugendliche Zugänge mit ihren späteren Leistungen selten den vollmundigen Ankündigungen und Versprechungen gerecht werden. Viele Spieler, denen man eine große Zukunft prophezeit hatte, wurden bei den Bayern sehr schnell ganz klein und verließen den Verein bald wieder beinahe unbemerkt durch den Hinterausgang.
    Im Jahr 1995 übernahm der Ex-Profi Wolfgang Dremmler als Chefscout der Bayern die Koordination der Arbeit von etwa 20 weiteren Scouts, die in der Region um München, in Deutschland und in vielen Ländern der Welt – in Brasilien etwa ist heute Giovane Elber tätig – nach vielversprechenden Talenten Ausschau halten. »Wolfgang macht praktisch die Vorauswahl von Tausenden von Spielern, und wir schauen sie uns dann anschließend genauer an«, erläuterte Uli Hoeneß die weitere Vorgehensweise. So furchtbar genau wollte er es aber

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