Das Prinzip Uli Hoeneß
Zidane, dennoch würde er aber selbst für einen solch außergewöhnlichen Könner keinesfalls den finanziellen Ruin in Kauf nehmen. Sportlicher Erfolg, der durch Misswirtschaft gekennzeichnet sei, habe für ihn keinen Stellenwert, ätzte er spitz gegen den Champions-League-Sieger von 2000 und 2002, der zu diesem Zeitpunkt bereits mit über einer halben Milliarde DM verschuldet war und nur so seinen »unglaublichen Mythos« habe wahren können.
Und die Bayern? Die hatten 2001 ohne einen Figo oder Zidane die Champions League gewonnen! Der Ruf des FC Bayern hänge nicht davon ab, dass er Spitzenreiter bei den teuren Transfers sei, hatte Hoeneß einmal gesagt. Auch der Erfolg schien nicht davon abzuhängen. Es war eben doch nicht unbedingt nur das Geld, das Tore schoss.
Die ewige Frage, ob Geld Tore schießt
Dass auch ein relativ geringer Aufwand großen Ertrag bringen kann, hatte sich eigentlich schon 1999 gezeigt, als die Bayern mit einem Transfervolumen von 30 Mio. DM bis ins Finale der Champions League gekommen waren. Das mit den Millionen des Ölmagnaten Massimo Moratti versorgte Inter Mailand hingegen hatte keinerlei Erfolge nachzuweisen. 400 Millionen – und nichts gewonnen. »Mit dem Kopf gegen die Wand springen« würde er, höhnte Hoeneß, wenn er der Herr Moratti wäre, der Inter-Mäzen. »Geld schießt nicht zwingend Tore«, lautete die These, die den Millionenverschwendern entgegenzuschleudern war, und sie ließ sich mit zahlreichen weiteren Beispielen belegen. Der FC Barcelona etwa, seit Jahren eines der finanz- und spielstärksten Teams in Europa, hatte zu diesem Zeitpunkt gerade mal einen Sieg in der Königsklasse zu verzeichnen. Und wie stand es mit Manchester United, dem reichsten Verein der Welt? Die Engländer hatten zwar 1999 mit viel Glück Bayern geschlagen, aber auch ManU schien es nicht zu gelingen, sich über Jahre in der Spitze zu etablieren; würde die Regel »Geld schießt Tore« dauerhaft gelten, dann müsste Manchester United alles gewinnen, was es zu gewinnen gibt. Der Schluss daraus: Man kann auch mit noch so viel Geld den Triumph nicht planen; man kann ohne ganz großes Geld erfolgreich sein; was zählt, ist letztlich weniger die Qualität der einzelnen Spieler als die ihres Zusammenwirkens, die der Mannschaft also.
Es freue ihn »diebisch«, meinte Hoeneß einmal, wenn er mit den Investitionen, wie der FC Bayern sie leistet, einen der mit Millionen gestopften Klubs schlagen könne. Und eine gewisse Schadenfreude bereitete es ihm, wenn er die Verschuldung jener Klubs sah, die ohne entsprechende Mäzene mit den Millionen spielten. Überall, vor allem in Italien und Spanien, sah er Anfang des neuen Jahrtausends die Verluste steigen und damit die Schulden wachsen, und er sah sich bestätigt in dem, was er schon seit Jahren predigte, nämlich dass allen, die über ihre Verhältnisse lebten, irgendwann die Luft ausgehe. »In Spanien können 60, 70 Prozent der Klubs nicht mehr so große Brötchen backen, in Italien 80 Prozent.« Es war richtig, meinte Uli Hoeneß, in München nur die mittleren Brötchen zu backen. Die Bayern standen auch ohne 100-Millionen-Transfers gut da, waren sportlich dabei und finanziell mit den besten Perspektiven ausgestattet.
Nur, und das war der Haken: Der Erfolg der Bayern ließ sich, wie die nächsten Jahre zeigen sollten, mit dem vorhandenen Geld nicht auf Dauer stellen. Und: Der Kollaps der großen Vereine ließ weiter auf sich warten. Auch der von Real Madrid. Real, das einstige große Vorbild, das 2003 zur Finanzierung der neuesten Supertransfers für 700 Mio. Euro sein Trainingsgelände verkauft hatte, mochte Hoeneß jetzt freilich eher verachten denn bewundern. »Wenn ich solche Dinge mache, dann sind sie vorher genau überlegt. Es kann doch nicht sein, dass Real Madrid mit dem Trainingsgelände sein Tafelsilber verkauft, aber trotzdem noch 300 Millionen Euro Schulden hat und dann einen David Beckham für 35 Millionen Euro von Manchester United verpflichtet.« Neidisch sei er freilich trotzdem nicht. »Wenn die Herren von Real Madrid mir morgen beweisen, dass sie das Ganze, was sie stemmen, ohne Verluste zu machen hinbekommen, dann ziehe ich vor ihnen den Hut und küsse ihnen die Füße. Aber nicht, wenn sie wie in der vergangenen Saison 80 Millionen Euro Verlust machen.« Inzwischen war Real, das trotz allen Geldes seit 2002 keinen Erfolg mehr in der Königsklasse erreichen konnte, selbst sportlich nicht mehr besser. Uli Hoeneß freute sich, denn das
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