Das Prometheus Projekt
„Die Bilder! Er schickt mir die Bilder, aber ich will sie nicht!“ Sie drehte sich um und barg den Kopf an seiner Brust. „Ich will sie nicht! Ich will sie nicht!“
„Welche Bilder?“, fragte er verwirrt.
„So viel Blut … und Schmerz. Ich will es nicht sehen. Aber er versteht es nicht. Er hat kein … keine …“ Sie hob den Kopf und blickte ihn aus angsterfüllten Augen an.
„Von wem sprichst du?“
„Ahh…“, würgte sie hervor. Sie verzog das Gesicht zu einer Grimasse, als versuche sie krampfhaft, ein Wort oder einen Namen zu finden. „Er ist so dunkel, so anders! Sein Gesicht … seine Hände … seine Hände!“ Eve kreischte schrill: „Er will … dich … töten!“
Ein ersticktes Winseln drang vom Hof herauf und verstummte schlagartig. Der Widerschein der Lampe auf dem Pflaster erlosch.
„Jack!“ Eve schrie auf und versuchte an Adrian vorbei aus dem Zimmer stürzen, doch er hielt sie fest. „Du bleibst hier und rührst dich nicht vom Fleck! Jack kann auf sich selbst aufpassen!“
Adrian tastete nach der Beretta in seinem Gürtel und fand sie auf dem Bett. Mit der entsicherten Waffe in der Hand schlich er nach unten, näherte sich der Haustür und spähte durch die Glasscheiben. Der Hof lag verlassen da. Vorsichtig öffnete er die Tür einen Spalt, die Waffe im Anschlag.
Auf dem Pflaster schimmerte eine große Blutpfütze wie schwarzes Öl. Jacks Kopf lag auf der Fußmatte wie eine Opfergabe. Die dunklen Hundeaugen starrten ihn blicklos an, die Zunge hing seitlich aus dem Maul. Adrian stieß mit einem schmerzhaften Seufzen die Luft aus den Lungen. „Oh, Jack!“
Er riss sich von dem grausigen Anblick los, blieb wachsam, wie man es ihm beigebracht hatte und suchte mit schnellen Blicken die Umgebung ab. Eine breite Blutspur führte von dem Hundekopf zum alten Brunnen in der Mitte des Hofes.
Adrian trat auf das Pflaster hinaus und drehte sich langsam im Kreis. Der Rest von Jacks Körper blieb verschwunden. Der Spur nach zu urteilen lag er am Grund des ausgetrockneten Brunnens.
Adrian wandte sich wieder dem Haus zu und erstarrte. Jemand hatte mit Hundeblut zwei Worte an die weiße Wand geschrieben:
KEINE SEELE
Was zum Teufel sollte das bedeuten?
Adrian kehrte ins Haus zurück. Er hatte es mit einem Gegner zu tun, den er nicht kannte und der offenbar nach keinen logischen Regeln spielte, was ihn umso gefährlicher machte.
Im Obergeschoss zerbarst klirrend ein Fenster, ein schwerer Gegenstand fiel polternd zu Boden und ließ das Haus erzittern. Eve schrie gequält auf.
Adrian zwang sich zur Ruhe, obwohl sein Herz zu zerspringen drohte. Jemand war im Haus, er war oben und er war bei Eve. Lautlos zog er die Schublade der Kommode im Flur auf, nahm die Taschenlampe in die linke Hand und betete, dass die Batterien nicht verbraucht waren. Dann schlicher die Treppe nach oben, die Waffe und die ausgeschaltete Lampe vor sich gerichtet. Angestrengt lauschte er in das Dunkel hinein, aber das Trommeln des Regens auf dem Dach übertönte jedes anderes Geräusch.
Am oberen Ende der Treppe drückte sich Adrian dicht an die Wand und hielt den Atem an. Der Korridor lag verlassen vor ihm. Links und rechts gab es je zwei Türen, die vordere auf der linken Seite führte auf den Dachboden. Adrian überprüfte den Riegel, er war fest verschlossen. Dahinter auf derselben Seite lag das Bad. Die Tür stand einen Spalt offen und bewegte sich leise knarrend in der Zugluft. Die Tür des Gästezimmers gegenüber dem Speicher stand weit offen, ebenso die letzte Tür auf der rechten Seite, die zum Schlafzimmer führte. Adrian warf einen schnellen Blick in das dunkle Gästezimmer – der Raum war leer.
Als er sich dem Schlafzimmer näherte, hörte er ein unterdrücktes, wütendes Knurren, kaum menschlich zu nennen. Plötzlich flog ein Gegenstand in hohem Bogen aus der Schlafzimmertür und landete scheppernd auf dem Dielenboden. Adrian lief geduckt an der Wand entlang, bis er dicht neben dem Türrahmen stand. Auf dem Boden lag das zerbrochene Bild, das Christina während ihrer Hochzeitsreise auf Korfu zeigte.
Im Schlafzimmer schlugen Schranktüren, Holz zersplitterte krachend. Offenbar wütete der Eindringling in dem kleinen begehbaren Kleiderschrank neben dem Schlafzimmer, aber das wusste Adrian nicht mit Sicherheit. Er konnte von seinem Standpunkt aus das Zimmer nicht überblicken; ebenso wenig wusste er, ob Eve sich noch darin aufhielt. Aber wenn sie sich im Bad verkrochen hatte, hätte sie die Tür
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