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Das Prometheus Mosaik - Thriller

Das Prometheus Mosaik - Thriller

Titel: Das Prometheus Mosaik - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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Der Mann strich den letzten Halbsatz durch. Der Junge war nicht zu retten.
    Weiß der Teufel, was in Rutger vorgeht. Ich begreife es nicht. Hoffentlich habe ich ihn zur Räson gebracht. Wenn ich mit allem, was ich weiß und in der Hand habe, zur Polizei oder auch nur an die Öffentlichkeit ginge, wäre es natürlich auch für mich vorbei, doch was habe ich noch zu verlieren? Ich habe ja ohnehin schon nichts mehr! Aber Rutger? Der würde alles verlieren, was er noch hat, und es wäre das Aus für alles, was er noch will. Ich glaube, das hat er begriffen. Und für den Fall, dass er es nicht begriffen hat …
    Die andere Hand drehte einen flachen Schlüssel auf der Schreibtischplatte, ergriff ihn und steckte ihn in die Tasche.
    … werde ich Vorsorge treffen …
    Stundenlang war das Kratzen der Feder auf dem Papier das einzige Geräusch gewesen. Jetzt kam ein anderes hinzu, von draußen, von unten.
    Max hörte es zuerst. Seine Ohren waren besser als die eines jeden Wachhunds. Moritz war es, der für seinen schweigsamen Bruder Laut gab.
    Wolff schaute zu seinen Katzen hin, nickte ihnen zu wie zum Dank, und einen Augenblick lang hatte er fast den Eindruck, sie erwiderten die Geste. Dann schraubte er den alten Füllfederhalter – der zwar nicht schon Urbanus, aber doch etlichen von Wolffs Vorgängern wie Vorvätern gute Dienste geleistet hatte – gewissenhaft zu und legte ihn in den Falz zwischen den Seiten der Kladde, in der er die Geschichte fortgeschrieben hatte.
    Es kam Besuch. Dem musste er einen angemessenen Empfang bereiten.
***
    I N W IEN , VOR M ITTERNACHT
    Hätte Theo noch Zweifel daran gehabt, dass es ProMed de facto nicht mehr gab, wären diese Zweifel nun ausgeräumt gewesen, da er vor dem Geschäftssitz des einstigen pharmazeutischen Unternehmens stand, auf dessen Fassade der Firmenname sich kaum noch entziffern ließ, weil er ausgebleicht und der Putz an vielen Stellen abgebröckelt war. Die Abrissbirne wäre für dieses Haus – wie auch für viele in der Nachbarschaft – so etwas wie Sterbehilfe gewesen.
    Schmalbrüstig ragte es, eingeklemmt zwischen Artgenossen, in die Höhe, und es lag die Vermutung nahe, dass all diese Häuser allein deshalb noch aufrecht standen, weil sie so einander stützten. Immerhin, der frühere ProMed-Bau hatte den Häusern links und rechts zumindest etwas voraus – all seine Fenster schienen noch intakt zu sein; in den Scheiben links und rechts von ihm klafften dagegen schwarze Sterne, wo Steine das Glas zerschlagen hatte.
    Farben schien es in dieser Gegend nicht zu geben. Alles wirkte entweder grau in irgendeiner Schattierung oder buchstäblich farblos, undefinierbar. Theo hätte gern geglaubt, dieser Eindruck würde von der Nacht begünstigt, nur wollte es ihm nicht recht gelingen.
    Es erstaunte ihn, wie anders diese Stadt im Vergleich zu Berlin und wohl auch zu jeder anderen war, wie anders sie roch, schmeckte, sich anfühlte, ihn aufnahm, sich um ihn legte. Theo kam sich vor wie in der Kleidung eines Fremden. Und er staunte darüber, dass es ihm überhaupt auffiel, dass er so dachte, es wahrnahm … Als hätte er schon jetzt etwas gefunden, was ihm immer gefehlt hatte, ohne dass es ihm bewusst gewesen wäre.
    Paul Finn indes hatte er noch nicht gefunden. Aber er wollte es, inzwischen wollte er es so sehr wie Sara. Wenn auch, er schämte sich nicht, dies einzugestehen, aus einem anderen Grund, einem durchaus egoistischen: Paul Finn war für Theo der Schlüssel zu seiner eigenen Vergangenheit, von der er bis dato gar nicht gewusst, nicht einmal geahnt hatte, dass sie hinter einer verschlossenen Tür verborgen lag.
    Wer war Paul Finn? Wenn es ihm gelang, diese Frage zu beantworten, würde er auch die Antwort auf die finden, wer er selbst wirklich war.
    Nahe lag natürlich der Gedanke, dass sie Brüder waren. Ihre Ähnlichkeit zueinander sprach Bände, und ihrer beider Leben waren offenbar auch auf sonst eine Weise miteinander verknüpft.
    Das hätte bedeutet, dass sie dieselben Eltern haben mussten oder wenigstens einen gemeinsamen Elternteil. An diesem Punkt der Überlegung war die Wahrscheinlichkeit eines gemeinsamen Vaters größer. Sein wie auch Pauls Vater war tot. Das war eine Gemeinsamkeit. Dieser Abzweig des Grundgedankens ließ sich so fortspinnen, dass Paul die Folge eines Seitensprungs ihres Vaters war.
    Konnte er seinem Vater so etwas zutrauen? Theoretisch ja, er kannte ihn schließlich so gut wie gar nicht, konnte sich kaum an ihn erinnern. Und das, woran er

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