Das Puppenzimmer - Roman
müsstest, als darüber, dass deine Matratze dünner ist als Blanches. Und das, wenn du mir die Bemerkung gestattest, scheint dir nicht geschadet zu haben.«
Mir fehlten die Worte. Alles, was ich sagte, prallte an Rufus ab, und das Ärgerlichste war, ich hätte es wissen müssen. Ich kannte Rufus nicht erst seit drei Tagen. Ich wusste, dass ihn nichts aus der Fassung brachte und dass ich mir die Zähne an ihm ausbeißen konnte. Warum hatte ich mich nicht auf die Suche nach Violet begeben oder an Blanches Zimmertür geklopft? Das hatte ich jetzt davon. »Sie haben mich behandelt wie Dreck«, sagte ich. Diesmal würde ich nicht klein beigeben, anfangen zu heulen oder mich sonst wie dumm und kindisch verhalten. »Und das wäre nicht nötig gewesen.«
»Ich behandle dich so, wie es dir zusteht«, erwiderte Rufus ungerührt. »Du weißt nicht, wer du bist. Du weißt nicht, wo dein Platz ist. Glaubst du vielleicht, alle Feen sind gleich? Bis du deinen Namen kennst, darfst du dich freuen, wenn ich dich nicht wie Luft behandle.« Er faltete seine Zeitung zusammen und lächelte. »Aber wo du schon einmal da bist und offenbar die Grundlagen verstanden hast, warum sprechen wir nicht einmal offen über deine Aufgaben in diesem Haus? Was wir von dir verlangen, und was, wie du schon richtig erraten hast, nur du tun kannst?« Er stand auf. »Ich gehe nicht davon aus, dass du gerade schon bereit bist für dein drittes Glas Feenwein. Jetzt hängt es nur an der Frage, ob und wie viel Verstand du hast. Also, sei so gut und begleite mich ins Puppenzimmer.«
Und ich, widerspruchslos wie ein dummes Küken, folgte ihm.
Rufus wartete nicht, bis ich meinen Schlüssel geholt hatte, sondern zog seinen eigenen aus der Brusttasche und sperrte damit die Tür auf. Oder war das doch meiner? Als ich in Evelyns Kleid geschlüpft war, um mit Lucy zu fliehen, hatte ich den Schlüssel mit meinen restlichen Sachen zurückgelassen und danach keinen Gedanken mehr an ihn verschwendet. Ein wenig schuldbewusst starrte ich auf meine Schuhspitzen. Ich hatte versprochen, immer gut auf den Schlüssel aufzupassen, und wenn ich mein Wort gab, dann bedeutete das normalerweise auch etwas; ich sagte das nicht einfach so dahin. Aber von Rufus kam kein Wort des Vorwurfs. Er öffnete die Tür, wir traten ein, er verschloss sie wieder, und dann reichte er mir den Schlüssel, als hätte er ihn sich nur kurz ausgeborgt. Ich zündete meine Kerzen an, so wie ich es jeden Tag gemacht hatte. Dann wartete ich.
»Es ist normalerweise nicht meine Art, ein Lob auszusprechen«, sagte Rufus, »aber ich denke, da außer dir niemand da ist, vor dem ich mein Gesicht verlieren könnte, kann ich dir sagen, dass ich bis jetzt mit deiner Arbeit durchaus zufrieden bin.«
Mein Herz machte einen kleinen Hüpfer. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich Rufus nicht ausstehen konnte, trotzdem war ein Lob aus seinem Munde eine Menge wert. Ich versuchte, ein Lächeln zu unterdrücken, aber selbst wenn sich mir die Lippen doch etwas kräuselten, Rufus war es egal, was ich von ihm hielt.
»Ich denke, dass du zumindest gelegentlich mit Verstand gesegnet bist – bilde dir nichts darauf ein, ich habe dich deswegen ausgewählt, du brauchst nicht zu glauben, dass ich mir ein schwachsinniges kleines Mädchen ins Haus geholt hätte, und wenn es zehnmal eine Fee ist. Sage mir also: Was, glaubst du, ist deine Aufgabe?«
»Ich finde heraus, welche Seelen gut sind«, sagte ich, »und von den guten Seelen, welche so weit sind, dass sie ihren Körper bekommen können.«
Im Licht der Kerzen sah ich Rufus lächeln. Es war so kalt wie seine Haut. »Nun, das hast du getan«, sagte er. »Was die unreifen Seelen angeht, so werden sie wohl noch ein paar Jahre benötigen, bis sie so weit sind. Wenn es danach geht, ist deine Arbeit getan, und ich kann dich ins Waisenhaus zurückbringen. Denkst du, dass ich das tun sollte?«
Die Frage war wohl nur rhetorisch gemeint, aber ich musste doch einen Moment lang überlegen. Es war eine Chance, aus Hollyhock wegzukommen, eine Chance, die ich so schnell nicht wieder bekommen würde in Anbetracht eines Anwesens, in dem alle Wege an einer Mauer endeten. Aber ich konnte nicht zurück. Nicht, seit ich wusste, dass auch ich eine Fee war. »Wie haben Sie mich eigentlich gefunden?«, fragte ich. »Woran haben Sie erkannt, dass ich eine Fee bin?«
»Du lenkst vom Thema ab«, erwiderte Rufus. »Ich nehme an, das tust du, weil du bereits ahnst, was ich wirklich von dir verlange.
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