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Das Puppenzimmer - Roman

Das Puppenzimmer - Roman

Titel: Das Puppenzimmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Ilisch
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Stimme, die wie aus weiter Ferne in mein Ohr drang, klang warm und vertraut. »Nicht weinen, Florence! Ich bin doch bei dir!«
    Ich glaubte nicht mehr daran. Es konnte nicht sein. Es war nicht möglich … Ich wagte nicht, den Kopf zu heben, die Augen zu öffnen, aus Angst vor der nächsten Enttäuschung, und so wartete ich, bis die Decke über mir zurückgezogen wurde, eine warme Hand mir die verschwitzten Haare von der tränenverklebten Wange strich und ich blinzeln musste, obwohl ich es nicht wollte.
    »Keine Angst, Florence! Alles wird gut! Schau mich an!«
    Ich öffnete die Augen. Ich wünschte mir so sehr, dass das, was ich sah, die Wirklichkeit war, und einen Moment lang glaubte ich es tatsächlich.
    Neben meinem Bett stand Alan.

Vierzehntes Kapitel
    Ich starrte Alan an, als hätte ich ihn noch nie im Leben gesehen. »Bist … bist du ein Geist?«, hörte ich mich stammeln und musste wieder an die Nacht denken, in der ich ihn kennengelernt hatte, als ich ihn aus dem Schlaf geschreckt und er mich angesehen hatte, als wäre ich ein Gespenst. Ich weiß nicht, wie ich auf die Idee kam, dass er tot sein sollte – Rufus hatte es so weit von sich gewiesen, Alan auch nur ein Haar gekrümmt zu haben, und sowenig ich Rufus auch trauen mochte, das hatte ich ihm geglaubt … Aber Alan war der Letzte, mit dem ich rechnete. Und ich hatte ihn nicht hereinkommen hören.
    »Ganz ruhig«, sagte Alan. »Ich bin kein Geist. Ich bin am Leben, und es geht mir gut. Du bist es, um die ich mir Sorgen mache!«
    Ich nickte schwach. »Alles in Ordnung«, sagte ich, obwohl das gelogen war. Alan glaubte mir nicht. Er streckte die Hand aus und berührte mein Gesicht, ganz vorsichtig, und in dieser Berührung lag alles, was ich vermisst hatte. Da konnte mich Blanche noch so oft umarmen, mir noch so oft zuflüstern, dass ich doch ihre beste Freundin wäre, nichts davon fühlte sich so wirklich an und so liebevoll wie Alans Fingerspitze, die über meine Wange glitt und eine Träne fortwischte. Es gab in meinem Leben nur sehr wenige Personen, die mir derart nah kommen durften – jetzt war nur noch Alan davon übrig.
    »Ich habe dich vor den Molyneux’ gewarnt«, sagte er leise.
    Es konnte noch nicht tief in der Nacht sein; so lange hatte ich nicht geschlafen, aber es war dämmrig im Zimmer, und sein Gesicht lag so im Schatten, dass ich kaum mehr als seine Augen erkennen konnte, groß und ernst. »Und jetzt weißt du auch, warum, nicht wahr?«
    Ich biss mir auf die Lippen. Ich hatte ihm schon einmal zu viel verraten und ihn dadurch in Schwierigkeiten gebracht. Wenn ich das noch einmal tat, war er endgültig verloren, dann würde er so enden wie Lucy, und wenn ich nur an sie dachte … Noch einmal würde ich so einen Fehler nicht machen. »Was weißt du über sie?«, fragte ich heiser.
    Alan sah meine Angst, und er erstickte sie mit einem Lächeln. »Du hast dir die Schuld gegeben, als ich verschwunden bin, nicht wahr?«, fragte er. »Und jetzt glaubst du, du musst mich beschützen. Aber das brauchst du nicht. Ich weiß Bescheid, schon lange. Die Molyneux’ sind Feen. Da, siehst du, jetzt hab ich es ausgesprochen, und nichts passiert. Sie haben sich hier eingenistet, wo niemand von ihnen weiß, und von hier aus wollen sie versuchen, ihre ganze Welt zurückzuerobern. Ich bin da, um das zu verhindern. Es ist jetzt unsere Welt.«
    Ich fragte ihn nicht, woher er all das wusste. Ich starrte ihn an, ungläubig und wütend. Warum hatte er mich nicht längst eingeweiht? Oder mir verraten, wer er wirklich war? Wenn Alan der harmlose Hausbursche sein sollte, als der er sich mir vorgestellt hatte, war ich ein unschuldiges Waisenkind. Die ganze Zeit über hatte er nur mit mir gespielt … Ich schüttelte den Kopf. Ich hatte allen Grund, sauer auf Alan zu sein, aber die Wahrheit war doch, ich war überglücklich, dass er wieder da war, und erleichtert, dass ich vor ihm keine Geheimnisse mehr zu haben brauchte. Aber trotzdem, ich musste ihm an ein paar Stellen widersprechen. Es war wirklich nicht meine Absicht, die Feen zu verteidigen, aber so einfach, wie er sich das machte, war es nicht.
    »Sie sind auch hier, um den Menschen zu helfen«, sagte ich. »Es ist … schwer zu erklären. Als die Feen ihre Welt von unserer getrennt haben, wussten sie nicht, dass die Menschen dadurch ihre Träume verlieren würden. Deshalb sind sie jetzt wieder da.« Rufus wäre so stolz auf mich gewesen! Er war sicher immer noch der Ansicht, dass ich nichts von dem, was er

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