Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)
hat seinen Diener erstochen, auf offener Straße. Dieser hatte sich geweigert, in seinem Namen Geld zu leihen.«
»Ah!« Newton streckte den Kopf, um besser sehen zu können. Der Marquis winkte mit seinen gebundenen Händen in die Menge und schien bester Laune zu sein.
»Welch Fröhlichkeit er ausstrahlt!«, stellte Brand fasziniert fest.
»Auf dem Weg vom Gefängnis in Newgate bis hier heraus hält der Gefangenentransport an zwei Gasthäusern, meist am Bowl Inn in St Giles und am Mason’s Arms in Seymour Place. Dort ist es den Gefangenen erlaubt, ein Glas Bier zu sich zu nehmen. Offensichtlich verträgt der Italiener nicht viel!«, stellte der Sheriff belustigt fest. Inzwischen war der Karren am Galgen angekommen.
»Wo wir gerade über den Marquis sprechen … Wisst Ihr, was mit dem Marquis de Langellarie geschehen ist?«, fragte Newton.
»Für den Ihr Euch vergangenes Jahr eingesetzt hattet?«
»Ein Irrtum von mir«, sagte Newton entschuldigend.
»Er hat es leider nicht bis zum Galgen geschafft. Er starb im Gefängnis. Angeblich soll er das Essen verweigert haben und verhungert sein.«
Newton nahm die Nachricht regungslos auf.
»Ich kenne Euch doch, Sir«, fuhr der Sheriff fort. »Ihr seid nicht nach Tyburn herausgekommen, um Triple Tree zu bewundern oder mit mir die letzten Neuigkeiten vom Galgen auszutauschen. Ihr ließet mir ausrichten, Ihr müsstet mich in einer wichtigen Angelegenheit sprechen!«
»Wohl wahr«, erklärte Newton. »Mein Freund, Sir Edward Brand, und ich möchten Euch an einem Geschäft beteiligen. Wie ich weiß, seid Ihr einer guten Rendite niemals abgeneigt. Erst neulich sprachen wir beide über unsere Investments bei der South Sea Company. Nachdem die Reise in die Neue Welt nun nicht die erhofften Gewinne gebracht hat, habe ich gedacht, Ihr seid vielleicht an einer anderen Gelegenheit interessiert, Euer Geld zu vermehren.«
Unter ihnen erhob sich großer Jubel. Der Henker hatte das Seil um den Hals des Marquis gelegt, und die Gehilfen waren mit einer langen Leiter auf den Holzbalken gestiegen, um dort das andere Ende zu befestigen. Nun bat der Henker um Ruhe, damit der Marquis seine letzte Rede halten konnte.
»Was ist das für ein Geschäft?«, wollte der Sheriff mit gedämpfter Stimme wissen.
»Mein Freund Brand, ich und einige andere vermögende Mitglieder der Royal Society gedenken, eine Maschine zu erwerben, die in der Lage sein könnte, eine Revolution auszulösen.«
»Eine Revolution?«, wiederholte der Sheriff misstrauisch.
Vor ihnen erschallten Buhrufe. Der Marquis hatte mit seiner Rede begonnen, die er zur Enttäuschung der Anwesenden auf Italienisch hielt. Steine flogen auf ihn zu, was seinen Zorn hervorrief. Mit hochrotem Kopf brüllte er italienische Vokabeln ins Publikum.
»Eine wirtschaftliche Revolution. Stellt Euch vor, es gäbe eine Maschine, die mit Leichtigkeit Pferde ersetzen kann. Die Fahrzeuge und Schiffe antreibt. Die mühelos Arbeit verrichtet. Eine Windmühle, die keinen Wind benötigt. Eine Wassermühle, die ohne Wasser auskommt. Eine einzige Maschine, die all dies kann.«
Der Sheriff verzog das Gesicht. »Gibt es eine solche Maschine?«, fragte er skeptisch.
»Eventuell«, erwiderte Newton. »Um das herauszubekommen, suchen wir Investoren, die bereit sind, eine Summe von hunderttausend Talern aufzubringen. Wir benötigen das Geld in dieser Währung, weil der Mann, der bereit ist, einen solchen Automaten zu verkaufen, im Ausland lebt.«
»Hunderttausend Taler!«, rief der Sheriff aus.
Die Schaulustigen gerieten außer Rand und Band, während der Italiener weiter wie von Sinnen schrie: »Bastardo! Bricconi! Birbanti!« Schließlich reichte es dem Henker, und er stülpte dem rasenden Italiener den schwarzen Beutel über den Kopf. Der Marquis begann daraufhin zu wimmern.
»Ihr könntet Euch mit zehntausend Talern beteiligen«, schlug Newton vor. »Euch würde dann ein Zehntel aller Einnahmen zustehen, die bei einem Weiterverkauf oder einer Nutzung der Maschine entstehen.«
Der Gesichtsausdruck des Sheriffs hellte sich auf. »Das klingt schon besser.«
Neben dem Galgen bäumten sich die Pferde auf und begannen, den Karren wegzuziehen. Der Marquis versuchte die Füße so lange wie möglich auf der Ladefläche zu halten, verlor jedoch schließlich den Kontakt. Seine Beine baumelten nun etwa anderthalb Meter über dem Boden.
»Aber Ihr müsst doch wissen, ob eine solche Maschine möglich ist«, fuhr der Sheriff fort. »Ihr seid Wissenschaftler.
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