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Das Puppenzimmer - Roman

Das Puppenzimmer - Roman

Titel: Das Puppenzimmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Ilisch
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angefreundet hatte, um mehr über die Feen zu erfahren? Oh, was war ich froh, dass ich ihn nicht geküsst hatte an diesem Tag im Irrgarten!
    »Es tut mir leid«, sagte Alan leise. »Aber so war das nicht gemeint, sicher nicht! Ich wollte Zeit mit dir verbringen, weil … weil ich dich gernhabe.«
    Ich schnaubte. »Das kannst du den Feen erzählen!« Ich stieg aus dem Bett, und das auf der Alan abgewandten Seite. Dass ich nur meine Unterwäsche trug, war mir in diesem Moment schnurz – wenn er nicht aufstehen wollte, dann musste eben ich auf Abstand gehen.
    »Ich weiß ja nicht, wo du die letzten Wochen über gesteckt hast, aber von mir aus kannst du dahin zurückgehen!« Ich machte das Fenster auf, demonstrativ. Das war zwar nicht der Weg, auf dem er gehen sollte, aber vielleicht verstand er den Wink, und ich brauchte dringend frische Luft. Wenigstens war ich jetzt wütend, und wütend war viel, viel besser als heulend und am Boden zerstört. Aber Alan brauchte nicht zu glauben, dass ich ihm dafür auch noch dankbar war.
    Er sprang auf und ging zur Tür, aber er öffnete sie nicht. »Warte!«, sagte er. »Ich versteh ja, dass du sauer auf mich bist, aber eine Sache sollst du noch erfahren!«
    »Und das wäre?«, fragte ich eisig. Wenn er sich nicht bald aus dem Staub machte, würde ich hinuntergehen, Violet aus dem Schlaf reißen und ihr sagen, dass sie einen Feenjäger im Haus hatten, und dann würde sich zeigen, wie schnell Alan rennen konnte. Nur erst einmal … erst einmal wollte ich ihm noch die Chance geben, von selbst zu verschwinden. Aber das schnell.
    »An dem Tag, als wir im Irrgarten gepicknickt haben, danach …« Alan sprach mit so leiser Stimme, dass ich ihn kaum noch verstehen konnte. Ärgerlich trat ich vom Fenster weg und drehte mich wieder zu ihm um. Musste er es mir gleich so schwermachen? »Ich wusste, dass es Probleme geben würde«, redete er weiter. »Wenn Mr. und Miss Molyneux erfahren hätten, was für Fragen ich dir gestellt hatte – ich durfte nicht riskieren, dass sie mich erwischen. Darum habe ich mich aus dem Staub gemacht.«
    Ich schüttelte unwirsch den Kopf. »Mir haben sie gesagt, sie hätten dich aus dem Haus gejagt.«
    »Und das hätten sie vielleicht auch, aber ich musste mit Schlimmerem rechnen«, sagte Alan. »Mit Feen ist nicht zu scherzen. Selbst wenn sie mich nur rausgeschmissen hätten – wenn Hollyhock einmal ein verbotener Ort für mich ist, kann ich es niemals wieder betreten. Also musste ich bleiben.«
    »Aber jetzt bist du hier«, sagte ich. »Wo warst du also in der Zwischenzeit?« Mein Ärger auf ihn wuchs. Wochenlang hatte er seine Spielchen getrieben, sich irgendwo versteckt und mich in Sorge um ihn gelassen – hätte er mir nicht irgendwann zwischendurch eine Nachricht zukommen lassen können, dass es ihm gutging? Jetzt war er ja auch ins Haus, sogar in mein Zimmer gekommen, warum nicht früher?
    »Ich habe mich im Kutscherhaus verkrochen«, antwortete Alan, »auf dem Dachboden. Und Essen aus dem Haus gestohlen.«
    »Und der Kutscher hat dich nicht bemerkt?« Ich erinnerte mich an das Licht, das Lucy und ich in der Nacht unserer missglückten Flucht gesehen hatten. Wenn das nicht der Kutscher gewesen war, sondern Alan?
    »Niemand kann mich sehen«, antwortete er. »Nicht der Kutscher, und erst recht nicht Mr. Molyneux oder seine Schwester, solange ich das hier im Schuh trage.« Alan griff in seine Hosentasche und zog etwas heraus, das ich in der fortschreitenden Dämmerung erst auf den zweiten Blick als Bund getrockneter und ziemlich plattgepresster Pflanzen erkannte, verschnürt mit einem blauen Bändchen. »Johanniskraut und Vergissmeinnicht, zwei alte Schutzkräuter gegen Feen. Das Vergissmeinnicht hilft mir, die Absichten und Geheimnisse der Feen zu durchschauen. Ich würde dir empfehlen, auch immer etwas davon bei dir zu tragen. Und das Johanniskraut macht mich unsichtbar, für Feen und alle, die unter ihrem Zauber stehen.«
    »Das ist schön für dich«, erwiderte ich kühl. »Aber wirklich, ich habe mir genug von deinen Geschichten angehört, und ich bitte dich höflich, dass du jetzt gehst.«
    Alan schüttelte den Kopf. »Verstehst du nicht? Ich habe dich heute im Garten gesehen. Du hast mehrmals in meine Richtung geschaut, ich habe dir zugewunken, aber du hast nicht reagiert! Du konntest mich nicht sehen!«
    Also gut. Ein Geheimnis gelöst. Dann wusste ich jetzt wenigstens, wessen Fußspuren ich da gefolgt war. Aber dann begriff ich, was Alan sagen

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