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Das Prometheus Mosaik - Thriller

Das Prometheus Mosaik - Thriller

Titel: Das Prometheus Mosaik - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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Ziffern des Weckers schwebten vor ihr, wie mit einem Brandeisen in die Schwärze geprägt. Sie hatte das unsinnige Gefühl, in einer Fischfutterkiste aufzuwachen, glaubte, denselben Geruch in der Nase zu haben, wie er ihnen entgegengeschlagen war, als sie Kai gefunden hatten.
    Sie schüttelte den Kopf, und es half. Das klebrige Traumgespinst, in dem ihre Gedanken noch verheddert waren, zerriss.
    Was war es, das sie geweckt hatte? Etwas hatte sie geweckt, dessen war Sara sicher. Fast jedenfalls …
    Sie lauschte in die dunkle Wohnung, die nun, Sekunden später, nicht mehr ganz so dunkel war. Streulicht von den Straßenlampen legte sich um Möbel und Kanten, grenzte Felder unterschiedlicher Graustufen voneinander ab.
    Sie hörte nichts. Es herrschte allerdings auch nicht die gern zitierte, weil so anschauliche atemlose Stille.
    Es musste doch Paul gewesen sein, der sie geweckt hatte. Paul, der schwer atmend neben ihr schlief und im Traum Höllenqualen zu leiden schien. Er drehte sich zu Sara herum. Sein nackter Unterarm streifte sie, klamm von kaltem Schweiß. So wie sein Gesicht unter ihrer Hand, mit der sie ihm die feuchten Strähnen seines etwas zu langen Haars aus der Stirn strich. Die sachte Berührung beruhigte ihn ein wenig; sein Atem wurde gleichmäßiger, seine Züge, soweit es im Halbdunkel zu erkennen war, entspannten sich, und schließlich lag er still und schlief nur noch.
    Vielleicht hat er die Träume all der anderen Leute im Haus mitgeträumt …
    An sich ein absonderlicher Gedanke. Im Verbund mit Paul Finn aber auch ein naheliegender. Er hatte ihr erzählt, dass er seine Nachbarn alle kannte, womöglich besser als sie sich selbst, ohne je mehr als einen Gruß mit ihnen gewechselt zu haben. Er wusste von dem Mädchen, dessen Weinen mitunter durchs ganze Haus geisterte und das allen Grund zum Weinen hatte; von dem alten Mann im ersten Stock, der dem zerbombten Gebäude in Dresden, aus dem man ihn vor vielen, vielen Jahren als einzigen Überlebenden geborgen hatte, bis heute nicht wirklich entronnen war; von dem Kerl im zweiten Stock, der viel zu oft an den kleinen Jungen aus dem Erdgeschoss dachte …
    An manchen Tagen, hatte Paul gesagt, ließen sie ihn in Ruhe; an anderen war es, als wohnten sie bei ihm und redeten alle zugleich auf ihn ein.
    Warum also sollten sie ihn in manchen Nächten nicht auch im Traum heimsuchen?
    Sara schauderte, nicht nur, weil es in der Wohnung kühl und sie nackt war.
    Einerseits konnte sie sich nicht vorstellen, wie es in Paul zuging. Andererseits … wollte sie es auch gar nicht. Es musste unfassbar schwer sein, so zu leben …
    … ohne den Verstand darüber zu verlieren.
    Im Grunde kam es wohl einem Wunder gleich, dass Paul, so merkwürdig er auch wirken mochte, wenigstens annähernd normal geblieben war.
    Sara schloss die Augen wieder, versuchte, sich neben Paul ins Kissen sinken zu lassen, Ruhe zu finden. Es gelang ihr nicht. Endlos, so glaubte sie, drehte sie sich von der linken auf die rechte Seite, auf den Rücken, auf den Bauch. Tatsächlich war keine halbe Stunde vergangen, als sie sich aufsetzte, die Beine aus dem Bett schwang und fast blind auf dem Fußboden nach ihrer Kleidung tastete.
    Sie schlief schlecht in fremden Betten, meistens gar nicht. Deshalb fuhr sie, seit sie allein war jedenfalls, nicht in Urlaub. Und wenn sie bei Freunden ein Glas zu viel trank, leistete sie sich lieber ein Taxi, anstatt auf deren Couch zu übernachten, weil sie sowieso nicht eingeschlafen wäre.
    Nur, war das der einzige Grund, warum sie sich aus Pauls Bett und Wohnung stehlen wollte?
    Es war nicht einmal der vordringlichste, wie sie gestehen musste.
    Wäre sie am Morgen noch hier gewesen, dann wären sie zusammen wach geworden, dann hätte Paul ihr Frühstück ans Bett gebracht (für so romantisch hielt sie ihn) … und all das hätte etwas signalisiert.
    Sie mochte Paul, sehr sogar. Er war ein Mensch, der einer Frau ein guter Mann gewesen wäre. Er war schüchtern, ja, er lebte zurückgezogen, nicht nur in dieser Wohnung, sondern auch in sich selbst. Aber er war einfühlsam. Das war seine Natur. Und er war es nicht nur mit Worten, er war es mit seinem ganzen Wesen. Mit Paul zu schlafen, war … wunderbar, es war das vollkommene Einssein gewesen.
    Dennoch wollte sie nicht hier bleiben, nicht bei ihm. Dazu war sie nicht bereit. Bereit war sie nur, diesen Abend in schöner Erinnerung zu behalten. Nur sollte er kein Zusammensein nach sich ziehen, kein gemeinsames Leben.
    Sara

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