Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)
Aufmerksamkeit galt dem geschlossenen Tor, und ab und zu wechselten sie ein Wort mit den Wachen. Sie schienen ungeduldig darauf zu warten, dass das Tor geöffnet wurde, und warfen kaum einen Blick in Moiraines Richtung. Im Licht der Lampen waren ihre Gesichter deutlich zu sehen. Ein grauhaariger alter Mann und ein junger mit hartem Gesicht, in dunklen, knielangen Mänteln, die geflochtene Lederbänder um die Köpfe trugen. Malkieri? Sie glaubte, dass die Bänder das bedeuteten. Der Dritte war ein Arafeler mit Glöckchen in den Zöpfen, in einem dunkelgelben Mantel mit noch mehr Glöckchen. Derselbe Mann, den sie aus ihrem Gasthaus hatte kommen sehen.
Als der erste Sonnenstrahl zuließ, dass die Tore geöffnet wurden, waren mehrere Händlerkarawanen zur Abreise eingetroffen. Die drei Männer ritten zuerst hinaus, aber Moiraine ließ ein Dutzend Planwagen mit jeweils Sechsergespannen und den begleitenden Wächtern mit Helmen und Brustpanzern vorausrumpeln, ehe sie ihnen über die Brücke und auf die Straße durch die Hügel folgte. Aber sie behielt die drei in Sichtweite. Bis jetzt ritten sie noch in dieselbe Richtung.
Sie kamen schnell voran, gute Reiter, die kaum einmal die Zügel benutzten, aber Moiraine hatte gegen einen Trab nichts einzuwenden. Je mehr Distanz sie zwischen sich und Cadsuane brachte, desto besser. Sie blieb nahe genug, um die Männer in Sicht zu behalten. Unnötig, ihre Aufmerksamkeit zu erregen, bis sie es wollte. Bei diesem Tempo blieben die Wagen der Kaufleute zurück und waren schon lange nicht mehr zu sehen, bevor sie gegen Mittag das erste Dorf erreichten, eine kleine Ansammlung von Steinhäusern mit Ziegeldächern, die sich auf einem bewaldeten Hügel um ein winziges Gasthaus drängten. Selbst nach einigen Monaten erschien es noch immer merkwürdig, Dorfbewohner mit Schwertern zu sehen und neben jeder Tür mindestens eine Hellebarde. Und Armbrüste und Pfeilköcher. Es mutete höchst merkwürdig an angesichts der Kinder, die auf der Straße spielten und Reifen rollen ließen.
Die drei Männer wurden nicht langsamer und schenkten dem Dorf keinen Blick, aber Moiraine hielt sich lange genug auf, um einen halben Laib knuspriges Weißbrot und eine schmale Kante harten gelben Käse zu kaufen und nach einer Frau namens Avene Sahera zu fragen. Niemand kannte sie, daher galoppierte sie weiter und wurde erst langsamer, als sie die drei Männer, die ihre Pferde nach wie vor zur Eile antrieben, wieder vor sich auf der unbefestigten Straße sehen konnte. Vielleicht wussten sie nicht mehr als den Namen der Schwester, mit der der Arafeler gesprochen hatte, aber alles, was sie über Cadsuane oder die beiden anderen in Erfahrung bringen konnte, mochte nützlich sein.
Sie überlegte sich mehrere Pläne, wie sie sich ihnen nähern konnte, verwarf aber jeden. Drei Männer auf einer verlassenen Waldstraße konnten durchaus der Meinung sein, eine junge Frau ohne Begleitung sei eine gute Gelegenheit, besonders, wenn sie waren, was sie befürchtete. Sie würde ohne Schwierigkeiten mit ihnen fertig werden, sollte es dazu kommen, aber das wollte sie vermeiden. Sollten sie sich als Schattenfreunde oder einfache Straßenräuber entpuppen, würde sie sie gefangen nehmen müssen, um sie den Autoritäten übergeben zu können. Keiner vermochte zu sagen, wie lange das dauern würde, und außerdem würde sie dann nicht länger verbergen können, dass sie eine Aes Sedai war. Die Nachricht über eine Frau, die drei Gesetzlose fing, kaum ein alltäglicher Vorgang, würde sich wie ein Steppenbrand verbreiten. Dann konnte sie genauso gut eine lodernde Feuersäule über ihrem Kopf weben, um allen zu helfen, die sie finden wollten.
Der Wald wich vereinzelten Bauernhöfen, und die Höfe wieder einem größeren Wald, gewaltige Tannen und Kiefern, massive Eichen mit nur winzigen roten Knospen an den dicken Ästen. Ein roter Haubenadler flog über ihnen dahin, keine zwanzig Schritte hoch, und wurde zu einem Umriss vor der untergehenden Sonne. Voraus war die Straße leer bis auf die drei Männer und ihr Lastpferd, und hinter ihr war sie ebenfalls leer. Anständige Leute würden mittlerweile beim Abendessen sitzen. Mit etwas Glück würde sie bald wieder Bauernhöfe sehen, und wenn ein wenig Silber ihr kein Bett verschaffte, dann musste eben ein Heuschober genügen. Wenn sie Pech hatte, würde der Sattel als Kopfkissen dienen müssen, wenn auch als hartes. Eine Mahlzeit wäre nett gewesen. Das Brot und der Käse schienen schon
Weitere Kostenlose Bücher