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Das Puppenzimmer - Roman

Das Puppenzimmer - Roman

Titel: Das Puppenzimmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Ilisch
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doch auf Bewährtes zurückzugreifen …« Er faltete die Hände und beugte sich vor. »Wie fühlst du dich?«
    Sein Gesicht so nah vor mir war eine Einladung, ihn zu ohrfeigen, doch ich beherrschte mich. »Das wissen Sie genau«, sagte ich eisig. »Sie haben mich gerade jemanden umbringen lassen – haben Sie den Schrei nicht gehört? So viel zum Thema: › Es ist schmerzlos und schnell vorüber ‹ !« Ich spie ihm die Worte entgegen, doch der Blick, mit dem Rufus den Kopf schüttelte, war völlig unschuldig.
    »Ich frage, weil ich es mir nicht vorstellen kann«, sagte er ruhig. »Du lässt dich zu sehr von deiner menschlichen Seite leiten. Vergiss sie. Du verstrickst dich nur in unnötigen Schuldgefühlen, die dir Dinge vorspiegeln, die so nicht geschehen sind. Ja, ich habe dich schreien gehört. Dich, nicht die arme Seele, der du ein Ende gesetzt hast. Aber weil du dir bereits ein derart schlechtes Gewissen aufgebürdet hattest, ehe du auch nur mit der Arbeit begonnen hast, konntest du nicht anders, als das Ganze als ein entsetzliches Verbrechen wahrzunehmen. Es wird dich behindern in allem, was du von nun an tun wirst, wenn du nicht lernst, das hinter dir zu lassen. Nichts davon bist wirklich du. Du bist eine Fee. Du solltest über den Dingen stehen.«
    »Dingen?«, schrie ich. »Ich rede von Seelen, Sie reden von Dingen?«
    »Selbst Shakespeare hat die Seele schon als Ding bezeichnet«, erwiderte Rufus, »und wenn es jemals einen Menschen gegeben hat, der wusste, wovon er schrieb, dann er.«
    »Aber so bin ich«, sagte ich fest. »In meinem Herzen bin ich ein Mensch, und ich bin stolz darauf. Sie können mir das nicht wegnehmen.«
    »Doch«, sagte Rufus. »Doch, das kann ich. Ob ich das will, sei dahingestellt, aber ich könnte es, mit einem Fingerschnipsen. Aber ich möchte dir lieber die Möglichkeit geben, selbst zu erkennen, dass du ohne deine sterblichen Gefühle besser dran bist. Ich kann dir helfen, sie aufzugeben. Sie haben dich bis hierher getragen, aber du benötigst sie nicht mehr. Jetzt sind sie nur noch das, was dich davon abhält, vollständig zu erwachen. Willst du für alle Zeiten ein Wechselbalg bleiben, ewig gefangen zwischen zwei Welten? Oder willst du den Platz einnehmen, der dir von Natur aus zusteht?«
    »Und wie wollen Sie das anstellen?«, höhnte ich unbeeindruckt. »Wollen Sie mich ins Feenfeuer stoßen, damit es alles von mir, das noch menschlich ist, verbrennt?«
    Es war egal, was ich versuchte. Einen Menschen hätte ich bis zur Weißglut reizen können, aber Rufus war aus Eis; es gab keine Gefühle in ihm und darum auch nichts, wo ich meinen Hebel hätte ansetzen können. Ich konnte stolz auf mich sein, dass ich Violet einmal dazu gebracht hatte, mich zu ohrfeigen, und Blanche, mir zu zürnen, aber an Rufus waren alle Versuche vergebene Liebesmüh. »Sehr viel einfacher«, sagte er, »und sehr viel weniger schmerzhaft. Du erinnerst dich an den Feenwein, den wir dir zweimal gereicht haben? Ein vortreffliches Gebräu aus Trauben, die nur auf der anderen Seite wachsen, man könnte ihren Namen vielleicht mit Lethebeeren übersetzen. Er hilft dir, dich an deine Feenseite zu erinnern, und zugleich Sterblichen, die versehentlich in Kontakt mit einer Fee gekommen sind, zu vergessen, was sie nicht wissen dürfen. Wenn du ein drittes Mal von dem Wein trinkst, wirst du die irdischen Bindungen abschütteln, deine menschliche Seite vergessen, und ganz Fee sein können.«
    »Das schlagen Sie mir vor?« Ich war zu perplex, um auch nur zu schreien, selbst wenn das die einzig richtige Reaktion gewesen wäre; es gab keine Worte, die ausgereicht hätten, um diesen unbändigen Zorn aus mir hinauszulassen. »Das schlagen Sie mir wirklich vor?«
    »Und ich denke, es ist ein gutes Angebot«, sagte Rufus. »Du wirst nicht mehr gut schlafen können nach dem, was du glaubst, getan zu haben. Es wird dir keine Ruhe mehr lassen, und die Schuld wird dich erdrücken. Ein Glas, nur noch ein einziges Glas, und all das liegt hinter dir. Denk darüber nach.«
    Ich schüttelte den Kopf und stand auf. »So kommen wir nicht ins Geschäft«, sagte ich. »Zweimal haben Sie mir den Wein schon gegen meinen Willen eingeflößt, und jetzt, beim dritten und entscheidenden Mal, soll ich mich plötzlich frei entscheiden dürfen? Das glauben Sie doch selbst nicht.«
    »Ich zwinge dich nicht«, sagte Rufus. »Und mir ist auch egal, ob du dich jemals an deinen Namen erinnerst. Im Moment bist du jemand, der mir dient – alles

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