Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)
antwortete Orffyreus und wandte sich dann wieder der Marquise zu. »Dürfte ich Euch kurz unter vier Augen sprechen, Marquise?«
Die Marquise tat erstaunt. »Habt Ihr Geheimnisse, lieber Orffyreus?« Sie lachte schrill und entschuldigte sich kurz bei Gravesande und Gärtner.
Orffyreus fasste sie am Arm und geleitete sie ein Stück zur Seite. »Madame, was habt Ihr für ein Spektakel aus dieser Wette gemacht! Es sind mehr Leute anwesend als bei der Einweihung des Herkules!« Seiner Stimme konnte man entnehmen, dass er zutiefst verärgert war.
»Ich dachte, Ihr freut Euch, Inventore , wenn es möglichst viele Zeugen für Euren triumphalen Erfolg gibt!«, erwiderte die Marquise beleidigt. »Der Landgraf setzt große Hoffnung in Euch und Eure Maschine. Ich dachte, es wäre auch in seinem Interesse, dass die Wette ausreichend Beachtung findet! Nun ja, solltet Ihr verlieren, wird es natürlich äußerst peinlich für Euch …«
Orffyreus verdrehte die Augen. »Mit Verlaub, Ihr inszeniert ein Theaterstück!«
Die Marquise lächelte und schob ihren Kopf näher an ihn heran. »Ich weiß«, sagte sie und ergänzte mit leiser Stimme, sodass er es gerade noch hören konnte: »Und ich hoffe, es wird keine Tragödie für Euch. Verliert Ihr die Wette, könnt Ihr Euch an diesem Hofe und an allen anderen Höfen dieser Welt nicht mehr sehen lassen!« Die Marquise warf ihm einen seltsamen Blick zu. Dann löste sie sich von ihm und setzte wieder einen übertrieben heiteren Gesichtsausdruck auf. »Wo ist denn Euer Weib?«, fragte sie.
»Sie ist verhindert!«, entgegnete Orffyreus missmutig.
»Das ist aber schade. Warum habt Ihr nicht an ihrer Stelle Eure Magd mitgebracht?«, säuselte die Marquise.
Orffyreus rang um Fassung. Er versicherte sich, dass keiner der Umstehenden diese Äußerung der Marquise gehört hatte. Niemand schien von ihrem Gespräch Notiz zu nehmen. Lediglich Gärtner, der sich mit Professor Gravesande unterhielt, beobachtete sie aus einigen Metern Entfernung.
»Warum sollte meine Magd mich begleiten? Ihr habt doch eigene Bedienstete«, erwiderte Orffyreus. Er musste sich zwingen, seinen Zorn zu unterdrücken. »Wie steht es denn mit Eurem Gatten? Wie man hört, ist dieser derzeit etwas unpässlich? Er soll, wie soll ich sagen, hinter besonderen Mauern sitzen?«
»Seid vorsichtig, was ihr sagt!«, herrschte die Marquise ihn an und verengte ihre Augen zu schmalen Schlitzen.
Orffyreus lächelte. »Verzeiht, wenn ich Gerüchten über den Vater Eurer Kinder aufgesessen bin. Jetzt, wo ich Euer Interesse an meiner Magd kenne, stelle ich sie Euch gern bei nächster Gelegenheit vor. Ihr dürftet Euch gut vertragen. Denn genau genommen seid Ihr doch gleichen Standes!«
Die Marquise wurde blass, öffnete den Mund und starrte Orffyreus ungläubig an. »Wie könnt Ihr es wagen …«, begann sie sich zu empören, als plötzlich der Landgraf zu den beiden trat.
»Orffyreus, mein werter Freund!«, rief er. »Habe ich Euch in diesem unsäglichen Getümmel endlich gefunden!« Sein Blick streifte seine Geliebte. »Vertreibt Ihr der Marquise die Zeit? Welche traurige Geschichte habt Ihr erzählt, dass sie so verdrossen dreinblickt?«
Orffyreus begrüßte den Landgrafen und deutete auf die Marquise. »Wir philosophierten gerade darüber, wie sehr wir alle Gefangene der Liebe sind und wie man dem Herrn ein guter Diener sein kann«, antwortete er und warf der Marquise einen listigen Blick zu, den sie widerwillig erwiderte.
Der Landgraf schaute beide prüfend an, wobei die Marquise ihr Gesicht hinter ihrem Fächer verbarg. »Solch ernste Themen an einem so fröhlichen Abend? Ich schlage vor, wir schreiten lieber dazu, endlich das Wettspiel aufzulösen. Wo ist dieser Gärtner, der so mutig war, Euch herauszufordern?« Der Landgraf reckte seinen Kopf, als würde er nach ihm suchen.
Orffyreus zeigte auf seinen Kontrahenten, der immer noch einige Schritte entfernt mit Gravesande zusammenstand. »Dort. Erlaubt mir, ihn Euch vorzustellen!«, sagte Orffyreus. Kurz verabschiedete er sich von der Marquise. »Es war nett, mit Euch zu plaudern!« Anschließend führte er den Landgrafen hinüber zu Gärtner und Gravesande.
Der Landgraf musterte Gärtner. »Ihr seid also der Waghalsige, der eine derartige Summe gegen das Rad des Orffyreus setzt?«, begrüßte er ihn.
Gärtner nickte.
»Was macht Euch so sicher, dass das Rad stillsteht, wenn wir die Tür gleich öffnen?« Dann fügte der Landgraf mit ernstem Gesicht hinzu: »Habt Ihr es
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