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Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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ob er es jetzt noch vermeiden konnte, Männer in die Fäule zu führen, war sich nicht einmal sicher, ob er es vermeiden wollte. Die vielen Männer und Frauen, die sich an Malkier erinnerten. Malkier verdiente es, dass man sich daran erinnerte. Aber zu welchem Preis?
    »Was werdet Ihr tun?« Eine einfache Frage und doch schwer zu beantworten.
    »Ich weiß nicht«, entgegnete Lan. Sie hatte nur ein Scharmützel gewonnen, aber er war erstaunt, wie einfach es gewesen war. Eine beachtliche Gegnerin, diese Frau, die einen Teil seiner Seele in ihrem Haar trug.
    Danach unterhielten sie sich leise über die Jagd und Straßenräuber und ob das diesjährige Aufflackern in der Großen Fäule bald wieder abklingen würde. Brys bedauerte, dass er sein Heer aus dem Krieg gegen die Aiel hatte abziehen müssen, aber er hatte keine andere Wahl gehabt. Sie sprachen von den Gerüchten über einen Mann, der die Macht lenken konnte – in jeder Geschichte sollte er an einem anderen Ort sein; Brys hielt ihn für ein Hirngespinst, und Lan stimmte zu –, und von den Aes Sedai, die aus Gründen, die niemand kannte, plötzlich überall zu sein schienen. Ethenielle hatte ihm geschrieben, dass zwei Schwestern eine Frau gefangen genommen hatten, die sich in einem Dorf, durch das ihre Reise sie führte, als Aes Sedai ausgegeben hatte. Die Frau konnte die Macht lenken, aber das nützte ihr nichts. Die beiden Aes Sedai trieben sie mit Peitschenhieben durch das Dorf und ließen sie ihr Verbrechen jedem Mann und jeder Frau gestehen, die dort lebten. Danach brachte eine der Schwestern sie nach Tar Valon, wo sie ihre wahre Strafe bekommen würde, wie immer diese auch aussehen mochte. Lan ertappte sich bei der Hoffnung, dass Alys nicht gelogen hatte und wirklich eine Aes Sedai war.
    Er hoffte auch, dass er Edeyn für den Rest des Tages aus dem Weg gehen konnte, aber als er in seine Räume zurückgeführt wurde – diesmal von einem Diener –, war sie da und wartete, lasziv auf einen der vergoldeten Sessel hingestreckt. Die Diener waren nirgends zu sehen. Anscheinend war Anya wirklich Edeyns Verbündete.
    »Ich fürchte, du bist keine Schönheit mehr, Süßer«, sagte sie, als er eintrat. »Ich glaube, wenn du älter bist, könntest du sogar hässlich sein. Aber deine Augen haben mir schon immer besser gefallen als dein Gesicht.« Ihr Lächeln wurde anzüglich. »Und deine Hände.«
    Er blieb stehen, ohne den Türgriff loszulassen. »Meine Lady, es ist noch keine zwei Stunden her, da habt Ihr geschworen …« Sie schnitt ihm das Wort ab.
    »Und ich werde meinem König gehorchen. Aber ein König ist kein König, wenn er allein mit seiner Carneira ist.« Sie lachte, ein kehliges Lachen. Genoss ihre Macht über ihn. »Ich habe dir deinen Daori mitgebracht. Gib ihn mir.«
    Unwillkürlich folgte sein Blick ihrer Geste zu einem flachen, lackierten Holzkästchen auf einem kleinen Tisch neben der Tür. Es kostete ihn so viel Anstrengung, den Deckel hochzuklappen, als müsste er einen Felsbrocken hochheben. Im Inneren lag ein langes, aus Haar geflochtenes Band. Er konnte sich an jeden Augenblick des Morgens nach ihrer ersten Nacht erinnern, als sie ihn in die Frauenquartiere des Königspalasts in Fal Moran gebracht und die Ladys und Diener hatte zusehen lassen, wie sie ihm das Haar an den Schultern abschnitt. Sie hatte ihnen sogar gesagt, was es bedeutete. Die Frauen waren alle amüsiert gewesen und hatten Witze gemacht, während er Edeyn zu Füßen gesessen und den Daori für sie geflochten hatte. Edeyn hielt sich an das Brauchtum, aber auf ihre Weise. Das Haar fühlte sich weich und geschmeidig an; sie musste es jeden Tag mit Pflegemitteln eingerieben haben.
    Er ging langsam zu ihr, kniete vor ihr nieder und hielt ihr den zwischen seinen Händen ausgestreckten Daori hin. »Als Zeichen dafür, was ich dir schulde, Edeyn. Immer und ewig.« Sie hatte sicher Verständnis dafür, dass seine Stimme nicht mehr von der Inbrunst jenes ersten Morgens erfüllt war.
    Sie nahm das Band nicht. Stattdessen sah sie ihn an. »Ich wusste, dass du nicht lange genug weg warst, um unsere Bräuche zu vergessen«, sagte sie schließlich. »Komm.«
    Sie stand auf, nahm ihn am Handgelenk und zog ihn zu den Türen des Balkons, der auf den zehn Schritte tiefer gelegenen Garten hinausschaute. Zwei Diener wässerten Sträucher mit Eimern, und eine junge Frau schlenderte in einem blauen Kleid, das so hell wie die ersten Frühlingsblumen unter den Bäumen war, auf einem Weg aus

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