Das Rachespiel: Psychothriller (German Edition)
her‹?«
»Ach, ich weiß es nicht, vielleicht war es dieser Irre.«
Frank hatte das Gefühl, dass sie mehr wusste, als sie sagte. »Du denkst es war Torsten, oder?«
»Nein … ich … vielleicht. Ich weiß es doch nicht. Ja, vielleicht, von der Größe her könnte er es gewesen sein, aber ich habe sein Gesicht nicht erkennen können, es ging so furchtbar schnell.«
Frank überlegte, was sie als Nächstes tun sollten. Sich irgendwo verstecken und warten. Aber worauf? Auf die letzte Aufgabe, die einem von ihnen vielleicht einen Punkt bringen würde? Und dann? Dann konnte entweder Manuelas Sohn oder vielleicht seine Familie überleben. Aber sie beide, Manuela und er, würden auf jeden Fall in diesem verdammten Bunker sterben. Wie würde der Kerl sie wohl umbringen? Würde er sie einfach eingesperrt lassen, bis sie vor Unterkühlung und Hunger und Durst umkamen? Oder würde er sein Werk selbst zu Ende bringen? Und dann gab es ja auch noch die Ratten. Im Moment waren sie überall in der großen Anlage verteilt. Aber wer konnte wissen, was dieser Kerl noch in petto hatte? Frank dachte an den dürren Mann aus dem Video. Sofort fuhr ihm eine Faust in den Magen.
»Lass uns hier verschwinden«, sagte er zu Manu, nicht zuletzt, um sich selbst von seinen Gedanken abzulenken. »Ich habe Jens in einen der Räume gleich hier vorne gelegt, damit er vor den Ratten geschützt ist. Komm mit, ich denke, da sind wir erst einmal sicher vor … allen.«
»Wie geht es ihm? Ist er bei Bewusstsein? Konntest du mit ihm reden?«
»Nein, und ich fürchte, es geht ihm nicht gut. Er hat sicher noch mehr Blut verloren. Komm jetzt.«
Frank wandte sich um und zog sie mit sich. Manuela wehrte sich nicht und ging wie willenlos hinter ihm her. Als sie den Raum erreichten, fiel Frank auf, dass er vergessen hatte, die Tür hinter sich zu schließen. Er hoffte, dass in der Zwischenzeit keine Ratten hindurchgeschlüpft waren.
Manuela blieb neben der Tür stehen, nachdem Frank sie hinter sich geschlossen hatte. »Wo ist Jens?«
»Er liegt auf dem Boden, etwa zwei Meter vor dir.«
Den Geräuschen nach zu urteilen, ging Manuela vorsichtig zu Jens und kniete sich neben ihn. Frank setzte sich dort, wo er war, auf den kalten Boden und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand. Er zitterte und wusste nicht, ob es vor Kälte war oder vor Erschöpfung.
»Er atmet sehr flach, und sein Puls ist schwach. Hoffentlich überlebt er die Nacht.«
»Wozu?«
»Was?« Frank hörte, dass Manuela sich ihm zugewandt haben musste.
»Ja«, sagte er und hörte selbst die Resignation in seiner Stimme. »Wozu soll er die Nacht überleben? In ein paar Stunden sterben wir doch sowieso.«
»Das darfst du nicht sagen. Noch können wir etwas tun. Was ist mit der dritten Aufgabe?«
Frank erzählte ihr von der Fahne und von Torsten. Manuela hörte ihm geduldig zu.
Als er fertig war, sagte sie: »Ich hätte nie gedacht, dass Torsten sich so verhalten würde. Aber jetzt glaube ich immer mehr, dass er es war, der mir diesen Schlag gegen den Kopf verpasst hat.«
»Und was war dann? Ich meine, was ist danach passiert?«
»Ich weiß es nicht. Als ich wieder zu mir kam, lag ich in einem dieser Schlafräume, eine Etage tiefer. Das wusste ich aber zu dem Zeitpunkt noch nicht, weil es ja stockdunkel war. Ich hatte solche Angst …«
»Warst du gefesselt? Oder eingeschlossen?«
»Ich war mit den Händen an ein Bettgestell gefesselt. Mit Draht. Ich habe lange gebraucht, um mich zu befreien. Aber ich musste da raus. Da waren auch überall Ratten. Und ich dachte, wenn er zurückkommt, dann … Ich dachte an das Video.«
Frank hörte, dass sie weinte, aber er war zu erschöpft, um zu ihr zu rutschen und sie in die Arme zu nehmen. Er saß einfach nur da und hörte ihrem Schluchzen zu.
»Meine Handgelenke«, sagte sie nach einer Weile. »Sie sind verletzt. Ich weiß nicht, wie schwer, aber ich glaube, die Wunden sind ziemlich tief.«
»Alle Wunden sind ziemlich tief. Besonders die alten.« Frank wusste nicht, warum er das sagte. Die Worte waren einfach so aus ihm hervorgesprudelt, und er war zu müde, um darüber nachzudenken.
»Was … meinst du damit? Diese Sache damals?«
»Ja. Dass ein Junge gestorben ist, weil wir unseren Spaß haben wollten. Er ist gestorben, weil er darauf vertraut hat, dass wir niemals etwas von ihm verlangen würden, was wirklich gefährlich ist.« Frank dachte über all das nun schon seit fast dreißig Jahren nach, und jetzt sprudelten seine
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