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Das Prometheus Mosaik - Thriller

Das Prometheus Mosaik - Thriller

Titel: Das Prometheus Mosaik - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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schnaubte leise.
    Sie hatte ein Leben. Und es war gut, es genügte ihr. Es war gut genug, dass sie es nicht teilen wollte. Weil die Gefahr – oder die Angst? – zu groß war, es könnte darüber kaputtgehen.
    Sara zog sich an, und sie hatte das gute Gefühl, dabei in mehr zurückzuschlüpfen als nur in ihre Kleidung.
    Sie zögerte kurz, dann küsste sie Paul auf die Stirn, so wie ihre Mutter sie geküsst hatte, wenn sie sich morgens auf den Schulweg machte. Er lächelte im Schlaf, als könne er sie durch seine geschlossenen Lider hindurch sehen. Und wer weiß, vielleicht konnte ein Paul Finn das ja …
    Leise ging Sara zur Tür, öffnete sie vorsichtig, zog sie hinter sich zu. Erschrak, erstarrte.
    Ein Geräusch.
    Sie entspannte sich, atmete aus.
    Nur Pauls Telefon.
    Kurz erwog sie, umzukehren und den Anruf wegzudrücken, damit Paul nicht davon geweckt wurde, als sich auch schon der Anrufbeantworter einschaltete.
    Als sie bereits draußen im Treppenhaus stand, die Wohnungstür nur noch einen Spaltbreit offen, hielt sie inne. Eine Frau sprach aufs Band. Sara hörte kurz zu, was sie zu sagen hatte.
    »Paul … Herr Finn? Sind Sie da?«
    Saras Mundwinkel zuckten. Seit Tagen meldeten sich solche Leute zuhauf bei Paul; mochte der Teufel wissen, woher sie seine Nummer hatten. Die unterschiedlichsten Anliegen trugen sie an den »Hellseher« heran. Für die einen sollte er verschwundene Dinge oder vermisste Personen finden, andere glaubten, er könne für sie mit den Toten reden. Und so fort …
    Ich muss mit Ihnen sprechen. Mein Name ist Katharina Lassing.«
    Sara schloss die Tür.
***
    Die Tür klappte leise, aber doch vernehmlich ins Schloss.
    »Es ist sehr wichtig …«, fuhr die Anruferin fort. Paul Finn wurde nicht wach.
    Aus dem Treppenhaus waren Schritte zu hören, die rasch leiser wurden.
    Marie Thon musste an Sophie denken, ihre letzte Schülerin, wie sie die Stufen hinuntergehüpft war. Gestern erst und doch in einem anderen Leben. Im Leben einer anderen.
    Draußen verklangen die Schritte der Frau, die mit Paul genau da nach Hause gekommen war, als Marie die Wohnung gerade wieder hatte verlassen wollen, weil sie besorgt hatte, was nötig war, um den Verdacht entweder zu zerstreuen oder zu bestätigen. Stattdessen hatte sie zuhören müssen, wie die beiden sich unterhalten hatten, scheinbar belanglos. Marie war jedoch selbst in ihrem Versteck, das nichts weiter war als ein nicht genutztes Zimmer mit schräger Decke, nicht entgangen, was zwischen den beiden wirklich in der Luft lag und sich dann endlich auch entladen hatte.
    Es war ein seltsames Gefühl gewesen, mit anzuhören, wie Paul und die Frau nebenan miteinander geschlafen hatten – ein bisschen peinlich war es gewesen und unangenehm, zugleich allerdings auch erregend auf eine Weise, für die Marie sich schämte. Und sie schämte sich auch dafür, die Gelegenheit nicht genutzt zu haben, um sich davonzustehlen …
    Als die Schritte der Frau nicht mehr zu hören waren, entschied sie, noch ein paar Minuten zu warten. Nur um sicherzugehen, dass Paul Finn nicht wach lag. Unterdessen blieb ihr nichts anderes zu tun, als sich anzuhören, was diese Katharina Lassing sagte. Den Namen kannte Marie nicht. Aber was die Frau da auf dem Band hinterließ …
    Eigentlich sagte sie ja nichts. Sie umriss mit ihren Worten nur, was sie in Wirklichkeit sagen wollte …
    … was in Wirklichkeit geschehen war?
    Wenn man wusste, was in Wirklichkeit geschehen war, wenn man dabei gewesen war, konnte man diese Wahrheit hinter den Konturen, die Katharina Lassing mit Worten zog, durchaus erahnen.
    Natürlich war eine zufällige und momentan immerhin nur scheinbare Übereinstimmung dennoch nicht auszuschließen.
    Aber wo ein Toter wieder auftauchte …
    Marie Thon schob die Hand in die Tasche, umfasste, was dort in einem Tütchen verstaut steckte.
    Sie hatte gefunden und sich geholt, wofür sie gekommen und eingebrochen war.
    Sie lächelte und spürte, wie dieses Lächeln auch ihre Augen erreichte. Denn vielleicht hatte sie noch etwas anderes gefunden, gab es weit mehr zu holen.
    Ihrer Hoffnung auf Wiedergutmachung an denen, die ihr etwas bedeuteten, gesellte sich eine neue hinzu – die Hoffnung darauf, Vergeltung zu üben an den beiden verhassten Menschen, die schuld waren – an allem.

8. April
    B ERLIN , L ICHTERFELDE -W EST
    Die Frage, ob es richtig gewesen war, was sie vor vielen Jahren getan hatte, stellte Katharina Lassing sich nie; daran hegte sie nicht den allergeringsten

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