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Das Prometheus Mosaik - Thriller

Das Prometheus Mosaik - Thriller

Titel: Das Prometheus Mosaik - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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saßen und durch die nächtlichen Straßen von Kreuzberg fuhren, nach Verfolgern Ausschau hielt, fand sie schlicht verrückt. Dabei hatte sie ihm bisher immer vertraut. Zum ersten Mal, als Paul nach der von der Polizei vermasselten Lösegeldübergabe auf sie zugekommen war, um ihr zu sagen, dass er zwar nichts mit der Entführung zu schaffen habe, jedoch wisse, wo der Junge versteckt sei. Sie, die von der Familie des Opfers angeheuert worden war, hatte ihm geglaubt und war mit ihm zu der Fischerhütte inmitten der Havelseen gefahren, wo sie den Jungen in einer schalldicht isolierten Futterkiste gefunden hatten. Dass der Junge überhaupt noch gelebt hatte und sie ihn auf diese Weise aufgespürt hatten, war eigentlich schon Wunder genug. Wie merkwürdig das Ganze tatsächlich war, war Sara erst später bewusst geworden, als sie die Geschehnisse in Gedanken noch einmal abgespult hatte wie einen Film. Paul hatte genau in dem Augenblick seine »Vision« vom Versteck des Jungen gehabt, als der Kidnapper sich eine Kugel durch den Kopf gejagt hatte. Darauf konnte sich Sara zwar durchaus einen Reim machen, nur teilte sie ihre Mutmaßung mit niemandem – weil sie selbst ihr, nüchtern betrachtet, haarsträubend vorkam.
    Allerdings fiel ihr eine nüchterne Betrachtungsweise immer schwerer seit dieser Sache … seit sie Paul Finn kannte und ihn in Aktion erlebt hatte.
    »Hast du eigentlich schon mal überlegt, dich wenigstens einmal interviewen zu lassen? Exklusiv, von wem auch immer? Dann hättest du wahrscheinlich deine Ruhe.« Sara bog um die nächste Ecke. Der BMW rumpelte über unebenes Kopfsteinpflaster.
    »Ich will mich aber nicht interviewen lassen«, erwiderte Paul. »Fährst du mich bitte nach Hause?«
    »Bin ja schon dabei.«
    Es fiel Sara in der Tat schwer, sich Paul im Gespräch mit einem Journalisten vorzustellen. Denn Paul als schüchtern zu bezeichnen, war eine Untertreibung sondergleichen. Gegen ihn war jeder Einsiedlerkrebs ein Partylöwe. Scheu war er wohl auch schon gewesen, bevor er geholfen hatte, den entführten Jungen zu retten. Sara anzusprechen, die noch nicht einmal zum Polizeiapparat gehörte, musste ihn unsagbare Überwindung gekostet haben. Danach hatte er sich unter dem Ansturm des Medieninteresses an seiner Person und vor allem natürlich seiner »Gabe« noch weiter in sich zurückgezogen. Sara fühlte sich ein wenig in der Pflicht, ihn davor zu bewahren, vollends zum sozialen Krüppel zu werden. Schließlich war sie nicht ganz unschuldig an der Neugier, die ihm alle Welt entgegenbrachte. Hätte sie gewusst, wie wenig er damit umzugehen verstand, wäre sie auf irgendeine Ausrede verfallen und hätte ihn aus der Geschichte herausgehalten, nach außen hin wenigstens. So aber war, mehr oder minder offiziell, bekannt geworden, dass ein Hellseher eine Privatdetektivin und in der Folge auch die Polizei auf das Versteck des verschleppten Jungen aufmerksam gemacht hatte. Und nun wollte die Öffentlichkeit verständlicherweise mehr über diesen außergewöhnlichen Menschen wissen.
    »Außerdem gibt es nichts, worüber ich in einem Interview sprechen oder was ich im Fernsehen ›vorführen‹ könnte«, nahm Paul den Faden wieder auf, als vor ihnen eine Ampel auf Rot wechselte. »Ich weiß ja selbst nicht, was es ist. Oder wie es … funktioniert. Ich kann mich nicht hinstellen wie Uri Geller und auf Kommando Löffel verbiegen oder aus einer Kristallkugel die Lottozahlen weissagen.« Er schüttelte den Kopf, während sein Blick sich ins Leere verlor. »Manchmal … sehe ich oder spüre ich etwas. Und manchmal«, er hob die Schultern, »eben nicht.«
    Das hörte Sara nicht zum ersten Mal aus seinem Munde. Nicht in genau diesen Worten, nur dem Inhalt nach: dass er keinen Einfluss auf seinen »Übersinn« hatte. Dass selbiger nicht immer aktiv war und sich nicht aktivieren ließ, sondern aktiv wurde, ohne Pauls Zutun. Begreifen konnte Sara das alles nicht, dazu war ihr das Ganze zu fremd. Aber seit Paul sich in einem seiner Versuche, sich ihr zu erklären, einmal als »empathische Relaisstation ohne Ein- und Ausschalter«, bezeichnet hatte, konnte sie sich zumindest ansatzweise etwas darunter vorstellen.
    Die Ampel sprang auf Grün. Sara fuhr an. Das große, alte Mietshaus, in dem Paul wohnte, kam in Sichtweite. Am Straßenrand parkten vereinzelte Autos, alle älteren Baujahrs, die meisten mit der einen oder anderen Delle im Blechkleid. Bis auf eines – ein frisch gewaschener und gewachster Sportwagen, der

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