Das Prinzip Uli Hoeneß
Autogrammstunde reiste (Gage: 3.000 DM) und dafür das Training schwänzte. Neudecker tobte, als er davon erfuhr, und belegte Hoeneß für das nächste Spiel in Bochum mit einem Auftrittsverbot (Bayern verlor 0:3). Auch Franz Beckenbauer hatte nun allmählich genug von solchen Sperenzchen. Er hielt die Geschäftstüchtigkeit seines Mitspielers nicht nur für fragwürdig, sondern vor allem für wenig leistungsfördernd. Unverblümt kritisierte er die »Verbissenheit«, mit der Uli Hoeneß nach dem Geld schiele. »Machst du zu viel nebenbei, gibst du nur noch Autogrammstunden – dann wirst du bald merken, dass der Schuss nach hinten losgeht. Es ist ganz einfach: wenn Fußball nicht mehr die Hauptsache für dich ist, sondern Geld, dann bringst du bald eine sehr schlechte Leistung.«
Paul Breitner, der mit Werbeverträgen für Maggi, Coca-Cola, Trumpf und Nestlé kaum weniger verdient hatte als sein ehemaliger Zimmergenosse, hatte nach der WM mit seinem Wechsel zu Real Madrid den direkten Weg zum Geld gesucht: Drei Millionen brachte ihm sein Dreijahresvertrag bei den »Königlichen« ein. Der Großverdiener wollte bald auch seinen alten Kumpel zum Wechsel überreden, und tatsächlich sollten sich zwei Jahre später die Gerüchte verdichten, dass Hoeneß demnächst im weißen Trikot Reals auflaufen könnte. Doch dann entschied sich Breitner für eine Rückkehr nach Deutschland, und Hoeneß verkündete, dass er seinen bis 1978 laufenden Vertrag bei den Bayern erfüllen wolle. Ausschlaggebend für seine Entscheidung war wohl die Befürchtung, dass er durch den Wechsel die Anwartschaft auf einen Platz in der Nationalmannschaft einbüßen könnte. »Legionäre« waren damals beim DFB sehr unbeliebt, und das hatte auch Breitner zu spüren bekommen, der es während seiner Real-Zeit lediglich zu zwei Länderspielberufungen brachte. »1978 bin ich 26«, kalkulierte Hoeneß, »dann kann ich immer noch im Fußball großes Geld verdienen.«
Da er mit seinem in München erzielten Gehalt nie zufrieden war bzw. seine Fußballeinnahmen immer nur als »Basis« betrachtete, ließ er sich nach dem Motto »Kleinvieh macht auch Mist« weiterhin keinen Zusatzverdienst entgehen. So schloss er etwa für ein Honorar von rund 1.500 DM jährlich einen Vertrag ab, der ihn verpflichtete, an Veranstaltungen teilzunehmen: Autogrammstunden, Diskussionen, ein Schüler-Fußballspiel zu pfeifen, ein Training zu leiten bei einem Amateurverein – oder auch mal die Gewinner eines Preisausschreibens zum »Frühstück mit Uli Hoeneß« einzuladen, bei dem Susi im trauten Heim Brötchen und Leberkäse auftrug. Begeistert war sie nicht gerade von den fremden Eindringlingen, aber sie trug alle Entscheidungen ihres Mannes mit. Immerhin hatte der gewisse Kriterien aufgestellt und war nicht zu allem bereit. Für alles werde er sich nicht hergeben, meinte er, und sicherte sich daher, als er seine Werberechte an eine Agentur vergab, ein Mitspracherecht. Jugend- und Freizeitmode passe zu ihm, war er überzeugt, eine Versicherung ebenso, vor allem aber eine Bank. Wer für eine Bank werbe, der müsse solide sein und mit dem Geld umgehen können. Und wer wäre da als Repräsentant besser geeignet als er, der Mann mit dem riesigen Sparkonto, der Mann mit den stattlichen Geldanlagen, der Mann, der trotz aller innovativen Geschäftsideen nie ein Risiko einging und mithin alles Materielle achtsam behandelte, sogar seinen Porsche, den er zur Schonung in jedem Winter abmeldete? Geld allein macht nicht glücklich – der Satz mochte schon stimmen. Aber es stimmte auch, dass Geld für einen wie Uli Hoeneß unabdingbare Voraussetzung für Glück war und blieb. Je vielfältiger die Quellen waren, aus denen es floss, desto unabhängiger machte es ihn. Und materielle Unabhängigkeit zu erreichen – das empfand der Metzgersohn als Grundmodul eines gelungenen Lebens.
Das Ende bei den Bayern
Die Saison 1978/79 war die letzte des Spielers Uli Hoeneß und die wohl turbulenteste in der Geschichte des FC Bayern München überhaupt. Im Sommer kehrte Paul Breitner nach drei Jahren in Madrid und einem recht unbefriedigenden Intermezzo in Braunschweig nach München zurück. Den Transfer hatte Uli Hoeneß durch seine Kontakte zur Ulmer Firma Magirus Deutz möglich gemacht: 600.000 DM der Ablöse von insgesamt 1,96 Millionen steuerte Magirus Deutz als neuer Trikotsponsor bei. Erhalten habe Hoeneß diese Summe nur unter der Voraussetzung, sie ausschließlich für seinen Transfer zu
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