Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Rad der Zeit 1. Das Original

Das Rad der Zeit 1. Das Original

Titel: Das Rad der Zeit 1. Das Original Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
›Gefahr‹ schrie, aber das war nichts gegen die Gefahr, vom
Dunklen König berührt zu werden.
    Â»Ein Traum!«, rief Rand. »Das ist ein
Traum!«
    Ba’alzamon riss die Augen auf, überrascht
oder zornig oder beides, und dann flimmerte die Luft; seine Gesichtszüge
verschwammen und verblassten.
    Rand drehte sich auf dem Fleck herum und
riss nun seinerseits die Augen auf. Er erblickte sein eigenes Abbild, das
tausendfach auf ihn zurückgeworfen wurde. Zehntausendfach. Über ihm war
Schwärze, und unter ihm war Schwärze, doch um ihn herum standen Spiegel, die in
jedem möglichen Winkel nebeneinander standen, Spiegel, so weit er blicken konnte,
und alle zeigten ihn, gebückt und in der Drehung befindlich, wie er mit
ängstlich geweiteten Augen hineinblickte.
    Ein roter Schleier trieb durch die
Spiegel. Er wirbelte herum, versuchte, ihn zu fangen, doch in jedem Spiegel
trieb er hinter sein eigenes Abbild und verschwand. Dann war er wieder da, aber
nicht nur schleierhaft wie zuvor. Ba’alzamon ging durch die Spiegel hindurch –
zehntausend Ba’alzamons, suchend, zwischen den Spiegeln hin und her schreitend.
    Er blickte das Spiegelbild seines eigenen
Gesichts an, blass und zitternd bei der beißenden Kälte. Hinter seinem wuchs
Ba’alzamons Bild empor, sah ihn an, sah nichts, aber starrte noch immer. In
jedem Spiegel wüteten hinter ihm die Flammen von Ba’alzamons Gesicht, umhüllten
sein Bild, verschlangen es, verschmolzen damit. Er wollte schreien, doch seine
Kehle war wie zugeschnürt. In den endlosen Spiegeln war nur noch ein Gesicht zu
erkennen: sein eigenes Gesicht. Ba’alzamons Gesicht. Ein Gesicht.
    Rand zuckte zusammen und öffnete die Augen. Dunkelheit,
nur ein wenig erhellt von einem blassen Licht. Er atmete kaum und bewegte
nichts außer den Augen. Eine raue Wolldecke bedeckte ihn bis zu den Schultern,
und den Kopf hatte er auf die Arme gelegt. Unter den Händen konnte er glatte
Holzplanken fühlen. Deckplanken. Die Takelage knarrte in der Nacht. Er atmete
langsam aus. Er war auf der Gischt . Es war vorbei …
wenigstens für diese eine Nacht.
    Ohne sich etwas dabei zu denken, steckte
er den Finger in den Mund. Als er Blut schmeckte, blieb ihm die Luft weg.
Langsam hob er die Hand vors Gesicht, sodass er im trüben Mondlicht sehen
konnte, wie sich der Blutstropfen an der Fingerspitze bildete. Blut, wo er sich
an einer Dorne gestochen hatte.
    Die Gischt bewegte sich langsam
den Arinelle hinunter. Der Wind war stark, kam aber aus Richtungen, die die
Segel zur Nutzlosigkeit verdammten. Trotz Kapitän Domons Anordnungen, schneller
zu fahren, kroch das Schiff nur den Fluss entlang. In der Nacht saß ein Mann
mit einer Laterne am Bug und meldete dem Steuermann in singendem Ton die
Tiefen, während die Strömung das Schiff gegen den Wind bei eingezogenen Rudern
den Fluss hinunter trieb. Im Arinelle musste man keine Riffe befürchten, doch
es gab genug Untiefen und Sandbänke, auf die ein Schiff leicht auflaufen
konnte, und dort würde es dann mit dem Bug im Schlamm steckend auf Hilfe warten
müssen. Falls es die erwünschte Hilfe war, die zuerst eintraf … Tagsüber
arbeiteten die Ruderer von früh bis spät, aber der Wind kämpfte gegen sie an,
als wolle er den Kahn wieder flussaufwärts zurückschieben.
    Sie gingen nicht an Land, weder bei Tag
noch bei Nacht. Bayle Domon trieb die Besatzung pausenlos an, beklagte den
Gegenwind und verfluchte das langsame Fortkommen. Er beschimpfte seine Männer
als lahme Schnecken an den Riemen und zog ihnen mit Worten für jedes falsch
festgezurrte Tau das Fell über die Ohren. Seine leise, harte Stimme malte ihnen
zehn Fuß hohe Trollocs aus, die an Deck kamen und ihnen den Hals umdrehten.
Zwei Tage lang genügte das, um jeden Mann kräftig anzutreiben. Dann verblasste
die Erinnerung an den Trolloc-Überfall allmählich, und die Männer fingen an,
von einer Stunde an Land zu schwärmen und darüber zu klagen, wie gefährlich es
sei, nachts flussabwärts zu fahren.
    Die Männer schimpften aber nur leise. Sie
schauten aus den Augenwinkeln, ob Kapitän Domon nahe genug war, um sie hören zu
können, und er schien tatsächlich alles zu hören, was auf seinem Kahn
gesprochen wurde. Jedes Mal, wenn das Murren wieder einsetzte, holte er
schweigend das lange, sichelförmige Schwert und die Axt mit dem furchtbaren
Haken daran

Weitere Kostenlose Bücher