Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Bausenwein
Vom Netzwerk:
finanzielle Basis zu stellen. Die Prinzipien, denen er dabei folgte – fleißig sein, sparsam bleiben, keine Schulden machen –, glichen den Betriebsgepflogenheiten, die er in der elterlichen Metzgerei kennen gelernt hatte. »Der FC Bayern München hat ein führendes Wirtschaftsmodell für den Fußball entwickelt: Indem er die Prinzipien des klassischen deutschen Mittelständlers auf den Sport übertragen hat«, schrieb die »SZ« im Juni 2006. Die Eigenkapitalquote, die im deutschen Mittelstand bei durchschnittlich etwa 20 Prozent liegt, entwickelte sich bei den Bayern geradezu phänomenal, lag zwischenzeitlich bei über 70 Prozent. Im Lauf der Jahre häufte der sparsame Hoeneß Gewinne an, die das berühmte Festgeldkonto der Bayern bei ihrer Hausbank HVB in der Spitze auf rund 150 Mio. Euro anwachsen ließen. Nachdem sie einmal den Schuldenberg abgebaut hatten, blieb die ökonomische Handlungsfähigkeit der Bayern stets gewahrt, investiert wurde fast immer nur aus dem »Cashflow«, und um sich nie zu verheben, kalkulierte man bei jeder Saisonplanung sicherheitshalber nur mit Einnahmen, die weit unter dem Erwartbaren lagen. Anders als andere Topklubs in Europa, die heute hochverschuldet sind oder durch einen Großinvestor alimentiert werden, haben die Bayern finanziell keinerlei Probleme.
    »Andere Vereine müssen 17 Bankauskünfte einholen, ehe sie Transfers tätigen«, erzählte Hoeneß immer wieder genüsslich: »Wir wissen, dass wir überall hinfliegen können, einen Scheck austeilen und fertig.« Ein gutes Gefühl, gewiss. In seiner Weigerung, Schecks mit großen Summen auszustellen, stattdessen kritische Überlegungen zum Preis-Leistungs-Verhältnis vermeintlicher Stars anzustellen und den Weg der betriebswirtschaftlichen Solidität nie zu verlassen, steckte aber auch ein Problem. Die vom FC Bayern unter Vertrag genommenen Stars waren meist vergleichsweise günstig, entpuppten sich aber im internationalen Vergleich in der Regel eher als zweite Liga. Er werde nie die Existenz des FC Bayern aufs Spiel setzen, um populistische Forderungen zu erfüllen, entgegnete er den Rufen nach Superstars, erstens hätten die Bayern keinen Geldscheißer, und zweitens werde der Transfermarkt von »Wahnsinnigen« bestimmt; und wenn seine Vorstandskollegen immer wieder mal durchdrehten und nach einem richtig teuren Hammer-Spieler riefen, malte er als nie ermüdender Mahner den drohenden Pleitegeier an die Wand.
    Da das Potenzial der Bayern nur für nationale Titel reichte, selten aber für internationale Triumphe, musste sich der Bayern-Manager in beinahe stupider Regelmäßigkeit von Medienvertretern die Frage gefallen lassen, ob die Transferpolitik des FC Bayern nicht doch etwas zu bescheiden sei. Dem entgegnete Hoeneß dann mit dem immergleichen Mantra, dass die finanziellen Möglichkeiten des FC Bayern gegenüber den Topadressen Spaniens, Englands und Italiens schlicht und einfach begrenzt seien. Als Ursachen für die ungleichen Verhältnisse nannte er unter anderem deren höhere TV-Einnahmen, ein ausgeprägtes Mäzenatentum sowie eine ebenso hemmungs- wie verantwortungslose Bereitschaft, sich in Schulden zu stürzen. An dieser Situation ließ sich grundsätzlich nicht allzu viel ändern. Um eine Erhöhung der Fernseheinnahmen kämpfte Uli Hoeneß pausenlos, aber das war eine zähe Angelegenheit; fußballverrückte Millionen-Spender gab es in Deutschland kaum, und wer die Verpflichtung von Spitzenspielern auf Pump forderte, der hatte seiner Ansicht nach schlicht und einfach nicht alle Tassen im Schrank.
    Uli Hoeneß wollte nicht nur sportlich so dominant werden wie einst Real Madrid, sondern zudem keine Schulden machen, so wenig Geld ausgeben wie möglich und gleichzeitig ein dickes Festgeldkonto anhäufen. So ungeheuerlich und letztlich unerfüllbar dieser Anspruch war – Hoeneß mochte sich nie von ihm verabschieden. Er machte die Bayern zum finanziell gesündesten Verein Europas, konnte aber nie den sportlichen Vorsprung der mit Millionen um sich werfenden europäischen Spitzenvereine aufholen. Voller Trotz pochte er immer wieder darauf, dass seine Methode letztlich Erfolg haben werde. Und immer dann, wenn der Erfolg wieder einmal ausgeblieben war, sang er seinen Refrain der Frustration: Ein solide geführter Verein wie der FC Bayern habe keine Chance gegen die Millionen-Verschwender aus Südeuropa und England, aber die Zeit der Gerechtigkeit werde kommen, da die Konkurrenz von ihren Mäzenen im Stich gelassen oder

Weitere Kostenlose Bücher