Das Prinzip Uli Hoeneß
besorgten Fans. Die Hardcore-Fans stehen zu Hitzfeld.« Die Führung des FC Bayern, insbesondere Franz Beckenbauer, tat das jedoch ganz offensichtlich nicht mehr. Die Gerüchteküche um eine vorzeitige Entlassung des vierfachen Meistertrainers köchelte weiter, bis Hoeneß das Ehepaar Hitzfeld zum 17. Mai für ein Abendessen in sein Reihenhaus nach Ottobrunn einlud und dem Trainer dort reinen Wein einschenkte. Tags darauf teilte Hoeneß der Presse mit, dass Hitzfelds Zeit als Trainer des FC Bayern nach sechs erfolgreichen Jahren am Saisonende vorzeitig beendet sei und dieser die Entlassung akzeptiert habe. Man habe mit Felix Magath bereits seit einigen Wochen einen Vertrag ab 1. Juli 2005, der Verein werde nach dem Weggang des bisherigen Trainers jedoch versuchen, Magath schon früher nach München zu holen. Ausschlaggebend für die Entlassung sei das 1:3 gegen den designierten Meister Werder Bremen gewesen. »Das Spiel hat die Welt verändert. Da ist mir klar geworden, dass wir nicht noch ein Jahr durchstehen. Nach dem Spiel fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Es geht nicht«, sagte Hoeneß. Die Bayern sicherten sich im letzten Saisonspiel mit einem 2:0 gegen Freiburg immerhin noch Platz zwei und damit die direkte Qualifikation zur Champions League.
Die Art und Weise der Entlassung wurde in den Medien sowie innerhalb des Vereins kontrovers diskutiert, zu einem Zerwürfnis zwischen Hoeneß und Hitzfeld kam es jedoch nicht. »Ich muss die Entscheidung akzeptieren«, sagte Hitzfeld, er sei jederzeit über den Stand der Dinge informiert gewesen. »Es waren tolle Jahre mit großartigen Erfolgen. Das Positive wird überwiegen.« Und Hoeneß resümierte, für ihn sei es sehr wichtig gewesen, dass trotz des Trainerwechsels seine Freundschaft zu Hitzfeld »unangetastet« geblieben sei. Das waren keine leeren Worte, denn nur drei Jahre später kehrte Ottmar Hitzfeld als Nachfolger seines vorzeitig abgelösten Nachfolgers Felix Magath wieder nach München zurück. Der neue alte Trainer konnte für den Rest der Saison 2006/07, die titellos blieb, keine Wunder bewirken. In der nächsten Spielzeit zeigte sich dann die Qualität der hochkarätigen Neueinkäufe in einigen brillanten Spielen, aber als sich die Leistungen nach einiger Zeit wieder weniger glänzend darstellten und sich der fortschreitende Verfall der Spielkultur an den immer tiefer werdenden Leidensfalten im Gesicht des Schmerzens-Ottmars am Spielfeldrand ablesen ließ, hatten die Kritiker wieder Hochkonjunktur. Der böseste Bube war diesmal Karl-Heinz Rummenigge. Immer wieder hielt er den Trainer zum Hinterfragen seiner Rotationspolitik an, und besonders heftig tat er das im November 2007 nach einem matten 2:2 im UEFA-Pokal gegen die Bolton Wanderers: Fußball sei »keine Mathematik«, klärte er den ehemaligen Mathe-Lehrer auf dem Trainerstuhl des FC Bayern auf. Uli Hoeneß’ Versuch, von der Diskussion um seinen Trainer-Freund abzulenken, schlug fehl, und so trat Hitzfeld schließlich die Flucht nach vorne an. Am 19. Dezember verkündete er, dass er zum Saisonende aufhören werde – und holte auf die gewohnt coole Mathematiker-Art noch seinen fünften Bayern-Meistertitel.
Eine distanzierte und rätselhafte Beziehung
Seine Freunde Heynckes, Trapattoni und Hitzfeld hat Uli Hoeneß bis zuletzt verteidigt. Auch für Hitzfelds Nachfolger Felix Magath fand er positive Worte – nur klangen die immer ein wenig seltsam, so, als ob er gar nicht wüsste, mit wem er es da eigentlich zu tun hatte. Hoeneß war erst skeptisch, als Magath im Sommer 2004 seine Spieler nach guter alter Trainerväter Sitte am Wallberg überm Tegernsee zu konditionellen Spitzenleistungen peitschte, zeigte sich dann aber nach den ersten Erfolgen recht begeistert. »Mit Magath kamen frische Ideen, ein neuer Stil in den Arbeitsalltag des FC Bayern. Das Faszinierende an unserem Sport ist ja, dass es so viele Wege zum Erfolg im Fußball gibt.« Von der Trainingslehre und vom taktischen Knowhow her sei alles da, nur an der ewig krittelnden, griesgrämigen Art des Neuen stieß er sich noch ein wenig. »Sähe er im Spieler noch mehr den Partner, täte ihm das auf Dauer gut. Da hängt er meines Erachtens noch stark der Ära Happel und Zebec nach, unter denen er beim Hamburger SV Spieler war. Das war die Zeit, in der mehr als heute mit dem Instrument Druck gearbeitet wurde. Ich versuche ihn in unseren oft intensiven Diskussionen davon zu überzeugen, dass man aus dem Spieler als Partner auch alles
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