Das Prinzip Uli Hoeneß
hatte, wurde aus ihm nie. Zum Torschützenkönig avancierte er erst zum Abschluss seiner Karriere in der Saison 2006/07 – bei Red Bull Salzburg in Österreich.
Wie es mit der Talenteschmiede FC Bayern weitergeht, muss man abwarten. Im Kader 2008/09 stehen mit Schweinsteiger und Lahm junge Spieler aus der Region, die bereits zu Stars geworden sind. Andere – wie Lell, Ottl und Rensing – lobte Hoeneß als Spieler mit Perspektive, wobei es allerdings nach dem Leistungsstand von 2009 eher zweifelhaft ist, dass sie jemals in der ersten Reihe stehen werden. Immerhin, fest steht: Es tut sich wieder etwas im Jugendbereich, in dem lange Jahre eine Flaute geherrscht hatte. Seit einiger Zeit gibt es auch eine Partnerschaft des FC Bayern mit einer Reihe von kleinen bayerischen Vereinen wie dem ASV Dachau oder dem FC Vilshofen, um möglichst frühzeitig vielversprechende Talente ausfindig zu machen.
»Heute bringt der Nachwuchs ein gewisses Grundpotenzial von früher gar nicht mehr mit, der Spielwitz am Ball fehlt bei fast allen«, hatte nicht nur Uli Hoeneß Ende der achtziger Jahre erkannt. Da das natürliche Spielerreservoir, das sich einst auf der Straße und Wiese von selbst entwickelte, in Deutschland versiegt schien, war man beim DFB im Lauf der neunziger Jahre mit verschiedenen Jugendförderprojekten dazu übergegangen, die Entwicklungsprozesse künstlich anzustoßen. Uli Hoeneß war einer von denen, die sich am lautesten beklagt hatten über das Fehlen einer »Straßenfußballermentalität« und über die brachliegende Talentförderung beim DFB. Im Jahr 2009, da der DFB im Jugendbereich sämtliche Europameistertitel abräumte, zeigten sich die Ergebnisse der Maßnahmen in beeindruckender Weise. Uli Hoeneß hatte schon zwei Jahre zuvor erfreut die Entwicklung kommentiert. Es gebe wieder mehr Talente, meinte er mit Blick auf Newcomer wie Toni Kroos, »die mit dem Ball umgehen können, die den Ball auch aus dem Spielfluss heraus bewegen können – es bessert sich allmählich«. Zu einem Klub wie dem FC Barcelona freilich, seit Jahren ein Vorbild in effektiver Jugendarbeit, hatte sein FC Bayern noch viel Luft: In der Formation von »Barca«, die beim Abpfiff des grandiosen 4:0 gegen indisponierte Münchner im April 2009 auf dem Feld stand, befanden sich nicht weniger als sieben virtuose Kicker, die in der vereinseigenen Jugendabteilung groß geworden waren.
Welche Talente künftig zu neuen Galionsfiguren avancieren können, bleibt abzuwarten. Sicher wird der FC Bayern weiterhin der Verein mit den meisten Nationalspielern sein, da er seit der Renaissance der Nationalelf rund um die WM-Hysterie von 2006 verstärkt darauf achtet, die jüngsten und perspektivisch vielversprechendsten deutschen Kicker an den FC Bayern zu binden. Die Frage ist allerdings, ob die Qualität solcher Spieler allein ausreichen wird, um in der Spitze des europäischen Vereinsfußballs mitzuhalten. Die Entwicklung von ausländischen Talenten, die dazu nötig wäre, ist dem FC Bayern bis heute kaum einmal gelungen. Und so ist die Kritik am Auslands-Scouting der Bayern, die der Ex-Bayern-Golfspieler Thomas Berthold im Frühjahr 2007 äußerte, durchaus bedenkenswert. »Für einen Haufen Geld werden immer wieder Spieler geholt, die schon vorher in der Bundesliga rumgelaufen sind«, sagte der Weltmeister von 1990. »Eine Entdeckung aus Südamerika oder Afrika? Fehlanzeige! Das, was die Bayern betreiben, ist alles, nur kein Scouting.« Tatsächlich hat der FC Bayern bei Auslandstransfers, von Ausnahmen wie Kuffour und Hargreaves abgesehen, in der Regel nur mit fertigen Spielern Erfolg gehabt. Selbst in den Fällen der Perspektivspieler Santa Cruz, Rau und dos Santos ist es eigentlich nicht gerechtfertigt, von einem »Talentscouting« zu sprechen: Alle drei waren zum Zeitpunkt ihrer Verpflichtung bereits Nationalspieler – und demzufolge nicht eben schwer zu »entdecken«. Gelungenes Scouting aber bedeutet, Spieler in jungen Jahren und zu einem Zeitpunkt zu holen, wenn sie eben noch keine Stars sind. Man hätte also beispielsweise einen 20-jährigen Roy Makaay von Vitesse Arnheim oder einen 20-jährigen Ribéry von Olympique Alès für kleines Geld holen müssen – statt einen 28-jährigen Top-Torjäger für 19,75 Mio. Euro von Deportivo La Coruna und einen 25-jährigen Superstar für 25 Mio. Euro von Olympique Marseille zu verpflichten.
Man könnte auch noch jüngere Spieler holen. So wie Arsène Wenger vom FC Arsenal, der Cesc Fabregas
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