Das Prinzip Uli Hoeneß
tatsächlich so etwas wie ein neues Real, allerdings nur ein verkleinertes. Der FC Bayern fuhr zwar jede Menge deutsche Meisterschaften und Pokalsiege ein, international aber scheiterte er bei der Jagd nach dem höchsten Titel immer wieder. Bis der ganz große Triumph, der Gewinn der »Königsklasse«, der Champions League, endlich gelang, gingen 22 lange Jahre ins Land.
Dennoch: Anlass, stolz zu sein auf sein »Real München«, hatte der Bayern-Manager trotz dieses Mangels genug. Heute besitzt der FC Bayern, so Uli Hoeneß im Sommer 2009, nicht nur ein tolles Stadion und ein riesiges Vermögen, sondern er hat auch »eine Infrastruktur, wie es sie wahrscheinlich auf der ganzen Welt nicht mehr gibt«. Tatsächlich ist das mehrfach modernisierte Trainings- und Betreuungsgelände selbst nach allerhöchsten internationalen Maßstäben erstklassig. Zur Sicherstellung von höchster Bequemlichkeit und zur angemessenen Repräsentation bei Auswärtsspielen steht ein supermoderner Reisebus zur Verfügung. Ins Ausland kann man mit einem auf den Namen »FC Bayern« getauften A 321 der »Aero Lloyd« fliegen, und natürlich ist auch das Auftreten des Teams auf Niveau getrimmt. Der FC Bayern ist Teil der besseren Gesellschaft, im vielköpfigen Kreis der Edelfans versammeln sich die Größen aus Wirtschaft, Politik und Kultur. Seit der Eröffnung der Allianz Arena im Jahr 2005 haben die Bayern auch ein Stadion, das Hoeneß’ Vorstellungen von der Spielstätte eines Weltvereins à la Real Madrid entspricht. Und der Anspruch, sportlich mit Real gleichzuziehen, scheint heute ebenfalls so gut wie erfüllt – jedenfalls wenn man Hoeneß’ persönliche Bilanz gegen die »Königlichen« als Maßstab heranzieht. Nur zweimal trat er als Spieler gegen Real an (das war 1976 im Europapokal der Landesmeister), als Manager traf er dann bis 2007 insgesamt 16-mal auf das Team des spanischen Vorzeigeklubs: Zehn Spiele gewannen die Bayern, zweimal trennte man sich unentschieden, sechs Mal gingen die Bayern als Verlierer vom Platz. Gegen kaum einen Verein hat Real eine schlechtere Bilanz – kein Wunder, dass die Bayern in Madrid als »schwarze Bestie« (la bestia negra) berühmt bzw. berüchtigt wurden. Aber selbst diese Erfolge im direkten Vergleich mit dem großen Vorbild genügten nicht, um mit ihm gleichzuziehen. Es fehlten die Titel in der Champions League, es fehlte die königliche Grandezza, und es fehlte das Geld.
Das Gebot des sparsamen Schwaben
Am Ursprung der Erfolgsgeschichte des von Uli Hoeneß gemanagten FC Bayern steht kein Millionen-Vermögen. Im Jahr 1979 hatten die Bayern nämlich kein Geld, sondern Schulden, die der Nachfolger Robert Schwans als dessen Erbe hatte übernehmen müssen. Sein Vorgänger, behauptete Uli Hoeneß, habe einmal auf dem Rückweg von einer Tournee in Südamerika das Flugzeug bei der Zwischenlandung in Zürich mit einem Geldkoffer verlassen. So etwas schien öfters passiert zu sein, und deswegen kam es zu Nachzahlungsforderungen des Finanzamts – es waren mehr als 3,5 Mio. DM. Nun aber sollte alles ehrlich werden. »Wir haben keine Lust mehr, Steuerprobleme zu kriegen, diese Wild-West-Zeiten im Fußball sind vorbei«, zeigte sich der neue Bayern-Manager entschlossen und begann, unermüdlich sein Credo herunterzubeten: »Ich bin Schwabe, ich mache keine Schulden, ein Geschäft auf Kredit ist nicht mehr mein Geschäft.« Uli Hoeneß fand seine »eigentliche Triebfeder« darin, »mit dem FC Bayern auf einer wirtschaftlich gesunden Basis erfolgreich zu sein.« Nur: Als er die Geschäfte übernahm, hatte er ja neben den Schulden noch ein zweites Problem, nämlich keine Mannschaft. Da er auf dem Transfermarkt nicht untätig bleiben konnte, war ein weiterer Anstieg der Schulden daher zunächst leider nicht zu vermeiden. »Ich möchte irgendwann in einer absehbaren Zeit mit unserer Bank nicht mehr über Verbindlichkeiten reden müssen«, stöhnte er angesichts der auf 7 Mio. DM angestiegenen Verbindlichkeiten im Jahr 1982, »sondern darüber, wie wir unser Vermögen anlegen.«
Sein Bekenntnis zur Schuldenfreiheit wiederholte der Sparmeister auf dem Chefsessel in der Säbener Straße in den über 30 Jahren seiner Amtszeit bis zur Ermüdung aller Zuhörer. Tatsächlich schaffte er es in erstaunlich kurzer Zeit – zunächst durch eine geschickte Transferpolitik, später vor allem durch ein ausgesprochen innovatives Vorgehen beim Erschließen immer neuer Einnahmequellen –, die Bayern auf eine gesunde
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