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Das Puppenzimmer - Roman

Das Puppenzimmer - Roman

Titel: Das Puppenzimmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Ilisch
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sich zu beherrschen.
    »Wie du meinst«, sagte Rufus. »Wir werden dir Wohnräume herrichten lassen, die dir angemessen sind. Die Räumlichkeiten, die von mir genutzt werden, werden verschlossen bleiben, ebenso wie die privaten Gemächer der Königin – sollte sie doch noch einmal einen Fuß nach Hollyhock setzen, wird alles so sein, wie sie es zurückgelassen hat. Versuche nicht, diese Orte zu betreten, sie sind für dich tabu und mit einem Bann belegt.«
    Ich nickte. Natürlich würde ich meine Neugier zügeln müssen; wenn Violet persönlich einen Bann aussprach, hatte ich niemals die Macht, diesen zu umgehen. Aber das war nichts, weswegen ich mich ärgern sollte. Für Feen war ein Bann so selbstverständlich wie für Menschen eine verschlossene Tür. Ich fragte mich, warum für Blanche das Puppenzimmer nicht gebannt worden war – aber sie war immerhin die Tochter der Königin, nur Violet war hochrangig genug, um einen Bann auszusprechen, der gegen sie gewirkt hätte, und jeder wusste, dass Violet nie in der Lage gewesen war, der Kleinen einen Wunsch abzuschlagen. Vermutlich hatte sich Rufus an beiden die Zähne ausgebissen, was das betraf – aber Blanche hatte sich von ihm nichts sagen lassen müssen, und das hatte sie auch nicht getan. Jetzt war es zu spät. Und ich hatte nicht vor, in alten Wunden herumzurühren.
    »In der Übergangszeit kannst du das Zimmer im ersten Stock nutzen«, redete Rufus weiter, und ich wusste, dass er Blanches meinte. Bevor ich auch nur sagen konnte, dass ich nicht vorhatte, die Kleider einer Toten aufzutragen, weder Blanches noch die von Lavender, erklärte er auch schon: »Du wirst eine eigene Ausstattung bekommen nach deinen eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen. Die Dienerschaft wird deinen Befehlen folgen, und du wirst alle Rechte und Pflichten einer Hausherrin wahrnehmen. Für den Unterhalt des Hauses und dein Auskommen wird gesorgt sein, die Königin erkennt an, wie wichtig deine Aufgaben sind und dass niemand außer dir in der Lage ist, sie auszuführen. Niemals war die Rede davon, dass sie sich nicht erkenntlich zeigen wird.«
    Ich blickte ihn an, und dann hörte ich mich leise fragen: »Einfach so?«
    Rufus lächelte. »Was immer du damit meinen magst. Wenn es dir darum geht, dass du Hollyhock besitzen sollst – es ging uns von Anfang an darum, eine Nachfolgerin für Lavender zu finden, die in der Lage ist, die Seelen zu erkennen, und nicht an dem sterben wird, was Lavender umgebracht hat. Es war nur eine Frage der Zeit, bis du der Rolle gewachsen bist, die das Schicksal dir zugedacht hat, und deinen Platz als Fee akzeptierst. Wir konnten nicht das Risiko eingehen, einem weinerlichen Menschenmädchen oder zweifelnden Wechselbalg diese Verantwortung zu übertragen, aber jetzt, da du erwacht bist, warum sollen wir noch Zeit verlieren?«
    »Und wann ist es so weit?«, fragte ich. In mir war etwas, das mit ausgebreiteten Armen durch das Haus tanzen wollte, und ich hoffte, dass das meine Feenseite war. Wenn Rufus merkte, dass ich noch immer mit meinem menschlichen Erbe zu ringen hatte, würde er es sich vielleicht anders überlegen und auch nach Violets Abreise noch als mein Aufpasser im Haus bleiben. Und ich freute mich jetzt schon darauf, sie los zu sein, alle beide.
    »So bald als möglich«, antwortete Violet. »Ich möchte die Zeit, die ich in diesem Haus verbracht habe, nicht noch unnötig in die Länge ziehen.«
    Rufus hätte ich fragen können, ob das nicht genauer ging, bei Violet durfte ich mir das nicht herausnehmen. So nickte ich nur und sagte: »Ich danke Euch für das Vertrauen, das Ihr mir entgegenbringt.« Wenn sie erst einmal fort waren, musste ich mir keine Gedanken mehr darüber machen, ob man mich für voll nahm oder behandelte wie ein kleines Kind. Was das Personal anging, würde ich schon dafür sorgen, dass es wusste, wo sein Platz war und wo meiner.
    Und die Arbeit mit den Puppen? Das war eine Aufgabe für Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Ich musste nicht jeden Tag mit ihnen verbringen, und bis die nächste Seele herangereift war, hatte ich viel Zeit, zu tun und zu lassen, was mir beliebte. Ich ahnte, dass Langeweile sich als mein größtes Problem herausstellen würde, und einen Augenblick lang war ich besorgt, dass es vielleicht doch ein wenig einsam werden konnte. Aber was ich als Ersatz bekam, war Macht, und welche Fee hätte bei der Auswahl gezögert?
    »Wir bringen dir jetzt dieses Vertrauen entgegen«, sagte Violet. »Aber sei dir bewusst, dass

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