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Das Programm

Titel: Das Programm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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Markteintritt werden niedriger, und wir müssen uns auf unsere Kernkompetenzen besinnen, um zu überleben. Ich frage mich, wie Sie die definieren?«
    Stahls Augen glühten auf. Wie das Ende seiner Zigarre.
    »Hören Sie zu, mein Junge, ich werde Ihnen jetzt sagen, wie wir überleben. Die meisten von euch werden Geld für mich verdienen, ‘ne Menge Geld. Die bleiben. Einige von euch werden mich mit irgendwelchem überflüssigem Scheiß nerven. Die sind draußen. Na, zu welcher Sorte wollen Sie gehören, Rudy?«
    Allgemeines Grinsen in der Runde. »Ich werde für Sie Geld verdienen, Sir«, krächzte Rudy.
    »Sehr schön. Noch Fragen?«
    Merkwürdigerweise gab es keine mehr.

3
    Das Examen in Anleihenrechnung fand in der vierten Woche des Programms statt. Das war einer der wichtigsten Tests des ganzen Kurses – George Calhoun hatte keinen Zweifel daran gelassen. Bis neun Uhr abends strapazierte Chris sein Hirn mit der Wiederholung des Stoffs, dann ging es nicht mehr. Gern hätte er Tamara in London angerufen, aber er hatte sie schon einmal um zwei Uhr morgens aufgeweckt, das war keine gute Idee gewesen. Er beschloss, seine beiden Mitbewohner zu einem schnellen Bier in der irischen Bar in der First Avenue zu überreden, die sie zu ihrer Stammkneipe erkoren hatten. Er brauchte ein bisschen Ablenkung, bevor er ins Bett ging.
    Er klopfte an Duncans Tür. Keine Antwort. Er klopfte noch einmal.
    »Herein.«
    Duncan lag auf dem Bett und starrte an die Decke. Sein Schreibtisch sah aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen – ein fürchterliches Durcheinander von Notizen und offenen Lehrbüchern.
    »Das bringt nichts mehr«, sagte Chris. »Gehen wir ein Bier trinken.«
    »Ich … nein, ich meine … ach, Scheiße …«, stotterte Duncan und begann zu Chris’ Entsetzen zu schluchzen.
    »Was ist los, Duncan?«
    »Was zum Teufel glaubst du denn? Es ist dieses Scheißexamen.«
    »Das ist doch nur ein Test.«
    »Das ist nicht nur ein verdammter Test. Das ist meine ganze Karriere. Morgen ist sie im Eimer. Sie schicken mich nach London zurück, und ich kann mich bei Barclay’s an die Kasse stellen.«
    Chris setzte sich aufs Bett. Duncan hatte rote Flecken auf den Wangen. Die Augen hatte er mit den Händen bedeckt, doch eine Träne kroch unter ihnen hervor und lief ihm übers Gesicht.
    »Red keinen Unsinn«, versuchte Chris ihn zu beruhigen. »Du hast doch gearbeitet. Du kommst bestimmt durch.«
    »Blödsinn, Chris. Ich hab nicht die geringste Ahnung. In meinem Kopf herrscht absolute Leere.« Wieder schluchzte er. »Ich bin noch nie durch ein Examen gerasselt.«
    »Und das wirst du auch jetzt nicht«, sagte Chris. »Sieh mal, du machst aus ‘ner Mücke einen Elefanten. Die wollen doch nur wissen, ob wir die Preise von Anleihen und Optionen ausrechnen können. Das ist keine große Sache. Die Mistkerle versuchen nur den Druck zu erhöhen, um unsere Belastbarkeit zu testen.«
    »Na gut, dann bin ich eben nicht belastbar«, schluchzte Duncan.
    »Klar bist du das«, sagte Chris. »Setz dich jetzt an den verdammten Schreibtisch, und wir gehen alles durch, was du nicht kapiert hast, bis du es intus hast.«
    Sie setzten sich mehr als zwei Stunden hin, und Chris versuchte, die Konzepte zu erklären, die ihm selbst erst vor einer Woche so leidlich klar geworden waren. Er war geduldig, und seine Ruhe verfehlte ihre Wirkung nicht. Um Mitternacht konnte Duncan schließlich den Preis einer einfachen Option berechnen. Das musste reichen.
    Als er Duncan verließ, war Chris erschöpft. Er war auf dem Weg in sein Bett, als er Musik aus Ians Zimmer hörte. Er steckte den Kopf durch die Tür. Ian saß in einem Sessel, eine halb leere Flasche Whisky neben sich, rauchte eine Zigarette und hörte UB40.
    »Bin gerade bei Duncan gewesen«, sagte Chris. »Er hat die totale Panik wegen morgen.«
    »Der Knabe macht sich zu viel Sorgen«, sagte Ian.
    »Ich fürchte, nicht ganz ohne Grund. Ich habe versucht, ihn in Sachen Optionstheorie ins Bild zu setzen. Er hat Glück, wenn er durchkommt.«
    Ian zuckte die Achseln. »Morgen werden es ein paar Leute nicht schaffen, und du kannst absolut nichts tun, um ihnen zu helfen.«
    Chris starrte Ian an. Das stimmte nicht. Er wollte, dass Duncan es schaffte, und er hatte sein Bestes getan, um ihm zu helfen. Jedenfalls hoffte er sehr, dass es reichte.
    »Schaffst du es denn?«, fragte Chris. Es würde schwer für Ian sein, seine Zahlenschwäche in einem Test zu kaschieren, in dem es um Anleihenrechnung ging.
    Ian blickte

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