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Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)
Autoren: Robert Jordan
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den Armen, als wollte sie kriechen, aber es war keine Kraft in ihnen.
    Ein paar der Männer und Frauen an den Tischen sahen Moiraine verwundert an, zweifellos darüber erstaunt, dass nicht sie diejenige war, die auf dem Boden lag, aber die meisten schienen Frau Satarovs vergebliche Versuche zu beobachten weiterzukriechen. Ein drahtiger Mann mit einer langen Narbe im Gesicht zeigte ein langsames Lächeln, das nie seine Augen berührte. Ein stämmiger Bursche mit den Schultern eines Schmieds leckte sich die Lippen. In Zweier- und Dreiergruppen eilten Frauen auf die Straße; viele wichen auf dem Weg nach draußen vor Moiraine zurück. Auch einige der Männer gingen. Sie schloss sich dem Exodus an, ohne zurückzublicken. Manchmal erfolgte Gerechtigkeit nicht durch Gesetze oder das Schwert.
    So verging auch der Rest ihres Tages, sie suchte nach den verstreuten Vierteln, in denen die Kleidung der Leute abgetragen und geflickt war und jeder zu Fuß ging. In Chachin konnten einen fünf Straßen von den Häusern und Geschäften der Handwerker, die zumindest halbwegs erfolgreich waren, zu quälender Armut bringen und wieder zurück. Herrscher versuchten stets, etwas für die Bedürftigen zu tun, wenn sie gute und anständige Herrscher waren, und sie hatte gehört, dass man Ethenielle als großzügig betrachtete, doch jedes Mal, wenn ein Mann der Not entrissen wurde, schien ein anderer darin zu versinken. Das mochte nicht gerecht sein, aber so war nun einmal der Lauf der Welt. Die Enttäuschung, die das mit sich brachte, war ein weiterer Grund, warum sie dem Sonnenthron entgehen wollte.
    Sie fragte in Schenken, die vom betrunkenen Gegröle und Gelächter widerhallten, und in düsteren Spelunken, in denen die Männer und Frauen an den Tischen anscheinend bloß ihre Sorgen im Alkohol ertränken wollten, aber niemand hatte eine junge Tairenerin mit blauen Augen gesehen. Drei weitere Male bot man ihr unter verdächtigen Umständen Wein an, aber sie wiederholte nicht, was sie mit Frau Satarov gemacht hatte. Nicht, dass sie nicht in Versuchung geriet, aber so etwas würde sich herumsprechen. Einmal würde man es als Gerücht abtun; viermal war da eine ganz andere Sache. Jede Blaue, die das hörte, würde mit Sicherheit vermuten, dass eine andere Blaue in der Stadt war. Moiraine verabscheute die Vorstellung, dass eine Blaue Schwester tatsächlich auch eine Schwarze sein könnte, aber jede Schwester konnte es sein, und sie musste so lange im Verborgenen bleiben, wie sie nur vermachte.
    Zweimal wurde sie von Männern angegriffen, die Pfeils Zaumzeug packten und versuchten, sie aus dem Sattel zu zerren. Wären es mehr gewesen, hätte sie sich möglicherweise zu erkennen geben müssen, aber das Furcht einflößende Gewebe sorgte bei voller Stärke dafür, dass sie in blinder Panik in der Menge verschwanden. Zuschauer starrten den Flüchtenden erstaunt hinterher und fragten sich offensichtlich, warum starke Burschen, die ein Pferd stehlen wollten, plötzlich wegrennen sollten, doch falls sich keine Wilde unter ihnen befand, erkannte keiner den Grund. Während sie in den Gasthäusern war, gab es nicht weniger als sieben weitere Versuche, Pfeil zu stehlen. Einmal war es eine Horde Kinder, die sie mit einem Ruf verjagte, dann ein halbes Dutzend junger Männer, die glaubten, sie ignorieren zu können, bis sie sie mit einem Hagel von mit Luft gewobenen Peitschenschlägen jaulend die Straße hinuntertrieb. Es war keinesfalls so, dass Chachin gesetzloser als andere Städte war, aber sie hielt sich in Vierteln auf, in denen seidene Gewänder und pelzgefütterte Umhänge und ein gutes Pferd einfach ein Zeichen waren, dass sie reif zum Pflücken war. Hätte sie Pfeil hier verloren, hätte der Magistrat ihr möglicherweise ohne Umschweife gesagt, dass es ihre eigene Schuld gewesen sei. Sie konnte nichts anderes tun, als die Zähne zusammenzubeißen und weiterzugehen. Das kalte Tageslicht schwand zu einer weiteren eiskalten Nacht.
    Sie führte Pfeil durch die länger werdenden Schatten und studierte argwöhnisch das Dunkel, das in einer Gasse in Bewegung war, und dachte darüber nach, es für heute aufzugeben, als Siuan hinter ihr auftauchte.
    »Ich dachte mir schon, dass du nach deiner Ankunft hier suchen würdest«, sagte Siuan, nahm ihren Ellbogen und führte sie hastig fort. Sie trug dasselbe blaue Reitkleid. Moiraine bezweifelte, dass sie auch nur darüber nachgedacht hatte, etwas von dem Geld auszugeben, das sie ihr dafür gegeben hatte. »Ich
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