Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)
nicht, das Ter’angreal zu verlassen. Das wurde nicht bekannt gemacht; die Weiße Burg machte ihre Fehler nie publik, und eine Frau, die bei ihrer Prüfung starb, zählte in der Burg als gewaltige Niederlage. Ellid verschwand einfach, und ihre Besitztümer wurden verteilt. Aber es gab einen Trauertag, und Moiraine trug weiße Schleifen im Haar und knotete lange, mit Spitzenrand versehene weiße Seidentücher um jeden Arm, sodass sie bis zu ihren Handgelenken baumelten. Sie hatte Ellid nie gemocht, aber die Frau verdiente ihre Trauer.
Nicht jede Schwester, die stark genug war, sie springen zu lassen, hatte auch das Bedürfnis dazu. Elaida ging ihnen aus dem Weg oder zumindest sahen sie sich nicht wieder, bis sie hörten, dass sie abgereist und nach Andor zurückgekehrt war. Trotzdem war es eine Erleichterung, als sie davon hörten. Sie hätte ihr Leben zu einem Albtraum machen können, der beinahe genauso schlimm gewesen wäre wie zu ihrer Zeit als Novizinnen und Aufgenommene. Vielleicht sogar noch schlimmer. Die kleinlichen Aufträge, die Novizinnen und Aufgenommene als gegeben hinnahmen, wären für sie als Aes Sedai fast schon eine Buße gewesen. Wenn nicht sogar noch mehr.
Lelaine, deren Rang so hoch wie Elaidas und die außerdem noch eine Sitzende war, lud sie einige Male zum Tee ein, um den Druck der ersten Wochen zu mildern, wie sie sich ausdrückte. Siuan kam sehr gut mit ihr zurecht, aber Moiraine machte sie mit ihrem durchdringenden Blick etwas nervös. Es hatte immer den Anschein, als wüsste Lelaine mehr von einem, als sie enthüllte, dass man vor ihr keine Geheimnisse haben konnte. Andererseits konnte Siuan nicht verstehen, warum Moiraine Anaiya mochte. Es war nicht wegen der Heilung. Anaiya war warmherzig und offen, und sie flößte einem das Gefühl ein, dass am Ende alles gut werden würde. Fast jede Unterhaltung mit Anaiya erwies sich als tröstlich. Moiraine glaubte, dass sie irgendwann vielleicht eine genauso enge Freundin wie Leane werden konnte, wenn auch keine so enge Freundin wie Siuan.
Die Freundschaft mit Leane setzte nahtlos dort an, wo sie aufgehört hatte, und zwar bei Siuan und ihr, und sie brachte Adine Canford mit, eine mollige, blauäugige Frau mit kurz geschnittenem schwarzem Haar, die, obwohl sie Andoranerin war, keinerlei Arroganz zeigte. Natürlich war sie nicht besonders stark in der Macht. Es wurde einem tatsächlich zur zweiten Natur, das immer in Betracht zu ziehen. Sie erneuerten die Bekanntschaft mit Schwestern anderer Ajahs, die zusammen mit ihnen Aufgenommene gewesen waren, und fanden heraus, dass sich die Freundschaft in manchen Fällen mit wenigen Worten wiederbeleben ließ, während sie bei anderen zu bloßer Höflichkeit geschrumpft war, und ein paar hatten sich so sehr an die Kluft zwischen Aufgenommenen und Aes Sedai gewöhnt, dass sie sie jetzt, da sie die Stola trugen, nicht wieder schließen wollten. Aber es reichte. Freundinnen erleichterten so manche Bürde, sogar die, die ihnen gar nicht bewusst geworden waren.
Aber die Tage vergingen trotz Freundinnen mit gletscherhafter Langsamkeit. Meilyn verließ schließlich die Burg, dann Kerene, nacheinander gefolgt von Aisha, Ludice und Valera, aber Moiraines Erleichterung, dass die Suche endlich begonnen hatte, wurde durch die Frustration geschmälert, dass man sie ausgeschlossen hatte. Siuan fing an, sich für ihre Arbeit zu interessieren, sodass ihre Klagen allenfalls halbherzig erschienen. Sie brach früher als nötig zu Cetalias Gemächern auf und blieb oft bis zur Zweiten oder Dritten Essensausgabe. Moiraine hatte keine derartige Ablenkung. Ihre Albträume kamen auch weiterhin, von dem Baby im Schnee und dem gesichtslosen Mann und dem Sonnenthron, wenn auch nicht mehr so häufig – von dem letzten Mal abgesehen. Das war allerdings so furchtbar wie immer. Sie verbannte den größten Teil der Spitzenverzierungen aus ihren Gemächern, was nur einen Besuch bei einer Kissenmacherin und eine kurze Wartezeit für die Änderungen erforderte. Nicht alle Spitzen, wegen Anaiyas offensichtlicher, wenn auch stillschweigender Enttäuschung, sie verschwinden zu sehen, und so blieb ihr Bett ein weißes Schaummeer, das Siuan fröhlich kichern ließ. Aber sie verbrachte mehr Zeit in den anderen Räumen, also blieb nur das Bett übrig. Nach zahllosen Versuchen gelang es ihr, einen Kuchen zu backen, ohne ihn anbrennen zu lassen, aber Aeldra nahm einen Bissen und wurde ganz grün im Gesicht. Siuan brachte einen Fischkuchen
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