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Das Prometheus Mosaik - Thriller

Das Prometheus Mosaik - Thriller

Titel: Das Prometheus Mosaik - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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Finger wandern zu lassen, wie ein Taschenspieler seine Münze. Eine Marotte, von der er auch während seiner Vorlesungen nicht abließ; als müsse die linke Hand in Übung bleiben, um nicht das Schicksal der rechten zu erleiden, die nutzlos und starr wie eine zum Sprung bereite fleischige Spinne vor ihm lag, wie vergessen, als gehöre sie ihm gar nicht.
    »Danke.« Fio setzte sich. Der Stuhl war so unbequem, wie er aussah. Sie schaute den Professor an. Erstaunlich keck fragte sie: »Nun?«
    »Nun«, wiederholte Döberin, »Sie wundern sich gewiss, warum ich Sie zu mir gebeten habe, nicht wahr?«
    »Das kann man so sagen, ja.«
    Döberin visierte Fio an. »Sie sind eine sehr gute Studentin, Signorina Gallo. Ich sehe Ihnen an, dass Sie Wissen nicht nur aufnehmen. In Ihnen steckt schon mehr als in anderen.«
    Fio spürte, wie sie rot wurde. Worauf wollte er bloß hinaus?
    Herrje, er war so anders, als sie erwartet hatte. So anders als alle glaubten. Anders als draußen, jenseits dieser Wände. Als lebte nur hier drin sein wahres Ich, abgeschottet von allem, was man von ihm behauptete.
    »Ich weiß, was man über mich redet.« Ein dünnes Lächeln erschien auf Döberins Lippen.
    Fio hatte Mühe, ihr Erschrecken zu verheimlichen.
    Er LIEST meine Gedanken!
    Wahrscheinlich jedoch standen sie ihr schlicht und ergreifend ins Gesicht geschrieben …
    »Es kümmert mich nicht. Diese Welt da draußen interessiert mich nicht.« Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Sie ist beengt, die Menschen sind blind, engstirnig, kleingeistig.«
    Jetzt, endlich, rückten Wahrheit und Dichtung über Döberin doch etwas aufeinander zu. Er wurde ein wenig zu jenem Misanthropen, der zu sein man ihm nachsagte. Unter anderem …
    Fio schwieg gespannt, und Döberin fühlte sich zum Weiterreden provoziert.
    »Was nützt es, Wissen zu verbreiten, wenn es nur Wissen bleibt?«
    Sie hatte den Eindruck, er hätte einen Teil seiner eigentlichen Rede – oder Tirade – übersprungen, vielleicht, weil er ihn schon zu oft vorgetragen oder wenigstens gedacht hatte und damit für längst gesagt hielt.
    »Wissen muss Anwendung finden«, fuhr er fort.
    In Fio keimte ein Verdacht, so winzig noch, dass er ihr fast entging. Vielleicht irrte sie sich ja in diesem Punkt. Und vielleicht …
     … nein, das war zu verrückt.
    Oder …?
    »Wissen ist wie eine Pflanze, es braucht Gärtner, Signorina Gallo.« In Döberins fast kohlschwarzen Augen glühte nun das, was sie in den Vorlesungen manchmal darin wahrnahm. Der Widerschein einer tiefen, fiebrigen Begeisterung, von der sie sich auch jetzt wieder angesteckt fühlte.
    »Wissen, Signorina, braucht Mut, der es zu Taten wachsen lässt, Menschen, die die Früchte dieses Wissens zu ernten bereit sind und erproben, was sich daraus gewinnen lässt. Auch auf die Gefahr hin, dabei etwas zu verlieren.«
    Jetzt war sie es, die wusste, was er sagen würde. Sie kam ihm zuvor.
    »Menschen wie uns, Herr Professor?« Fio erschrak fast über ihre Stimme, die Frage.
    Erstaunt zog Döberin die Brauen hoch. Er nickte, bedächtig, anerkennend.
    »Menschen wie uns, Signorina Gallo.«
    »Woher wollen Sie wissen, dass ich so ein Mensch bin?«
    »Weil ich Jahre mit Menschen unseres Schlages verbracht habe. Weil uns etwas verbindet, weil wir einander erkennen – wie an einem Zeichen, das wir alle tragen und das niemand sonst kennt.«
    Das Feuer der Begeisterung, das Fio eben noch in sich gespürt hatte, brannte nieder. Und in ihr wuchs eine leise Furcht vor dem, was Döberin sein mochte und im Sinn hatte.
    Redeten sie wirklich über das, was sie glaubte?
    Wieder war es, als lese Döberin ihre Gedanken. In einer beruhigenden Geste hob er die gesunde Hand. Er schien zu erkennen, dass er übers Ziel hinausgeschossen oder im Endspurt dorthin etwas zu schnell gewesen war, als dass Fio ihm hätte folgen können. Er steuerte gegen, ruderte zurück. Der beinahe fanatische Unterton, der gerade noch in seiner Stimme mitgeschwungen hatte, machte einem eher väterlichen Gehabe Platz; als wisse er, dass Fio sich davon verleiten lassen würde, weil dieser Ton etwas war, der in ihrem Leben stets gefehlt hatte.
    »Ich möchte Ihnen etwas zeigen, Signorina Gallo, Ihnen, wie ich schon sagte, ein Angebot machen. Und ich bitte Sie nur, es sich anzusehen. Die Entscheidung, ob Sie einwilligen wollen oder nicht, liegt ganz allein bei Ihnen.«
    Und wenn ich nein sage …?
    Fio fröstelte, unter der Haut. Trotzdem fiel es ihr erstaunlich leicht, diesen Anflug

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